Capital Bra – Berlin lebt
Du holst 20 Leute, Bratan, ich hol' nur ein' Albo.
Er schießt von Weitem, doch er trifft wie C. Ronaldo.
Lässt man die Zahlen sprechen, so dürfte Capital Bra als einer der absoluten Shooting Stars der deutschen Rapszene gelten. Einige seiner Songs dominieren die Charts und die entsprechenden Klickzahlen steigen in immer schwindelerregendere Höhen. Sein neues Album wird diese Erfolgsserie wohl nahtlos fortsetzen. Doch ist "Berlin lebt" abseits des Hypes auch musikalisch interessant?
Auffallend an Capital Bras Rapstil ist die unheimliche Präsenz, mit der er sich auf dem Beat bewegt. Seine raue Stimme setzt er zumeist druckvoll ein und schafft so eine einnehmende, gar bedrohliche Atmosphäre. Bei den – natürlich per Autotune zurechtgemachten – Gesangseinlagen sieht das ähnlich aus, auch wenn der dort dargebotene Sound noch wesentlich austauschbarer klingt als auf den geradlinigen Straßenrap-Bangern. Hier manifestiert sich auch das große Manko an "Berlin lebt": Von seiner eigenwilligen Vortragsweise abgesehen, kann Capital Bra dem aktuellen Status Quo deutschen Raps kaum etwas Neues hinzufügen. Brechharte Representer wie "Ballert" und auf Eingängigkeit getrimmte Autotune-Eskapaden wie "Neymar" mögen aufgrund ihrer Oberflächlichkeit zwar einen kurzfristigen Unterhaltungswert haben, doch bleiben kaum im Gedächtnis. Und auch ein ambitionierterer Schreibversuch wie etwa "Gutes Herz" mit KC Rebell kommt kaum über den Gestus einer kitschigen und zumal unglaubwürdigen Moralpredigt hinaus. An diesem Gesamteindruck kann auch die illustre Runde an Features wenig ändern. Farid Bang, Ufo361 und AK Ausserkontrolle liefern nichts als ihre gewohnte Kost ab und unterstreichen damit noch einmal die fehlende künstlerische Ambition von "Berlin lebt".
Letztlich versammelt Capital Bra auf der Platte lediglich eine ganze Reihe Gangsterrap-Klischees, ohne diesen eine eigene Wendung zu geben. Das ist schade, denn die Energie, die der junge Rapper beim Musikmachen hat, ist in seinen Songs stets spürbar. Bleibt zu hoffen, dass es ihm zukünftig gelingt, diese auch kreativ einzusetzen.
(Florian Peking)