Nedal Nib – 90 BPM
Die Leute fragen, wann ich endlich wieder Battles mache.
Aber Battlen zahlt mir leider nicht die Rentenkasse.
Seit er zum ersten Mal bei Don't Let The Label Label You in Erscheinung getreten ist, hat Nedal Nib sich zu einem der erfolgreichsten und respektiertesten Written Acapella Battlerapper des Landes gemausert. Mit seiner EP "90 BPM" möchte er nun auch in der Musikindustrie eine ähnliche Entwicklung durchmachen.
So wie im Cypherkreis ist auch in seiner Musik die Straße das Metier des Hannoveraners. Nun ist Straßenrap in meinen Augen in der Regel jedoch recht formelhaft und nicht gerade für Innovation bekannt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass hier kaum etwas geschieht, das man so oder so ähnlich zuvor nicht schon etliche Male gehört hat. Eine erfrischende Ausnahme stellt dabei das selbstironische "Peugeot 206" dar: Nedal bricht mit dem Klischee, dass Rapper Luxuswagen fahren müssen, um zu verdeutlichen, dass sie ganz oben in der Nahrungskette stehen. Unglücklicherweise leidet dieser Track allerdings – wie die meisten auf dem Release – unter einem recht unspektakulären und unzeitgemäßen Beat. Neben "Peugeot 206" gibt es außerdem leider nur wenige Songs, deren Inhalte einem nach mehrmaligem Hören besonders im Gedächtnis bleiben. Da helfen selbst interessante Feature-Gäste wie Mighty Mo oder Said kaum weiter. Doch auch diesbezüglich gibt es Ausnahmen wie etwa auf "Für die Fam", wo Nedal folgende denkwürdige Zeile zum Besten gibt: "Der Unterschied zwischen Bayram und Weihnachten: Dass wir unsere Fam nicht ins Heim packen". Ohne jeden Zweifel beherrscht der gebürtige Syrer und aktuelle DLTLLY-Champion sein Handwerk und weiß, wie man gute Lines schreibt. Dies tut er auf der EP jedoch leider viel zu selten, sodass kaum kohärente und spannende Tracks zustande kommen.
Während Nedals Status als Battlerapper nahezu unangefochten ist, präsentiert er auf "90 BPM" gerade mal Mittelmaß. Um auch in der Musikindustrie den Titel eines Champions zu erlangen, sollte man auf manchen Ebenen eine andere Herangehensweise als die Konkurrenz an den Tag legen. Genau das bleibt hier allerdings größtenteils aus.
(Steffen Bauer)