Wenn es draußen langsam wieder kälter wird und sich das Jahr dem Ende neigt, blickt man selbst ja gerne mal zurück und lässt die vergangenen Tage Revue passieren. Wir möchten mit unserem diesjährigen Adventskalender einen Blick zurückwerfen – von heute bis hin zu den Anfängen von HipHop in Deutschland. Sprich: knapp ein Vierteljahrhundert deutscher Rap. Eine Szene, die Mitte der 90er unter anderem "direkt aus Rödelheim" kam, aus dem "Fenster zum Hof" kletterte, sich "vom Bordstein zur Skyline" aufschwang und "zum Glück in die Zukunft" reiste, um sich letztlich zwischen ein paar "Palmen aus Plastik" niederzulassen. Kein Element der hiesigen HipHop-Kultur dürfte in all den Jahren einen so gewaltigen Wandel, so viele Höhen und Tiefen, so viele Erfolge und Misserfolge durchlebt haben wie Rap. Genau diese Entwicklung innerhalb der letzten 24 Jahre möchten wir nun für Euch skizzieren, indem wir jedes Jahr anhand eines Albums darstellen, welches – unserer Meinung nach – nicht nur das entsprechende Veröffentlichungsjahr, sondern auch die Szene allgemein nachhaltig prägte.
2012: Cro – Raop
Leute sagen zu mir:
'Cro, das Genie' …
Die Single "Easy" von Cro war der Startschuss einer außergewöhnlichen Karriere. Selten wurde ein rappender Newcomer in der Vergangenheit so schnell so erfolgreich. Mit seinem 2012 erschienenen Album "Raop" bewies der Pandamaskenträger, dass er mehr war als ein One-Hit-Wonder. Viel mehr. Denn Cros Sound zwischen Pop und Rap trug zu großen Teilen dazu bei, dass das Melodische Einzug im deutschen Rap hielt.
Mittlerweile ist es kaum noch vorstellbar, doch als der Werdegang des Stuttgarters begann, wurde er für seine Musik in der Szene vielfach angefeindet. Wo heute jeder Zweite versucht, mittels Autotune einen eingängigen Refrain zu kreieren, war poppiger Gesang in Rapsongs im Jahr 2012 relativ verpöhnt. Mit "Raop" änderte sich das. Seinem Durchbruch "Easy" folgten weitere Hits wie "Du" oder "Einmal um die Welt", die auch im sonst so rapkritischen Radio rauf und runter liefen. Zugegeben: Cros Texte und Themen auf seinem Debütalbum sind nicht gerade von Tiefgang geprägt. Doch ist "Raop" eine Platte voll von ansteckender, jugendlicher Energie – und diese konnte durch den damals neuartigen Soundentwurf zünden. Das Album beinhaltet Ohrwürmer, die noch bis heute ins kollektive Musik-Gedächtnis gebrannt sind. Es ist zu großen Teilen leichtfüßige Gute-Laune-Musik, die im Sommer 2012 genau den Nerv der Zeit traf. Zusätzlich zeigte der junge Künstler mit "Ein Teil" bereits im Ansatz, dass er sogar zu weitaus mehr fähig ist und wahrlich berühren kann.
"Raop" ist eines der großen Releases des deutschen Raps, auch wenn das einigen Heads noch immer nicht gefallen dürfte. Cro hat mit seinem Debütalbum die Weichen dafür gestellt, dass Sprechgesang inzwischen ein derartiges Massenpublikum erreicht und kommerziell erfolgreich ist. Und er hat mit seinem melodischen Ansatz den Sound der heutigen Szene entscheidend mitgeprägt.
(Florian Peking)
(Grafik von Daniel Fersch)