Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Mic Check eine Hilfestellung bieten. Rappern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Wenn du nur einen Track hättest, um jemandem, der dich noch nicht kennt, deine Musik näherzubringen – welcher wäre das?
Meckie Berlinutz: Auf meinem kommenden Projekt mit Soulbrotha ist der Track "Für Dich" drauf. Er beschreibt, was ich brauche und worauf ich verzichten kann. Was ich zum Leben brauch', ist freie Zeit, Reisen, meine Familie und meine Freunde. Verzichten kann ich auf übertriebenen Luxus, falsche Promi-Freunde, Rassismus und Sexismus. Von den bereits releasten Songs passt wohl "Generation Y" aus meiner aktuellen EP "Momentum" am besten. Ich bin lieber frei als reich. Bevor ich mich ans Hamsterrad der Verbindlichkeiten kette, lebe ich ein einfaches, aber dafür freies Leben. Kein Haus, kein Auto, kein Boot. Im Gegenzug bekomme ich genügend Zeit für Sachen, die mir wichtig sind, und habe weniger Stress. Es wird Zeit, das Konzept einer Karriere infrage zu stellen.
MZEE.com: Du bist inhaltlich nicht nur im Representer-Modus unterwegs, sondern gern auch etwas gesellschaftskritischer. Gibt es eine generelle Botschaft, die du mit deiner Musik vermitteln möchtest?
Meckie Berlinutz: Die Aussagen meiner gesellschaftskritischen Songs lassen sich oft auf eine Kernaussage reduzieren: Alle deine Taten haben Folgen. Sei dir bewusst, dass keine deiner Handlungen jemals ohne Auswirkung sein wird. Wenn du Songs darüber machst, wie geil Xanax ist, sei dir bewusst, dass du Kids auch dazu bringst, den Scheiß zu nehmen. Und die eventuell daran sterben. Wenn du Billigfleisch kaufst, sei dir bewusst, dass du dem Planeten Schaden zufügst. Die Aufzählung ließe sich hier leider ins Unendliche fortführen, aber es ist wohl klar, was ich meine. Noch dazu nervt mich, dass viele nicht verstehen wollen, dass es wirklich ein "White Skin Privilege" gibt. Sei dir bewusst, dass du als alter weißer Mann Privilegien hast, die andere Menschen nicht haben. Und zum Schluss eine wichtige Botschaft: Sei dir bewusst, dass du ein Arschloch bist, wenn du ein Rassist bist.
MZEE.com: Wenn man sich deine bisherigen Releases anschaut, hältst du dich featuremäßig eher zurück. Gäbe es denn einen Künstler, mit dem du gerne mal zusammen einen Track recorden würdest?
Meckie Berlinutz: Die meisten Rapper, die ich bis dato kennenlernen durfte, gingen mir tierisch auf die Nerven. Es gibt hier natürlich auch Ausnahmen – viele Grüße an euch an dieser Stelle – aber ich umgebe mich lieber mit DJs und Produzenten. Die haben keine Ego-Probleme und man kann ganz normal an Songs arbeiten. Wenn ich mich aber in der großen Kiste der Wunschfeatures bedienen dürfte, würde ich einen Song mit Alicia Keys recorden. Und wenn ihr mich auf einen Rapper aus Deutschland festnageln wollt, dann würde meine Wahl wohl auf Afrob fallen. Aber den habe ich noch nicht persönlich kennengelernt.
MZEE.com: Wenn wir schon bei großen Wünschen sind: Welchen Track eines anderen Künstlers hättest du gerne selbst gerappt?
Meckie Berlinutz: "Nichtsnutz" von Wasi, beziehungsweise von Massive Töne, ist für mich bis heute einer der stärksten Deutschrap-Songs. Der Track hat das Gefühl und die Probleme meiner gesamten Generation auf den Punkt gebracht. Danke dafür.
MZEE.com: Das neue Jahrzehnt hast du mit der EP "Momentum" gestartet. Weißt du schon, wo es für dich mit deiner Musik in Zukunft hingehen soll?
Meckie Berlinutz: "Es ist mir aus den Augen abzulesen, ich frage mich, wohin die Wege führen, die ich gehe …" – Es ist 2020 und es wird immer noch behauptet, die Szene wäre so vielfältig wie noch nie. Warum klingen dann 80 Prozent der Releases alle gleich? Und das Spotlight der Medien ist auf einem Trikot von Paris Saint-Germain. Es fühlt sich an wie 2004 und fast jedes Release langweilt mich. Meine Musik ist nicht für den Zeitgeist. Meine Musik ist für Menschen, die auf organische Beats mit Samples, Drum Loops und Cuts stehen. Du kannst meine Musik nicht fühlen, wenn du gerade auf Abifahrt bist. Das passt nicht. "Momentum" ist der Start einiger Releases, die ich in nächster Zeit veröffentlichen werde. Da kommt was mit Soulbrotha sowie was mit Majusbeats und Dj Robert Smith. Es geht voran, es geht nach oben. Geduld und Hartnäckigkeit zahlen sich aus – stay focused.
Ein Exclusive von Meckie Berlinutz könnt Ihr Euch ab sofort auf dem YouTube-Channel von MZEE.com ansehen:
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(Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
(Fotos von Jens Kuiper)
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