Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Dein Instrumentalalbum "Timber" steht in den Startlöchern und wird demnächst über Lagunenstyles releast. Denkst du denn, dass ein Produceralbum den selben Stellenwert haben sollte wie die Platte eines Rappers?
bitbeats: Ich denke, ein Produceralbum kann denselben Stellenwert wie ein Rapalbum haben. Ob es das sollte, hängt jedoch immer von der Platte an sich ab. Ein Instrumentalalbum, das aus 30 einminütigen Loops besteht, hat meiner Meinung nach schon einen anderen Stellenwert als ein konzeptioniertes Rapalbum, über das sich der Künstler viele Gedanken gemacht hat. Umgekehrt finde ich, dass ein gut produziertes und durchdachtes Instrumentalalbum einen höheren Stellenwert hat als ein lieblos zusammengestückeltes Album eines Rappers. Also ist meine Meinung, dass es im Endeffekt immer auf die Platte an sich ankommt, wobei ich mir schon manchmal wünsche, dass Producer- oder Instrumentalalben mehr Aufmerksamkeit bekommen würden.
MZEE.com: Wer sehen will, wie deine Beats so entstehen, kann dir im Netz während einer Livesession bei der Arbeit über die Schulter schauen. Welche Hard- und Software verwendest du denn hauptsächlich, um deinen Sound zu kreieren?
bitbeats: "Timber" war das erste Projekt, das ich komplett in Ableton Live produziert habe. Vorher habe ich PreSonus Studio One benutzt, was ich auch heute noch für Recordingsessions, zum Mastern und gelegentlich zum Mixen nutze, da ich den Mixer in Ableton Live nicht sonderlich gut finde. An Hardware nutze ich hauptsächlich mein Novation Impulse Keyboard, die Akai MPD 32 und die APC Mini. Seitdem ich mehr mit Ableton Live arbeite, spiele ich jedoch mit dem Gedanken, mir eine Ableton Push zu besorgen. Außerdem sind für mich Turntables und Mixer wichtige Hardware beim Produzieren. Zumindest bei "Timber" war es so, da ich hier viele Samples direkt von Vinyl benutzt habe, ohne irgendwelche Sampler zu nutzen.
MZEE.com: Und wie sieht es mit dem Kreativprozess aus? Wovon lässt du dich beim Bauen deiner Beats inspirieren?
bitbeats: Mich inspiriert hauptsächlich andere Musik. Oft höre ich irgendeinen Song oder ein Album und mir fällt eine Kleinigkeit besonders auf, die ich in dem Moment total feiere. Dann versuche ich, diese Kleinigkeit selbst irgendwie auf meine eigene Art umzusetzen. Oftmals entferne ich mich während dieses Prozesses auch komplett von der Ursprungsidee, aber genau das macht es für mich aus. Die Musik die mich inspiriert, kann alles sein – von Jazz über HipHop und House bis hin zu Progressive Rock.
MZEE.com: Auf deiner SoundCloud-Seite finden sich allerdings nicht nur gänzliche Eigenkreationen, sondern auch ein paar Remixes. Was macht für dich einen guten Remix aus?
bitbeats: Ich mag Remixes, die sich komplett vom Original entfernen und dem Hörer eine neue Perspektive auf den Song geben. Vor Kurzem erst bin ich auf den Fuchy-Remix zu Aisha Badrus "Bridges" gestoßen, der mich komplett geflasht hat. Ein weiteres Beispiel wäre der Ambassadeurs-Remix zu "Sleepwalker" von Nostalgia 77 und Josa Peit. Beide Remixes verwandeln smoothe, akustische bis jazzige Nummern in elektronisch klingende Bretter und zeigen, dass ein guter Song einfach ein guter Song ist – egal, in welchem Gewand.
MZEE.com: Zu guter Letzt: "Timber" dürfte ja sicherlich erst der Anfang sein, oder? Welche Ziele in Sachen Musik peilst du für die Zukunft an?
bitbeats: "Timber" war auf jeden Fall erst der Anfang. Mein nächstes großes Ziel ist es, diese Platte – und alle zukünftigen – live auf die Bühne zu bringen. Mit Instrumenten und eventuell sogar weiteren Musikern. Abgesehen davon ist neue Musik mit meinem langjährigen Weggefährten Jephza in Arbeit, mit dem ich auch meine letzte Platte "Unterholz" gemacht habe. Außerdem habe ich im Moment Bock, mal einen Sänger oder eine Sängerin zu produzieren und damit für mich neue musikalische Gefilde zu entdecken. Der klassische HipHop wird wahrscheinlich immer irgendwo in meiner musikalischen DNA vorhanden bleiben, aber ich würde in Zukunft gerne mal mehr in elektronischer und moderner Richtung produzieren.
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
(Fotos von Armin Zedler)
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