Hört jetzt rein in meinen Welthass-Selbsthass-Mix.
Nomen est omen – zumindest oftmals. Deswegen trifft man beispielsweise auch nur wenige Straßen- und Gangsterrapper, die ein Pseudonym wie MC Sonnenstrahl oder dergleichen wählen, sondern einen Namen, der auch zu ihren Inhalten passt. Im Fall von KUMMER geht die Namenswahl sogar noch über die Kunstfigur hinaus, handelt es sich dabei doch um seinen tatsächlichen Familiennamen. Passend ist er dennoch allemal, schließlich lautet die Agenda auf seinem neuen Album "KIOX", Rap wieder weich und vor allem traurig zu machen.
Eine zaghafte, deprimierte Stimmung muss der Hörer deshalb jedoch nicht befürchten. Die scheppernden Beats, hauptsächlich von BLVTH produziert, gehen nicht einfach euphorisch nach vorne, sondern kommen einem stattdessen bedrohlich nahe. In genau dieser intimen Atmosphäre, dicht an dicht mit dem Künstler selbst, erzählt uns KUMMER davon, wie der saure Regen der dystopischen Realität langsam die Hoffnungsschimmer in seinem Kopf zerfrisst. Es geht um den digitalen Staub, der sich auf den Facebookprofilen Verstorbener absetzt. Um verhasste Dialogfetzen stereotypischer Familienfeste. Und um das Preisschild als Modeaccessoire einer Gesellschaft, die sich bereitwillig und feiernd vom Kapitalismus unterjochen lässt. So nachvollziehbar wie all das ist, so unangenehm ist es auch zu hören. Während die Inhalte einem ein unwohles Gefühl in der Magengrube bescheren, stellt "KIOX" auf soundtechnischer Ebene ein zugängliches, abgerundetes Stück Musik dar. Und wenn es auch nicht das Klangbild ist, das uns jahrelang beeinflussen und begleiten wird, die Texte werden wir wohl noch lange mit uns herumtragen.
Wo andere mit ihrem Künstlernamen eine bestimmte Seite von sich zeigen wollen, dreht der Kraftklub-Sänger den Spieß um und legt uns ein neues Verständnis von KUMMER nahe. Eines, in dem man aus all der Trauer Kraft gewinnt und auch dann weitermacht, wenn alle Hoffnung verloren ist. Er ist ein Künstler, bei dem der Name nicht einfach nur Programm ist, sondern noch so viel tiefer geht.
(Daniel Fersch)