Kategorien
Soundcheck

Figub Brazlevic

Wäh­rend Pro­du­zen­ten nor­ma­ler­weise im­mer et­was im Hin­ter­grund ste­hen, rich­tet un­ser Sound­check den Fokus di­rekt auf sie – in die­ser Aus­ga­be mit Figub Braz­le­vič aus Berlin.

Kaum eine Sze­ne hier­zu­lande scheint so facet­ten­reich zu sein wie die Deutschrap­szene. Wäh­rend es bereits jetzt schon fast unmög­lich erscheint, jeden ein­zel­nen, eta­blier­ten Ver­tre­ter zu ken­nen, steigt die Zahl neu­er, noch unbe­kann­ter Künst­ler expo­nen­ti­ell wei­ter an. Den Über­blick zu behal­ten, gleicht einer Her­ku­les­auf­gabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-​Hydra gemerkt, tau­chen schon wie­der min­des­tens zwei neue auf. Gleich­zei­tig ist es für unbe­kannte, jun­ge Talen­te über­aus schwer, aus der über­wäl­ti­gen­den Mas­se an Musi­kern her­aus­zu­tre­ten und sich einen Namen zu machen. 

Bei­den Sei­ten soll unser Sound­check eine Hil­fe­stel­lung bie­ten. Pro­du­cern, die bis­her noch in den Tie­fen des Unter­grunds unter­ge­gan­gen sind, eine Platt­form geben, auf der sie sich kurz, aber prä­gnant prä­sen­tie­ren kön­nen. Und Hörern und Fans ermög­li­chen, sich einen schnel­len Über­blick über nen­nens­werte Künst­ler zu ver­schaf­fen, die sie bis­her viel­leicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten. 

 

SoundcheckFormular_FIGUB

MZEE​.com: Die Wur­zeln dei­nes Sounds stam­men unver­kenn­bar aus der Gol­den Era – wann genau und vor allem wie bist du Hip­Hop erst­mals begegnet?

Figub: Hm, das ist eine gute Fra­ge. 1995, als ich 12 war, gab's Hip­Hop in ers­te Linie nur im TV. 1996 hat mein Bru­der vom einen auf den ande­ren Tag mit Graf­fi­ti begon­nen – er hat­te das ers­te von einer Häu­ser­wand abge­malt. Ich war ange­tan und fing auch an. Die Musik kam im sel­ben Jahr – ich war aller­dings schon am Pro­du­zie­ren für cir­ca ein­ein­halb Jah­re, so Techno-​Gabba-​Zeugs. Ein wich­ti­ger Aus­lö­ser war, dass mich Oli­vi­er Bus­ca­pé frag­te, ob ich denn einen Beat bau­en könn­te. Das hat geklappt und er hat mir Sachen vor­ge­spielt, die mir zum Teil durchs TV schon ein Begriff waren, zum Bei­spiel Bus­ta Rhy­mes oder Cypress Hill. Er hat­te schon ein paar LPs und CDs und wir saßen wie die Beklopp­ten da und haben ver­sucht, das auch zu machen. Aber mei­ne ers­te Begeg­nung war in der Zeit, als mei­ne Fami­lie und Ange­hö­ri­gen aus Bos­ni­en Her­ze­go­wi­na Flücht­lin­ge waren – ich kann die Flücht­lin­ge heu­te gut nach­voll­zie­hen. Wenn man als Kind damit in Kon­takt kommt, ist man viel ver­ständ­nis­vol­ler und auf­ge­klär­ter als vie­le Men­schen hier­zu­lan­de und in ganz Euro­pa, wahr­schein­lich auf der gan­zen Welt. Wir haben jeden­falls zu der Zeit schon in Deutsch­land gelebt und 1993, 94 kam ich mit einem mei­ner Cou­sins, Tony, in Kon­takt. Er ist sie­ben Jah­re älter als ich und hat damals schon Bas­ket­ball gezockt und coo­le Din­ge gemacht. Der hat­te das Dre & Snoop-​Album und "Dog­gy­style". "Six mil­li­on ways to die, choo­se one!" – das auf Repeat im Walk­man und dazu Game­boy gezockt oder Skate­board gefah­ren. Man, das ist alles unglaub­lich lan­ge her! Damn.

MZEE​.com: Mit wel­chem Producer-​Programm ent­stan­den dann dei­ne ers­ten Beats? Wel­ches ver­wen­dest du heute?

Figub: Sound­Club for MS-​DOS heißt das Pro­gramm. Damit habe ich ange­fan­gen. Das ist ein MIDI-​only Sequen­cer. Die Maus hat damals schon funk­tio­niert. Der­zeit arbei­te ich mit Able­ton Live. Ich beherr­sche aber auch die meis­ten ande­ren Sequencer.

MZEE​.com: Mitt­ler­wei­le gaben sich auf dei­nen Beats schon eini­ge natio­na­le wie inter­na­tio­na­le Künst­ler die Ehre. Wel­chen Rap­per wür­dest du unbe­dingt ein­mal auf einem dei­ner Beats hören wol­len? Warum?

Figub: Ja, das stimmt. Ich bin auch sehr froh über das, was bis­her so alles pas­siert ist und mit wem ich auf alle Arten und Wei­sen zusam­men­ar­bei­ten durf­te. Da gibt es aber noch eine Men­ge mehr – zum Bei­spiel O.C. wegen sei­ner Stim­me und Deli­very und weil der Typ der Mas­ter of Cerem­o­ny ist. Bus­ta Rhy­mes, da muss man ja nichts zu sagen. B-​Real wäre defi­ni­tiv nice, so 'n Smo­kers' Deluxe-​Song. Jill Scott, denn sie singt ein­fach unglaub­lich. Ery­kah Badu auf jeden Fall, D’Angelo wäre über­trie­ben und auch Emi­nem eine ziem­li­che Berei­che­rung. (lacht) Mir fal­len gera­de nicht all die Künst­ler ein, die ich wert­schät­ze – und das wäre hier auch dann zu viel des Guten. Es gibt auch wirk­lich eine Men­ge an neu­en und jun­gen Künst­lern und Künst­le­rin­nen, die mir gut gefal­len. Kendrick Lamar zum Bei­spiel. Unfass­ba­res Talent.

MZEE​.com: Du hast mal erzählt, dass dein Künst­ler­na­me dir spon­tan beim Fuß­ball­spie­len am PC kam. Ent­ste­hen die Namen für dei­ne Beats auch so spontan?

Figub: Nicht beim Zocken, aber ziem­lich schnell, ja. Da sind Total­aus­fäl­le dabei. (lacht) Ich gebe hier lie­ber kein Bei­spiel. Das ist ziem­lich "durch­ge­knallt", wie man wahr­schein­lich sagen wür­de. Ich betrach­te das ein biss­chen dada­is­tisch, denn so mer­ke ich mir dann die ein­zel­nen Beats und Namen bes­ser und die Künst­ler, mit denen ich arbei­te, kön­nen sich die absur­den Namen auch meis­tens ganz gut mer­ken. Die BPM-​Zahl ist immer dabei. Ich habe mir über all die Jah­re ein sehr aus­ge­klü­gel­tes Sys­tem erarbeitet.

MZEE​.com: Auf dem Remix­al­bum "Ersatz­ver­kehr" hast du eine gan­ze Rei­he deut­scher Rap­ti­tel in neue Gewän­der gehüllt. Was macht für dich den Reiz eines Remi­xes aus?

Figub: Oft höre ich einen Song und fin­de den Beat nicht so fresh. Oder es ist ein kom­plett ande­rer Beat­style und ich mag den Rap­per von der Art, Pho­ne­tik oder dem Flow her. Man kann ein kom­plett neu­es Bild kre­ieren. Zum Bei­spiel kann man aus einer chil­li­gen Num­mer einen Dancefloor-​Song machen oder umge­kehrt. Wir alle remi­xen ja so oder so in fast allen Berei­chen des Lebens. Ich find's auch inter­es­sant, sich von Künst­ler zu Künst­ler neue Anstö­ße zu geben – dass man viel­leicht merkt, dass ein neu­er oder ande­rer Style auch gut zu ihm oder ihr passt. Ich den­ke auch, dass ich durch mei­nen Celo & Abdi-​Remix einen gewis­sen Ein­fluss auf die Art und Wei­se hat­te, wie "90s affiliated"-Klang im Stra­ßen­rap funk­tio­niert. Ich bin zwar kein Pio­nier, aber der Remix kam zur rich­ti­gen Zeit.

Figub Braz­le­vič auf Facebook

(Dani­el Fersch)
(Gra­fi­ken von Dai­ly Puffy Pun­ch­li­nes, Logo von KL52)

 

Du bist der Mei­nung, Du oder jemand, den Du kennst, soll­te sich unse­rem Sound­check unter­zie­hen? Wir freu­en uns über Bewer­bun­gen oder Emp­feh­lun­gen mit dem Betreff "Sound­check – *Künst­ler­na­me*" an daniel@mzee.com.