DJ Illegal
Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Dich als alten Hasen der Szene zu bezeichnen, würde der langen Zeit, in der du im HipHop aktiv bist, kaum noch gerecht werden – und angefangen haben soll das alles angeblich mit einem Lied namens "The Message". Also mal im Detail: Wann und wie bist du HipHop erstmals begegnet und wie bist du selbst als DJ aktiv geworden?
DJ Illegal: Das ist korrekt. Ich war noch ein Kind und habe mit meinem Bruder bei meinem Onkel Lego gespielt. Dabei hat mein Onkel uns auch mit seinem Ghettoblaster Musik hören lassen und ich fand es cool die Tapes reinzustecken, anzuschalten und umzudrehen. Auf den Tapes war komplett bunt gemischte Musik. Nena, Scorpions, Michael Jackson und eben auch "The Message" von Grandmaster Flash, was ich damals natürlich noch nicht wusste. Aber von allen Songs hat "The Message" mir am meisten gefallen und ich wusste nach einer Weile genau auf welchem Tape und an welcher Stelle der Song kommt und konnte fast perfekt direkt zum Anfang des Songs vorspulen. Von da an war es klar: Das ist meine Musik. Ich hab' dann Anfang 1990 mit Graffiti angefangen, daher auch der Name Illegal. Es wusste so gut wie keiner in meinem Freundeskreis, was Graffiti ist, aber sie wussten es war eben Illegal. Deshalb nannten sie mich "der Illegale". 1992 organisierte ich mit Freunden eine HipHop-Party in unserem Jugendzentrum, doch leider ist der DJ den wir gebucht haben nicht aufgetaucht. Wir hatten ein volles Haus aber keine Musik. Kurzerhand bin ich meine Platten holen gegangen und habe selber ohne Erfahrung aufgelegt. Die Party war ein voller Erfolg und zugleich die Geburtsstunde meiner DJ-Karriere.
MZEE.com: Wie sieht es denn mit den "HipHop Disziplinen" abseits der Arbeit als DJ und Producer aus? Hast du dich auch schon anderweitig in der Szene versucht oder kam für dich immer nur die Arbeit mit den Beats in Frage?
DJ Illegal: Wie gesagt, neben dem Plattenkaufen habe ich mit Graffiti angefangen, habe auch ein wenig gebreakt und mich sogar am Mic versucht. Da habe ich mich allerdings so angehört wie viele der Deutschen Rapper heute, einfach ohne Flow und nur Wörter im Takt aufgesagt. Das war mir zu peinlich und nicht meine Disziplin.
MZEE.com: Wenn man auf so viele Produktionen und Zusammenarbeiten zurückblicken kann und an diversen Projekten mitgewirkt hat, kann man da noch einen eindeutigen Favoriten haben? Hast du den einen, ganz bestimmten Lieblingsbeat von dir selbst?
DJ Illegal: Das ist wahrlich schwierig. Wir haben ja nun schon nahezu 30 Alben/Projekte und unzählige Songs veröffentlicht. Aber ich würde schon sagen, dass unser "WakeDaFucUp"-Album mit Onyx etwas Besonderes ist. Wir haben es damit sowohl geschafft, die Erwartungen der Onyx-Fans, als auch unsere eigenen Erwartungen voll zu erfüllen.
MZEE.com: Hand aufs Herz: Der Erfolg der meisten Rapsongs ist zu einem bedeutenden Teil abhängig von einer stimmigen Produktion. Aber hast du das Gefühl, dass Rapper das und im Allgemeinen die Arbeit ihrer Producer zu schätzen wissen?
DJ Illegal: Es ist nun mal so, dass die Arbeit der Produzenten, ebenso wie die der DJs, unterschätzt wird. Ich bin für Onyx ja regelmäßig auch als Tour-DJ tätig. Ich sehe das immer wieder aufs Neue wenn ich eine Show mit Onyx rocke und wenn sie dann eine Show hier in Europa ohne mich haben. Nicht dass ich jetzt so krass bin und die ganze Show ausmache aber eine gute Live Show mit einem DJ, der weiß was er zu tun hat, ist einfach immer besser. Es gibt ein Sprichwort, das zwar vom Sinn her anders gemeint ist, hier aber den Nagel auf den Kopf trifft: "Der Ton macht die Musik". Als ich klein war und keine englischen Texte verstanden habe, war das, was mich bewegt hat eher die Musik. Der MC bzw. über das was er gerappt hat war nicht so wichtig, solange der Beat gerockt hat. Heute hat sich das ausbalanciert und so sollte das auch sein. Ein guter Song besteht aus einem dopen Beat und guten Lyrics/Rap-Skills. Klar gibt es Ausnahmen und Abweichungen, aber dieses Konzept funktioniert, deshalb sollte die Arbeit der Producer entsprechend honoriert werden.
MZEE.com: Und wenn wir schon vom Erfolg von Rappern reden. Oft hat man ja das Gefühl, dass auch in den entsprechenden Medien vor allem die rappenden Künstler im Fokus stehen. Bist du zufrieden damit, wie Produzenten in der Deutschrapszene wahrgenommen werden oder wünscht du dir da eine Veränderung?
DJ Illegal: Klar wünsche ich mir eine Veränderung. Im HipHop ist das nicht anders wie bei Rock/Pop Musik. Der Sänger ist eben der Bandleader und steht sprichwörtlich im Vordergrund. Es liegt schlussendlich an jedem selber, welche Rolle er spielen will in dem ganzen Game. Deshalb haben wir als die Snowgoons uns dazu entschieden es anders zu machen. Wir haben vom ersten Song an, den wir veröffentlicht haben, immer unseren Namen vorne als erstes genannt. Also "Snowgoons featuring Künstler XY". Für viele war das damals, und ist auch heute noch, verwirrend. Aber das hat eben dazu geführt, dass man zwei mal hinsehen oder -hören und sich zwangsläufig damit auseinander setzen musste, wer sind denn jetzt diese Snowgoons. Da kam oft: "Ich hab die gar nicht rappen hören". Wir haben es aber durchgezogen und deshalb genießen wir auch einen etwas anderen Status als Producer-Kollegen. Viele nehmen uns eben als vollwertige Gruppe bzw. Band wahr und so können wir auch Shows, Festivals und ganze Touren spielen.
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(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
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