Shiml, Nummer eins aus dem Block, Shit.
Eins auf der Watchlist, Realtalk, Bremen-Ost-Shit.
Agoraphobie bezeichnet die weit verbreitete Furcht vor großen Menschenmassen auf zu kleinem Raum. Auch dem Bremer Original Shiml wurde es vor einigen Jahren an der Weser zu eng, daher zog er über Düsseldorf nach Hamburg. Auf seinem neuen, nach der Angststörung benannten Album geht es aber nicht unbedingt nur um diesen speziellen Panikzustand, sondern auch um Existenznöte.
"Rappe einzig und allein, um's zur Berufung zu machen", erklärt das Nordlicht schon auf dem Eröffnungstrack. Weil an ein geregeltes Einkommen durch HipHop lange Jahre nicht zu denken war, beantwortet sich die Frage nach seiner langen Abstinenz damit von selbst. Was ihn zurück zur Musik trieb, ist der Hunger nach mehr: Wütende Hasstiraden und harte Punchlines auf drückenden Bässen reihen sich so an emotionale Einblicke in Jan Viohls Privatleben. Alles an "Agora" wirkt, als sei der ehemalige Selfmade-Künstler nie weg gewesen. Vielleicht definiert das auch die größte Schwäche des Langspielers. Eine Weiterentwicklung lässt sich kaum erkennen und dennoch beeindruckt die Fähigkeit des Rappers, mit Worten zu spielen und Metaphern zum Leben zu erwecken. Auch emotionale Momente bringt er düster und prägnant so auf den Punkt, dass man sich mit verschiedensten Szenarien identifizieren kann. Kaum eine Floskel über das harte Leben im Plattenbau oder darüber, wie Rap ihm die Millionen bringen soll, findet sich hier wieder – der Bremer bleibt bei Rap in Reinform und dem Verarbeiten seiner privaten Probleme am Mikrofon. Keine Gimmicks, keine Features, nur Shiml selbst – und das ist auch gut so.
Auf "Agora" hören wir am Ende nämlich keinen satten Künstler, sondern immer noch den hungrigen Jungen aus Bremen-Ost, der sich den Frust von der Seele rappt: "eine Mischung aus Steve Urkel und Ted Bundy" eben. Der weiß auch nach acht Jahren Funkstille noch mit alten Stärken zu überzeugen.
(Sven Aumiller)