Ich hab' dieselben Freunde seit unendlich viel' Jahren.
Du nennst das loyal, ich nenn' das normal.
Juse Ju haftete lange Zeit das Image des Untergrundrappers an, der trotz beachtlicher Diskografie unter dem Radar der Medien flog. Nach seinem letzten Werk hat sich dieser Status allerdings verändert. Mit dem 2018 erschienenen Album "Shibuya Crossing" feierte er seinen größten Erfolg und ist sich dessen auch bewusst. "Untertreib nicht deine Rolle" soll daher in etwa so viel heißen wie: Mach dich nicht kleiner, als du bist.
Laut eigener Aussage wollte Juse Ju auf der EP die Songs veröffentlichen, auf die er schon immer Lust hatte, welche jedoch in einem Album-Komplex nicht funktionieren würden. Daher finden sich auf "Untertreib nicht deine Rolle" sechs Songs wieder, die sowohl thematisch als auch stilistisch sehr vielschichtig daherkommen, jedoch keinem Gesamtkonzept untergeordnet sind. Zu nennen wäre hier zum Beispiel der Track "S.D.W.A.", auf dem er in der Hook Autotune-Elemente verbaut hat. Oder "Friede den Rappern" – ein Track, auf dem der Künstler die Schuld für schlechten Rap bei der Hörerschaft ausmacht, weil sie "gute Leute dazu bringt, miesen Schund zu machen". "Männer" spiegelt seine Experimentierfreude jedoch am ehesten wider. Der Wahl-Berliner setzt sich darauf kritisch mit dem Thema Geschlechteridentität auseinander. Er vergleicht Männer mit Pavianen, die auf einem Felsen sitzend die Botschaft verbreiten, dass außer ihnen niemand etwas zu melden hat. Hinzu kommen zwei weitere Besonderheiten: Zum einen wird der Track von einem Piano-Arrangement untermalt und zum anderen orientiert sich Juse am Performance-Stil des belgischen Sängers Jacques Brel. Hier zeigt sich seine große Kunst, ein Thema pointiert und mit beißender Ironie darzustellen.
Mit "Untertreib nicht deine Rolle" hat Juse Ju eine EP veröffentlicht, bei der er Track für Track versucht, eine neue Sichtweise auf die Dinge zu vermitteln. Das verschafft ihm ein immer ausgefeilteres Profil. Sein Ziel war es, mit dem Veröffentlichen der EP Druck loszuwerden. Wir sind gespannt, wie sich das auf die nächste Platte auswirken wird.
(Thomas Linder)