Ich wünsch' mir, ich hätte damals Woodstock gesehen …
Dass meine Lehrer wissen, wie's sich in mei'm Luftschloss so lebt.
"Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft", beginnen die Kinder in altehrwürdiger "Toten Hosen"-Manier zu singen, bevor ein rhythmisches Klatschen im Hintergrund einsetzt. "Wünsch dir was", trällert der Chor, gefolgt von einem epochalen Drumset. Deutschrap war 2015 selten so groß wie in diesem eigentlich doch so kleinen Moment.
Alles wie immer also bei Genetikk? Nicht ganz. Mit "Achter Tag" ist jetzt nämlich das eingetreten, was man schon bei "D.N.A." befürchten konnte: Die Instrumentierung von Sikk, abgerundet durch Samon Kawamura, ist mittlerweile einfach viel mächtiger als das, was die Stimme des Duos zu sagen hat. So berappt Karuzo in ebenjenem "Wünsch' dir was" eine Hymne über die Konsumgesellschaft, deren Staatsriege sich "mit Raten an Banken" verkauft hat. Nur um zwei Tracks zuvor für seine "neuen Sneaker von Nike sterben" zu wollen. Inkonsequent und unlogisch? Wahrscheinlich nicht für einen Rapper, der denkt, es wäre neu und innovativ, das "Vater Unser" in Song-Form herunterzubeten (Karuzo auf "Sterne"). Dazu kommt noch das auf Chart-Hit getrimmte "Don't Legalize" mit Sido-Feature, was nicht nur aufgrund der erschreckenden Ähnlichkeit schlimme "Bilder im Kopf" hervorruft.
Vielleicht ist das alles auch nur ein wenig viel Schwarzmalerei, denn: Natürlich ist Karuzo nicht der schlechteste Rapper. Auf "Mal es in die Wolken" spricht er über die Träume vergangener Tage, die mit all den "ersten Malen" vergingen und zeigt, wie kreativ er doch sein kann. In den ruhigeren Momenten kommt die eigentliche Stärke des Duos auch deutlicher hervor als in jenen, in denen man den eigenen "Überüberstyle" zelebriert. Genau dieser stagniert seit "D.N.A." durch fehlende Thementiefe und ein unausgegorenes Kräfteverhältnis von Rapper und Produzent nämlich leider in der Mittelmäßigkeit. Am Ende des "achten Tags" stellt sich daher die Frage, ob Genetikk nur so gern in die "Sterne" gucken, weil sie wissen, wie viel Luft da noch nach oben ist.
(Sven Aumiller)
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