"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Spark Master Tape ist das bisher größte Mysterium, das ich als Raphörer entdecken durfte. 2012 erschien er aus dem Nichts und droppte sein erstes Tape. Niemand weiß, wer er ist. Interviews, wenn er mal eines gibt, sind komplett dadaistisch und geben wenig Auskunft über ihn oder gar seinen Produzenten. Das macht seine Musik aber nur noch spannender, als sie ohnehin schon ist. Einer meiner Lieblingstracks ist die Single "WOODCHUKK" von 2019.
Der Track beginnt mit dem bekannten englischen "Woodchuck"-Zungenbrecher und geht mit diversen Abwandlungen desselbigen weiter. Nur, um sich dann in weiteren, völlig absurden und selbst kreierten Zungenbrechern zu verlieren. All das rappt und flowt Spark Master schnell sowie makellos in der synthetisch downgepitchten Stimme, die sein Markenzeichen darstellt. Ich bekomme beim Hören jedes Mal das Gefühl, es wären gar keine Zungenbrecher, so lässig trägt er sie vor. Die Hook ist dafür umso einfacher gestaltet – mit ihren zwei Zeilen und der 15-maligen Wiederholung des Wortes "Gang" am Ende. Simpel, aber eingängig und ein guter Kontrast zu den Parts. Denn der zweite Part geht weg vom Dadaismus und hin zu Battlerap – mit allerdings einer ähnlich fordernden Vortragsweise. So schießt er in seinem ganz eigenen Slang gegen Lil Xans Tattoos oder Travis Scott mit seinen 30 Writer für "Sicko Mode". Begleitet wird das von einem Paper Platoon-Beat, der gewohnt meinen Kopf zum Nicken bringt – mit einem Mr. Oizo-ähnlichen, eingängigen und tiefen Synthie und einer ab und an lautstark knallenden Snare. Noch mal mehr Druck wird dem Ganzen verliehen, wenn immer beim bereits erwähnten "Gang"-Loop der Beat kurz aussetzt. Ein großartiges Zusammenspiel von Produzent und Rapper, wie ich es von den meisten Spark Master Tape-Tracks kenne.
Am Ende des Songs bin ich um ein paar nerdy Facts etwa zu Travis Scott reicher, der Kopf wippt noch sanft nach und ich kann den nächsten Banger kaum erwarten. Ich könnte ein ganzes Essay über das Mysterium Spark Master Tape und Paper Platoon verfassen, aber am Ende sei hier nur allen empfohlen, ihre Musik zu hören.
(Lukas Päckert)