Aywa, ich komm' aus dem ältesten Gewerbe.
Doch meine Tochter kriegt 'ne Mio Erbe, wenn ich sterbe.
Gangsterrap lebt vom Liebäugeln mit Kriminalität, Drogen, Gewalt und Sex – viele dieser Themen werden in Texten großkotzig ausgebreitet, sind aber selten bis ins Detail wörtlich zu nehmen. Bei Schwesta Ewa ist das etwas anders: Ihr Rotlicht-Hintergrund ist real. Seit Januar sitzt sie deshalb im Gefängnis. Ihr neues Album "Aaliyah" hat sie nach ihrer Tochter benannt, von der sie aufgrund ihrer Haft getrennt ist. Die neue Mutterrolle prägt auch ihre aktuelle Platte entscheidend mit.
Das geht schon auf dem Intro los. Ewa erzählt hier aus der Sicht ihres eigenen ungeborenen Kinds im Mutterleib. Die Verzweiflung der Rapperin wird aus dieser ungewöhnlichen Perspektive eindrücklich offenbart: Das Mutterglück ist in Gefahr – die Tochter betritt "Mamas Welt", aber die Trennung ist schon in Sicht. Dieser lyrische Kniff im Intro sorgt für eine emotionale Erfahrung und bildet damit einen der seltenen Höhepunkte von "Aaliyah". Über weite Strecken liefert Schwesta Ewa auf ihrem dritten Album nämlich Dienst nach Vorschrift. Sprich: Generischen Straßenrap, der passend zum Trend mit leicht mitsingbaren Autotune-Hooks daherkommt. Aufhorchen lassen da nur die Songs, auf denen Ewas raptechnische Weiterentwicklung hörbar wird. Ihre ignorant gekickten, beeindruckenden Reimketten auf "Cruella" etwa lassen den Track zu einem lupenreinen Banger werden. Wirklich mitreißend wird es aber erst, wenn sie einen Blick hinter die harte Fassade erlaubt. "Mama iz da" ist dafür ein Paradebeispiel – ein intensives Zwiegespräch Ewas mit ihrer Tochter.
Dies sind die wahrlich starken Momente von "Aaliyah". Und sie sind der Grund, warum sich Schwesta Ewa mit der Platte vom Gangsterrap-Einheitsbrei abheben kann. Auch wenn die Frankfurterin eine streitbare Person bleibt: Ihre einzigartige Geschichte wird hier vereinzelt zu emotional mitreißender Rapmusik. Der große Rest der Platte klingt verglichen damit aber leider nach kaum mehr als Lückenfüllern.
(Florian Peking)