Monat für Monat bringt die deutsche Rapszene mehr Releases hervor, als ein einzelner Mensch überhaupt hören kann. Auch uns als Redaktion geht es da nicht anders. So fallen bei der Flut an Neuerscheinungen immer wieder Werke unter den Tisch, denen man liebend gern noch seine Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Letzteres möchten wir hiermit machen und Euch genau die Platten näherbringen, die ansonsten vielleicht nicht so sehr im Fokus stehen. Kurz und knapp vorgestellt am Ende jedes Monats, sind diese Werke "Last but released".
Tightill & doubtboy – Deutsch-Amerikanische Schaft
Unter dem etwas obskuren Namen "Deutsch-Amerikanische Schaft" veröffentlichten Tightill & doubtboy ihre neueste Platte. Ein weiteres Mal vollbringen die beiden dort das Kunststück, trotz einer scheinbar sinnlosen Aneinanderreihung von Thementracks ein musikalisch völlig stringentes Werk zu liefern. Während die leicht nasale Betonung der Rapper dem ein oder anderen vielleicht säuerlich aufstoßen könnte, überzeugt die stimmige Untermalung und der lässige Vibe des Albums. Wirklich tiefgründig wird hier nichts aufgegriffen, doch der interessante Pop-Anklang und Rap-Referenzen en masse lassen die 38 Minuten Laufzeit trotzdem wie im Flug vergehen. Gemeinsam mit Newcomern wie Skinnyblackboy liefern die Nordlichter dabei einen Sound, der unverkennbar ebenjenen amerikanischen Schriftzug trägt, den schon der Albumtitel andeutet.
Corus 86 – C zu dem O
Der Berliner Untergrund meldet sich wieder mal, denn Corus 86 kommt mit seiner neuen EP "C zu dem O" um die Ecke. Der Sound des Releases wird durch überwiegend technolastige Beats dominiert und besitzt einiges an Energie. Allgemein beschränken sich die Aussagen des gebürtigen Braunschweiger MCs und Writers auf klassische Punchlines, was jedoch weitere thematische Tiefe nimmt. Allerdings wurde hier bewusst keine selbstreflektierte, erwachsen klingende Platte produziert, sondern vielmehr der passende Flair für den Hörer und seine Thekenkumpanen auf dem Weg Richtung Club kreiert. Dieses Ziel wurde ohne Zweifel erreicht, was unter anderem der Track "Ellenbogen Swag" zeigt. Wer damit im Reinen ist, kann hier ohne Bedenken zuschlagen.
Marvellous – Grapefield
"Grapefield" – ein scheinbar perfekter Ort, bewohnt vom scheinbar perfekten Ehepaar Thomas und Maggie Baker. Um diesen Ort und seine Einwohner dreht sich die aktuelle EP von Marvellous. Zwar fällt sie nicht durch besonders hervorstechende Flows oder Wortspiele auf, jedoch wird schon in den ersten drei Tracks eine Welt aufgebaut, in die man sich schnell hineindenken kann. Die Reime sind solide und die gepickten Beats untermalen durch ihre melodische Art die Atmosphäre, die bereits durch die sehr detailreiche Vortragsweise des Textes entsteht. Zwar ist "Grapefield" gewiss kein Meisterwerk, das man unbedingt auf dem Schirm haben sollte, doch kann man es jedem getrost nahelegen, der auf Storytelling steht und mal etwas anderes für zwischendurch – nämlich ein zusammenhängendes Krimi-Hörspiel in Rapform – sucht.
(Daniel Fersch, Lukas Päckert, Steffen Uphoff)