Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Mit "Sexbox" erscheint dein zweites Solowerk. Was auch auf dieser Platte wieder auffällt: Statt eines Produceralbums mit einem gewissen Trademarksound scheinst du lieber in sich stimmige Instrumentalplatten zu produzieren. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?
The Breed: So klassische Produceralben, auf denen dann 20 Leute rappen, sind irgendwie nie gut. Wenn es um Trademarksound geht, dann würde ich lieber mit einem Rapper komplett auf Albumlänge arbeiten, anstatt 1 000 Köpfe unter einen Hut zu bringen und am Ende so einen Samplersound zu haben. Da fehlt meistens der rote Faden. Außerdem macht The Breed ja sowieso schon viel mit Rappern. Deshalb wird auf den eigenen Platten mehr auf die Beats eingegangen und mit Gesang und Talkbox gearbeitet …
MZEE.com: Mal angenommen, du hättest nur einen einzigen deiner Beats, um jemandem deine Musik zu präsentieren: Welcher Beat wäre das und warum gerade dieser?
The Breed: Das ist schwer zu sagen, weil es davon abhängt, wem man das zeigt. Aber wahrscheinlich würde immer das aktuellste Release das treffendste sein. Aktuell also wohl "Girls Party" oder "The Temple".
MZEE.com: Du geizt nicht gerade mit Lob für Kollegen und teilst gerne und oft deren Musik auf deiner Seite. Welches ist in deinen Augen das beste Instrumental überhaupt, das von einem anderen Produzenten stammt?
The Breed: "Das beste" gibt es so ja gar nicht. Das hängt immer von der Stimmung ab – aber viele Sachen sind krass, wie beispielsweise Figub. Brenk hat krasse Dinger, IAMNOBODI ist chillig. Als Geheimtipp wäre gerade MXXWLL aus Australien zu nennen … Der ist unfassbar!
MZEE.com: Wenn du die freie Auswahl hättest, einen beliebigen Rapper auf einem deiner Beats zu hören: Welchen Rapper würdest du mit welcher Begründung wählen?
The Breed: Anderson .Paak! Der ist die Kombination aus Kendrick Lamar und D'Angelo … Und das sind beides krasse Künstler.
MZEE.com: Um noch mal dein neues Werk "Sexbox" anzusprechen: Du hast bereits angekündigt, dass die Platte auf klassische Sampleloops verzichten wird. Spielst du deine instrumentalen Versatzstücke einfach lieber selbst ein oder gibt es andere Gründe dafür, dass du vergleichsweise wenige Samples verwendest?
The Breed: Für den ein oder anderen Beat wird natürlich auch mal ein Sample verwendet, aber man ist dann immer so festgelegt. Deswegen werden solche Beats meistens eher zu Interlude-Beats, weil der Loop spätestens nach einer Minute langweilt. Das Arbeiten mit Liveinstrumenten gibt dir einfach mehr Möglichkeiten. Das bringt dir beim Arrangieren und Ausproduzieren eines Tracks deutlich mehr Freiheiten, den Song interessant zu halten – auch ohne, dass du tausend Parts bauen musst. Dafür kann es jedoch mal vorkommen, dass das Fertigstellen eines Beats zwei Tage dauert. Aber gerade wenn du für einen Künstler einen bestimmten Sound im Kopf hast, dann ist das viel schneller und besser mit Instrumenten umzusetzen, als wochenlang nach einem Sample zu suchen, das genau so klingt, wie du es dir vorstellst. Auf der anderen Seite findet man auch manchmal ein Sample, das gerade genau den richtigen Vibe trifft und dann wird das auch benutzt. Danach heißt es, kreative Wege beim Umgang mit dem Sample zu finden. Daran ist auch nichts verwerflich. Aber eine komplette Platte, bei der du einfach hörst: "Ah ja, da hat er die Soulplatte mit dem Drumloop gechoppt und dann wird das Prinzip auf 15 Songs angewendet" – das ist so boring. Aber am Ende ist das kein Dogma oder so … If it got soul, it got soul.
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
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