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K.I.Z – Neuruppin

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: K.I.Z mit "Neu­rup­pin".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Um die­sen Song zu beschrei­ben, feh­len mir eigent­lich die Wor­te. Es ist nicht der Inhalt, nicht die Instru­men­tie­rung, nichts von all­dem, was man irgend­wie ratio­nal beur­tei­len kann. Das, was die­sen Track so beson­ders für mich macht, ist das Gefühl, das er in mir aus­löst. Und nicht mal das ergibt rich­tig Sinn, wenn man ihn sich ein­mal inten­siv anhört. Es geht um "Neu­rup­pin" von K.I.Z.

Aus der Melo­die von "House of the Rising Sun" wur­de ein wasch­ech­ter K.I.Z-Beat gemacht und auch der Refrain des Ori­gi­nals für die Hook umge­münzt. Unter­stüt­zung erhiel­ten Maxim, Nico und Tarek außer­dem von den bei­den Rap­pern Kuba und Can­ni­bal Rob. Jeder der fünf Prot­ago­nis­ten erzählt sei­ne eige­ne Geschich­te, die scho­ckie­rend und fes­selnd zugleich ist. Ganz leicht wur­de damit ein düs­te­rer Song vol­ler Mord­fan­ta­sien kre­iert – so bild­lich erklärt, dass man den Film, der sich beim Hören vorm inne­ren Auge abspielt, gar nicht abschal­ten kann. Auch wenn man sich sonst eher weni­ger für Hor­ror­co­re begeis­tern kann, ist es eigent­lich unmög­lich, die­sem Track sei­ne unfass­ba­re, packen­de Atmo­sphä­re abzu­spre­chen. Ergänzt wur­de die­ses musi­ka­lisch gezeich­ne­te Bild durch ein inter­ak­ti­ves Musik­vi­deo, in dem die visu­el­le Unter­ma­lung selbst zusam­men­ge­stellt wer­den kann – das lan­ge Zeit ers­te und ein­zi­ge sei­ner Art. Mit all den Gefüh­len in sich tra­gend, die man bereits allein zu Hau­se durch­lebt hat, wird der Song live per­formt zusätz­lich zu einem ein­zig­ar­ti­gen High­light. Mit pas­sen­der Beleuch­tung schafft er jedes Mal einen Gän­se­haut­mo­ment und mei­nen per­sön­li­chen Höhe­punkt eines K.I.Z-Kon­zerts.

Die­ser Track ist kein schö­ner, vor allem inhalt­lich nicht. Eigent­lich soll­te es einem wider­stre­ben, ihn auch nur ein zwei­tes Mal anzu­spie­len. Und doch hat es "Neu­rup­pin" geschafft, mich so sehr zu packen wie bis­her kein ande­rer Song.

(Michel­le Lusa)