Ich hab' diesen Style erfunden, ihr seid alle meine Fans.
Wären Philosophen kein so arbeitsfaules Pack, würden sie sich längst mit der wirklich wichtigen Frage unserer Zeit beschäftigen: Was war zuerst – Fler oder die Idee? Schließlich behauptet Fler mindestens so oft wie die, die ihn parodieren, diese oder jene Idee als erster in Deutschland gehabt zu haben. Und bei so manchem Newcomer hierzulande muss man ja zumindest sagen, dass vieles doch entfernt an Fler-Tracks von vor ein, zwei Jahren erinnert. Hören wir also in "Colucci" rein – und damit bereits heute in den Sound von morgen.
Flizzy lässt sich nach wie vor von keinem reinreden – weder in Persönlichkeits- noch in Kunst-Fragen. Stilistisch heißt das, einen Spagat zu schaffen zwischen "den Mund beim Rappen zu voll nehmen" und "zu klingen, als hätte man beim Rappen den Mund voll". So protzt und mumblet er sich durch Tracks über bitende Neider, neidende Biter und primäre Geschlechtsmerkmale. Der Sound von Simes Branxons klingt bei alledem erstaunlich analog und kombiniert vorwiegend harte Bässe mit klassischen Instrumenten, was an so manchen wirklich alten Fler-Song erinnert. Auch die Texte sind gespickt mit Referenzen auf frühere Titel. Das dürfte nicht nur langjährige Fans freuen, sondern auch interessante Vergleiche zulassen. Dass er im Laufe der Zeit reift, zeigt Fler aber nicht nur vereinzelt musikalisch. Tracks wie "Vermächtnis" oder "Keinen wie mich" zeigen den Rapper von einer ganz anderen, erstaunlich selbstkritischen, sogar verletzlichen Seite – so als würde er mit "Colucci" das abrunden, was er seit Jahren schon macht.
Man kann von Fler als Persönlichkeit halten, was man will. Doch mit "Colucci" beweist er, genau zu wissen, wer er ist und wohin er mit seiner Musik will. So scheint das neue Album fast eine Art Renaissance des eigenen Schaffens darzustellen. Etwas, das wir dann in ein, zwei Jahren vermutlich bei vielen anderen Künstlern auch zu hören kriegen. Vielleicht sind irgendwelche Philosophen gar nicht die Richtigen für den Job und wir sollten Flizzys Einfluss direkt von ein paar Kunsthistorikern analysieren lassen.
(Daniel Fersch)