Es ist zwischenmenschlicher Winter.
Sie leben von Ingwer und Tinder.
Obwohl er unter anderem schon Voract auf der Tour der Orsons war, scheint die Fanbase von Odd John noch verschwindend gering. Ein Hype blieb bisher aus. Nun releast er mit "Frust" eine vielversprechende EP, die in keinerlei Raster passt.
Am ehesten bewegt sich Odd Johns Musik wohl in Richtung Pop, denn es wird ausschließlich gesungen, manchmal mit einem Flowansatz in Richtung Rap. Doch nichts an der Platte ist genretypisch. Der Karlsruher hat die EP selbst produziert – die perfekte Basis für seine Lyrics und seinen eingängigen Gesang. Jeder Beat ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und stets Stimme sowie Texten angepasst. Doch nicht nur das – auch die Instrumentals an sich sind besonders. Sie sind manchmal sogar tanzbar, atmosphärisch und stets verträumt, mit Einflüssen elektronischer Musik. Passend dazu hat Odd John seinen Gesang mit Autotune-Effekten versehen. Dadurch ergibt sich ein absolut stimmiges Soundkonzept. Textlich vermitteln seine Songs aufgrund der Wortwahl den Anschein, als wären sie inhaltlich recht simpel. Sie gehen jedoch durchaus tief und entfalten ihre Wirkung teils erst durch gezielte Wiederholungen. So nutzt er zum Beispiel bei "Self Love" den Titel immer wieder, um dem Text mehr Ausdruck zu verleihen. Er beschäftigt sich in seinen Lyrics überwiegend mit der Digitalisierung und ihrer Rolle in unserem alltäglichen Leben: "Mittlerweile geht es mir schlecht. Überall ohne Netz." Generell betrachtet ist "Frust" ein kritischer Blick auf unsere Generation und ihr Konsumverhalten, wobei der Künstler sich selbst mit einschließt. All das jedoch mit einer angenehmen Leichtigkeit, einer ordentlichen Portion Gefühl und Melodien, die unfassbar gut ins Ohr gehen.
Man kann die EP durchaus als kleines Meisterwerk bezeichnen. Track um Track wird man in eine klanglich geheimnisvolle Welt hineingezogen, die sich mit realen Themen beschäftigt. Dass sich die Musik von Odd John nicht kategorisieren lässt, macht sie äußerst interessant. Eins ist klar: Man sollte sich die Platte anhören und sich verzaubern lassen.
(Dzermana Schönhaber)