Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
2013 – die Eurokrise hält sich hartnäckig, die NSA-Affäre kommt in Gange und weltweit wüten Bürgerproteste. Da sehnt man sich doch nach den Tagen, an denen der einzige Gedanke der nächsten Party galt – den guten alten Zeiten.
Das dachte sich wohl auch Ausnahmekünstler Marteria, als er "Kids (2 Finger an den Kopf)" releaste. In der Single-Auskopplung seines sechsten Soloalbums "Zum Glück in die Zukunft II" stellt sich der Rostocker nostalgisch den Fragen aus vergangenen Tagen. Warum tätowiert sich keiner mehr "Wu-Tang auf den Arsch"? Wieso hat hier niemand "Bock auf Kiffen, Saufen, Feiern"? Hatte der Rapper einst noch das Feiern bis in die Morgenstunden besungen, sind es nun die spießig gewordenen Freunde. Groß sein ist okay, aber erwachsen sein? Dann lieber zwei Finger an den Kopf und Peng! Neben den süffisanten Lyrics und der eingängigen Hook von Miss Platnum geht auch der von The Krauts produzierte Beat direkt ins Ohr. Vocal- und Drum-Samples aus den Songs "Funky President (People It's Bad)" von James Brown sowie "Outside Love" von Brethren untermalen den Rhythmus mit melodischen Einflüssen des Soul & Funk der frühen 70er Jahre. Zudem sampelte das Produzenten-Team den OutKast-Klassiker "Player's Ball" aus 1993. Sie bedienten sich dabei an einem Ausschnitt der Piano-Spur, welcher sich als getweaktes Sample durch den Track zieht und fester Bestandteil der Melodie ist. Ebenso sind Ausschnitte aus Marterias "Lila Wolken" enthalten, mit dem er im Jahr zuvor die Charts eroberte. So wird der Track zum Gute-Laune-Song und auch das Musikvideo bringt Stimmung – Marteria, ganz spießig im Büro oder bei der wöchentlichen Turnstunde. Natürlich mit seinen rebellierenden Girls, die mit Hockeyschlägern auf die Missstände der heilen Welt hinweisen.
2021 – Corona bestimmt unser Leben, die Klimakrise spitzt sich weiter zu und Menschen müssen immer noch aus ihren Heimatländern flüchten. Da sehnt man sich doch nach einer Zeit ohne Probleme und mit etwas Funk im Block. Marterias Konzept geht auch heute noch auf: Selbstironisch bringt der Song Partyrunden in Stimmung und animierte uns damit bereits häufiger dazu, die Gläser zu heben und für knapp vier Minuten den Weltschmerz zu vergessen.
(Melanie Floßmann)
(Grafik von Daniel Fersch)