Mo-Torres ist Kölner durch und durch. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich in der Musik des bekennenden Lokalpatrioten recht viel um die bevölkerungsreichste Stadt NRWs dreht. Aus diesem Grund findet diese mittlerweile sogar regelmäßig im Stadion des 1. FC Köln statt. Mit uns sprach der Rapper, dessen aktuelles Album "Vier Wände" das erste Release auf dem selbstgegründeten Label Usmveedel markierte, unter anderem über seinen ausgeprägten Lokalpatriotismus und potenzielle Negativseiten dieser Heimatliebe. Darüber hinaus berichtete er uns auch von der Zusammenarbeit mit der Kölner Rockband Cat Ballou und Lukas Podolski – und nannte uns den Grund, warum ihn seine Jubiläumskonzerte zu Beginn des Jahres so überrascht haben.
MZEE.com: Dein neues Album trägt den Titel "Vier Wände" – den Begriff der "eigenen vier Wände" verbindet man ja in erster Linie mit einem Zuhause. Ist diese Idee die Grundlage des Albums?
Mo-Torres: Vier Wände sind für mich nicht nur Zuhause. Der Titel steht im übertragenen Sinne für all das, wo mein Leben stattfindet. Man sagt ja auch immer: "Das Leben findet in den eigenen vier Wänden statt". Deswegen sind meine vier Wände ein bisschen größer. Dazu gehören meine Freunde und meine Familie. Da gehört alles dazu, das mich inspiriert und beeinflusst. Und natürlich auch meine Stadt – da, wo ich mich bewege. Zusammengefasst sind meine vier Wände im Grunde einfach mein Leben.
MZEE.com: Viele Produktionen auf dem Album fallen wesentlich poppiger aus, als es im klassischen Rap-Arrangement zumeist der Fall ist. Basiert diese Herangehensweise zu hundert Prozent auf deinem persönlichen Geschmack oder steckt eventuell auch der Wunsch dahinter, Mainstream- und Radio-taugliche Hits zu produzieren?
Mo-Torres: Es ist eher so, dass ich zu 120 Prozent dahinterstehe. Mainstream ist so ein Begriff, den man heutzutage ummodeln muss. Wenn du Mainstream-Musik machst, machst du entweder Dancehall, Trap oder Schlager. Das ist das, was sich am meisten verkauft. Das findet man jetzt nicht so auf meiner Platte wieder. Aber ich gehe jetzt auf die 30 zu. Mein persönlicher Musikgeschmack hat sich mittlerweile … was heißt geändert … Ich höre immer noch viel Rap, aber ich kann persönlich mit diesen ganzen Trap-Sachen und so weiter nichts anfangen. Weil das in meinen Augen superwenig Aussage und Message hat. Und darauf kommt es für mich immer auch so ein bisschen an. Klar, mag ich es auch, einfach mal Musik zu hören und nicht auf den Text achten zu müssen. Dieses ganze Dancehall-Ding, wie RAF und Bonez das machen, feier' ich auf jeden Fall, aber das kann ich selbst einfach nicht umsetzen. Das bin ich nicht, das ist nicht mein Ding. Ich hab' einfach das gemacht, worauf ich Bock hatte. Ich bin kein Freund davon, so etwas zu kategorisieren. Das ist einfach die Mucke, die ich machen wollte und feiere. Ich stehe dahinter und hab' Bock, das live zu performen. Und so klingt die Platte auch. Hätte jetzt auch sein können, dass mich irgendwas anderes voll geflasht hätte. Dann hätte ich wahrscheinlich ein Reggae-Album gemacht, oder was auch immer. Nächstes Mal vielleicht. (lacht)
MZEE.com: Mich persönlich hat das Album schon ein bisschen an Radiomusik erinnert, da es sehr eingängig produziert ist. Hörst du persönlich denn viel Radio?
Mo-Torres: Nee, gar nicht. Ich hab' nicht mal einen Führerschein, deswegen komm' ich nicht so viel dazu, Radio zu hören. Ich kann auch nicht sagen, ob mich da irgendwas beeinflusst hat. Ich war schon immer ein Typ, der melodiösen Kram hart gefeiert hat. Damals bei "City Cobra" von Chakuza, als diese französische RAF-Hook kam – das hab' ich totgefeiert. Allgemein mag ich die Kombination aus Rap-Elementen und Melodien, wie es beispielsweise bei "Weißmaler" war, wo ich schon sagen würde, dass die Strophen vom Flow her jetzt nicht gerade anspruchslos sind. Ich hab' schon meinen Anspruch, was die Technik betrifft, aber ich kombiniere das eben sehr gerne mit melodiöseren Refrains. So kommt das dann letzten Endes zustande. Deutschland braucht eben Schubladen. Aber wie das andere Leute kategorisieren – ob es Radiomucke, Popmucke, Poprap oder was auch immer ist –, ist mir eigentlich egal. Ich denke als Künstler nicht so in Schubladen. Ich mach' einfach, ohne mir vorher zu sagen: Okay, mit der Platte gehst du jetzt in die und die Richtung und machst das und das. So kann ich auch nicht schreiben. Wenn ich mich selbst schon beschränke, dann ist ja alles aus.
MZEE.com: Es war also nicht so, dass du beispielsweise ein großer Fan von Phil Collins bist und deswegen diese musikalische Richtung bedienst?
Mo Torres: (lacht) Nee, nicht so wirklich. Keine Ahnung, das müssen andere sagen, an welche Künstler sie die Mucke erinnert oder mit wem sie das vergleichen. Ich höre mir ja nicht beispielsweise ein Bushido-Album an und versuche dann, das ähnlich umzusetzen. So geht ja keiner an seine Musik heran. Also, ich zumindest nicht.
MZEE.com: Das Album erscheint über das neu gegründete Label Usmveedel. Wie kam es zu der Entscheidung, sich mit einem eigenen Label unabhängig zu machen?
Mo-Torres: Die ist nach und nach immer mehr gereift. Wir machen irgendwie schon immer alles alleine. Das ist zwar der Weg des größtmöglichen Widerstands, aber auch der Weg, auf dem ich persönlich musikalisch am freiesten arbeiten kann. So schreibt mir keiner vor, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich mache jetzt seit eineinhalb Jahren hauptberuflich und selbstständig Musik. Für mich gibt es keinen schöneren Aspekt an der Sache, als dass mir niemand mehr vorschreibt, was ich zu tun habe. In der Konstellation, in der wir uns befinden – mit meinem langjährigen Manager, Cengiz und mir – machen wir die Arbeit seit fünf Jahren zusammen. Wir haben uns gefragt, wozu wir ein anderes Label brauchen und was uns weiterbringt. Versucht man es jetzt bei irgendeinem Major-Label? Dann verdienst du ungefähr kein Geld und machst vielleicht noch Minus, obwohl du unfassbar viel Kohle reingesteckt hast. Ich muss halt meine Miete auch irgendwie bezahlen. Bei einem Major bist du bloß Produkt 1A in Abteilung XY, was für mich auch der größte Aspekt ist. Gerade, weil unsere Verfahrensweise immer sehr familiär und close ist – auch mit den Leuten, die das hören –, haben wir beschlossen, das selber zu machen und in der eigenen Hand zu behalten. Natürlich fehlt dann irgendwo die große Promomaschinerie der Industrie, aber für uns gab es Punkte, die wichtiger sind. Und das ist ganz einfach diese Selbstbestimmung, alles genau so zu machen, wie wir das wollen und nicht anders. Deswegen sind wir zu Groove Attack gegangen. Die sitzen bei mir um die Ecke, da kann ich, wenn irgendwas ist, auch mit dem Fahrrad hinfahren. Da hat man einfach Gesichter und Namen dazu. Die Leute von Groove Attack waren in den letzten eineinhalb Monaten auf drei Konzerten von mir. Das ist genau das Ding: Ich brauch' 'ne Beziehung zu den Leuten. Darum geht's. Deswegen haben wir uns entschlossen, unser eigenes Label zu gründen und dann zu schauen, was damit geht. Wir sind natürlich auch auf unfassbar viele Hürden gestoßen, wo wir keine Ahnung hatten. (lacht) Man stellt es sich nicht unbedingt einfach vor, aber es ist trotzdem schwieriger, als man denkt. Diese ganze deutsche Bürokratie. Alter Schwede, was haben wir gekotzt. Aber es ist unser Weg und ich glaube, wir sind damit sehr zufrieden – Stand jetzt.
MZEE.com: Hat sich dein Arbeitspensum durch die neue Label-Situation signifikant erhöht?
Mo-Torres: Auf jeden Fall. Natürlich bedeutet das mehr Arbeit. Aber ich bin sowieso ein Typ, der überall seine Hand drüber haben und alles wissen muss. Ich kann und will einfach vieles selber machen. Welche externe Person kann letzten Endes so viel Leidenschaft für meine Mucke aufbringen, wie es die internen Leute tun? Keine. Niemand würde es mit dieser Liebe und Leidenschaft machen. Es ist einfach mehr und ich glaube, wir sind nach der Platte alle brutal urlaubsreif. Aber es hat sich gelohnt. Jeder Schritt ist genau so gelaufen, wie wir das wollten. Klar, falls es jetzt größer werden sollte und man es nicht mehr selbst stemmen kann, muss man über andere Schritte nachdenken. Die Jungs, die mit mir arbeiten, gehen halt noch ihrem ganz normalen Beruf nach. Und das geht natürlich auch nicht. Die arbeiten dann eben noch von 18:30 Uhr bis spät in die Puppen für die Platte, das funktioniert natürlich langfristig auch nicht so geil. Aber aktuell, in der Konstellation, kann ich mir nichts Besseres vorstellen, ehrlich gesagt.
MZEE.com: Apropos Liebe und Leidenschaft. 2016 hast du einen Song mit Cat Ballou und Lukas Podolski veröffentlicht. Die Resonanz kann sich mit über 3,5 Millionen Klicks auf YouTube durchaus sehen lassen. Wie hast du den Trubel um den Song persönlich erlebt?
Mo-Torres: Sehr, sehr, sehr verrückt. Vor allem, weil es das erste Ding war, das zumindest regional absolut durch die Decke gegangen ist. Ich hatte mir schon gedacht, dass Poldi einen richtig krassen Impact hat. Aber den Einfluss, den er dann letzten Endes hatte … Das konnte sich, glaube ich, keiner so vorstellen. Und im Grunde genommen kannst du so viel Support haben, wie du möchtest – es hätte jetzt auch Drake die Nummer posten können –, wenn der Song scheiße ist, dann ist der Song scheiße. Aber dass er hier in Köln so gut angekommen ist, war sehr schön zu sehen. Die Kölner haben sich locker gemacht und der Nummer eine Chance gegeben. Auch die älteren, die noch sehr Karnevals-Ufftata-Schunkelschunkel-romantisch unterwegs sind. Dass man dann so auch mal ein bisschen Rap in den Karneval bringen konnte, ist eine witzige Nummer gewesen. Die ganze Zusammenarbeit hat einfach super viel Spaß gemacht. Es ist ein schönes Ding geworden.
MZEE.com: Ihr habt den Song ja auch bereits zusammen performt. Gibt es in Bezug auf Konzerte oder die Entstehungsgeschichte des Songs eine erzählenswerte Anekdote?
Mo-Torres: Nichts komplett Wildes, aber die ganze Zusammenarbeit war halt witzig. Mit Lukas Podolski im Studio zu hängen war schon sehr spannend. (schmunzelt) Mit Cat Ballou an Karneval in zwei Monaten 150 Auftritte zu spielen, während ich gerade meine Bachelor-Arbeit geschrieben habe und für Klausuren lernen musste, war schon megaverrückt. Das war eine sehr intensive Zeit. Ich glaube, einer der schönsten Momente war, als wir die Nummer diesen Sommer vor 25 000 Leuten bei einer von Poldi veranstalteten Public Viewing-Party in Köln zum Deutschland-Spiel gegen Schweden nach eineinhalb Jahren zum ersten Mal gemeinsam performt haben. Da ist er auf die Bühne gekommen und es war ein geiler Moment, den Song in der kompletten Konstellation darbieten zu können. Das war schon sehr krass. Wenn ich den Song mit Cat Ballou performe, gibt es immer wieder schöne Erinnerungen, die damit verbunden werden. Es macht Spaß.
MZEE.com: Du hast dich thematisch mittlerweile recht stark auf Köln und deine Liebe zur Stadt spezialisiert. Spiegelt sich das auch in deiner Hörerschaft wider?
Mo-Torres: Ja, definitiv. Kölner sind ja total lokalpatriotisch. Aber meine Hörer sind auch für die anderen Songs, die nichts mit Köln zu tun haben, total offen. Die Leute hören zu, gerade bei den Konzerten. Das Album hat ja gar nicht so viel mit Köln zu tun. Das findet dann auf der "Köln"-EP statt. Es ist einfach superschön, wenn auch die Albumsongs mitgesungen werden können. Aber natürlich ist ein hoher Prozentanteil der Leute, die die Mucke hören, Kölner. Ganz klar, durch Songs wie "Liebe deine Stadt", "FC International" oder "All die Leeder", die meine größten Nummern sind, ist es natürlich verständlich, dass die meisten Leute zumindest Köln-affin sind.
MZEE.com: Glaubst du, dass der Fokus auf Köln auf manche Leute auch ein wenig abschreckend wirkt? Schließlich funktioniert Lokalpatriotismus ja, wie der Name schon sagt, nur in einem geografisch abgesteckten Bereich. Carolin Kebekus hat darüber mal gesagt: "Ich glaube, dass die Kölner auch dann noch am Rhein sitzen und schöne Lieder über die schöne Stadt singen würden, wenn vorher alle Gebäude in irgendwelche U-Bahn-Baustellen gestürzt wären. Den Lokalpatriotismus hier versteht keiner – außer uns. Den Rest der Republik nervt das."
Mo-Torres: (lacht) Das kann gut sein, das weiß ich nicht. Aber ich hab' auch noch nie wirklich mit Leuten von außerhalb darüber gesprochen. Obwohl, wenn ich in Berlin bin und mich mit Liquit Walker unterhalte, ist er auch so: "Berlin, Berlin, Berlin und sonst nichts." Das gibt es nicht nur in Köln. Nur die Art und Weise, wie das hier mit der Musik und auch mit der fünften Jahreszeit Karneval zelebriert wird … Klar, Köln ist jetzt nicht die schönste Stadt, absolut nicht. Aber für uns irgendwie schon. Das verstehst du halt auch nur, wenn du hier herkommst und die Mentalität lebst. Wenn du mit Multi-Kulti und der Kölner Offenherzigkeit und Warmherzigkeit aufwächst. Jeder Jeck ist anders. Leben und leben lassen. In der heutigen Zeit mit so einer Offenheit aufzuwachsen, ist meiner Meinung nach auf jeden Fall ein Privileg. Abschreckend für Leute von außerhalb? Das weiß ich nicht.
MZEE.com: Für Düsseldorfer! (lacht)
Mo-Torres: Ja, gut. Düsseldorf ist jetzt so eine Sache für sich. (lacht) Aber Düsseldorf hat eine schöne Altstadt, das muss man dazu sagen. Also, nicht alles ist schlecht. Aber es ist schon krass. Ich hab' tatsächlich mal für eine ganz kurze Zeit in Düsseldorf gearbeitet. Das sind 50 Kilometer, aber die Mentalität ist direkt eine völlig andere. Die Leute sprechen zwar deine Sprache, aber gefühlt bist du in einem anderen Land. Ganz verrückt. Ich weiß nicht, ob du das auch kennst, aber in Hamburg sind die Menschen auch ganz anders drauf als in München, Stuttgart oder Köln. So eine Großstadt ist irgendwie immer wie so ein Stadtstaat mit komplett eigenen Werten und gefühlt eigenen Gesetzen. Das ist schon sehr verrückt.
MZEE.com: Einmal muss ich diesbezüglich noch nachhaken. Wie stehst du allgemein zum Thema "Lokalpatriotismus"? Denkst du, dass dieser analog zum nationalen beziehungsweise allgemeinen Patriotismus unter Umständen auch negative Folgen haben kann?
Mo-Torres: Puh … (überlegt) Das weiß ich nicht. Lokalpatriotismus gibt es ja nicht in so extremer Form. Der ist meiner Meinung nach auch immer irgendwo mit einem Augenzwinkern zu sehen. Ich bringe noch mal Liquit als Beispiel an, weil er halt auch megakrass auf seinem Berlin-Film ist. Wenn ich mich mit ihm unterhalte, geht das so: "Köln!" – "Berlin!" – "Köln!" – "Berlin!" Letzten Endes ist ja trotzdem alles cool und entspannt. Es ist ja nicht so, dass ich sage: "Köln und sonst nichts! Ich bleib' nur in Köln! Ich werde niemals nach Dortmund fahren!" Das ist ja Bullshit. Lokalpatriotismus hat immer noch so eine Variabilität drin. Du sagst, dass deine Stadt die geilste ist, aber das bedeutet ja nicht, dass alle anderen Städte absoluter Scheiß und Rotz sind und ich da keinen Fuß reinsetze und alle Menschen hasse. Das ist Unsinn. Es ist immer mit einem Augenzwinkern zu sehen, aber man will natürlich so ein bisschen die Fahne hochhalten und ist vielleicht auch einfach auf die Leute in der eigenen Stadt stolz.
MZEE.com: Sprechen wir zum Abschluss noch mal etwas allgemeiner über deine Musik und deine Karriere. Auf "Allerbeste Zeit" thematisierst du, was du in den letzten eineinhalb Jahren erlebt hast. Was war für dich der größte Erfolg der vergangenen 18 Monate?
Mo-Torres: Wahrscheinlich die Jubiläumskonzerte im Mai. Als meine Jungs mit der Idee ankamen, hab' ich überlegt und wusste nicht so recht. Dann hieß es: "Wir spielen im Gloria." Da gehen so 1 000 Leute rein. Ich dachte, dass wir das niemals im Leben voll bekommen und dass das eine Katastrophe wird. Drei Wochen nach Vorverkaufsstart war das Ding ausverkauft. Da war ich vollkommen geflasht. Dann wollten wir im Club Bahnhof Ehrenfeld noch ein Zusatzkonzert spielen. Da gehen so 550 rein. Da hab' ich gesagt: "Wollt ihr mich verarschen? Es kommt keine Person mehr als diese Leute, die ins Gloria kommen!" Und der Scheiß war dann irgendwann auch ausverkauft. Dann stehst du da und spielst Jubiläumskonzerte vor insgesamt 1 500 Leuten und denkst dir nur: "What the fuck?! Die sind alle wegen mir und meiner Musik hier." Unglaublich. Ich gucke mir nie vorher die Crowd an und lasse mich immer überraschen. Im Gloria ging der Vorhang auf und ich weiß noch, dass ich direkt während der ersten zwei Zeilen vom Intro hart gestottert habe, weil ich vollkommen geflasht war, dass da so viele Leute stehen und ich das erste Mal den Überblick über die Crowd verloren habe. Das war sicherlich einer der krassesten Momente, weil die beiden Konzerte einfach unfassbar schön waren. Das hat mir noch mal gezeigt, dass es auch mal schön ist, auf andere Leute zu hören, die in diesem Bereich den Mut und das Selbstbewusstsein haben, das mir manchmal fehlt. Es war ja mein zehnjähriges Jubiläum. Wir haben auch ein paar Songs von ganz früher gespielt, die absolut keine Sau kennt. Das war für mich persönlich schon sehr beeindruckend und emotional und natürlich einer der größten Momente in den eineinhalb Jahren. Und natürlich der Moment, als ich das Master vom Album abgegeben habe, nachdem ich zweieinhalb Monate jeden scheiß Tag gefühlte 18 Stunden im Studio war. Das war auch verrückt. Ich habe gemerkt, dass ich meinen Körper die ganze Zeit künstlich hochgehalten hab': "Du musst jetzt weiter funktionieren! Druck, Druck, Druck! Spannung!" Und dann gebe ich das Master ab, fahre mit dem Fahrrad zu mir nach Hause und merke, wie die komplette Spannung aus meinem Körper weicht und mein Körper komplett in sich zusammenfällt. (grinst) Am nächsten Tag bin ich natürlich direkt krank gewesen. Aber das war auch ein unfassbarer Moment. Das kann man wahrscheinlich damit vergleichen, als Student seine Masterarbeit abzugeben. Wenn der ganze Druck abfällt und es nicht mehr komplett in der eigenen Hand liegt. Das war sehr krass.
MZEE.com: Gibt es denn für die Zukunft konkrete Ziele, die du mit deiner Musik noch erreichen willst?
Mo-Torres: Ich habe keine genauen Ziele wie beispielsweise irgendwann so und so viele Platten zu verkaufen oder sonst etwas. Für mich ist das Wichtigste, dass es immer weitergeht. Dass ich merke, dass sich was bewegt und es nicht stagniert. Es geht weiter und das ist einer der Punkte, die mich antreiben – mit langsamen und gesunden Schritten. Ich glaube, ich hätte ein Riesenproblem damit, wenn ich aus irgendeinem Grund mit irgendeiner Nummer den absoluten Hit lande und morgen vor 4 500 Leuten im Palladium spiele. Man muss auch bereit dafür sein. Natürlich spiele ich an Karneval in der Kölnarena auch mal 15 Konzerte vor 12 000 Leuten. Aber du weißt genau, dass die nicht für dich da sind. Das ist alles ganz entspannt. Oder vor 50 000 Menschen bei der Saisoneröffnung des FC. Auch vogelwild. Aber das ist noch einmal etwas anderes. Mein Ziel ist, dass sich etwas bewegt und es auf einem gesunden Level vorangeht. Was dann letzten Endes dabei herauskommt, wird man sehen. Step by step. Aber konkrete Ziele? Nö. Gesund bleiben wäre schon mal ganz gut!
(Steffen Bauer)
(Fotos von Basti Sevastos)