"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Das mit den Besuchen in Bars und Gaststätten war pandemiebedingt lange Zeit so eine Sache. Glücklicherweise trat in dieser Zeit BIFF mit seiner Musik aus seiner Kneipe in meinen Kosmos und bringt den entsprechenden Flair ins Wohnzimmer. Denn der Hamburger knüpft da an, wo die Doku "Monarch" aus dem Jahre 1979 über den gleichnamigen Spielautomatenprofi endet: Er zeichnet ein Bild vom täglichen Abhängen und Glücksspielen in der Stammkneipe.
Passenderweise heißt die EP nicht nur "Monarch 2.0", sie beginnt auch direkt mit einem Cut aus der Doku, welcher das Setting der fünf Tracks treffend einleitet. Man hört das Klicken und Piepen eines Spielautomaten, wie heutzutage in vielen Bars zu finden, bevor der melancholische Beat von KUSO GVKI einsetzt und die folgenden 15 Minuten sich genau darum drehen: BIFF erzählt äußerst authentisch und wortgewandt von zahlreichen Abenden in der Kneipe. Wenn ich dem Hamburger zuhöre, fühle ich mich jedes Mal, als würde ich neben ihm in seinem Stammlokal sitzen. Während er die "Gurke fegt" (den Spielautomaten um sein Geld erleichtert) und ein Bier nach dem anderen leert, kann man die "Nebelwand" in der beschriebenen Spelunke förmlich riechen. Die ruhigen, teils sehr roughen, teils mit jazzigen Piano-Klängen unterlegten Beats von verschiedensten Produzenten wie Quinte oder digitalluc verstärken diese Atmosphäre zusätzlich. Vocal-Cuts werden zudem auf fast jedem Track eingesetzt und tragen ebenfalls positiv zum Gesamtbild bei, ohne dass sie nach mehrmaligem Hören stören würden.
Am Ende von "Monarch 2.0" mag einem vielleicht etwas negativ aufstoßen, wie sorglos hier über Spielsucht und übermäßigen Alkoholkonsum gerappt wird. Insgesamt zeichnet BIFF hier jedoch einfach gänzlich ungefiltert – in leider viel zu geringer Spielzeit – ein detailliertes Bild seiner Stammkneipe, das ich mir immer noch problemlos in Dauerschleife geben kann.
(Lukas Päckert)