"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Eine Sache, die mir an HipHop bis heute gefällt, ist, dass es nach wie vor Künstler:innen gibt, die mich überraschen. Man kann immer diesen einen Artist finden, der irgendwie anders ist. Jemand, der sich für mich 2011 von der restlichen Szene abgehoben hat, ist Tufu. Denn seine Platte "Hässlon" ist eigensinnig – und das durchaus positiv.
Tufu ist einer der Artists, dessen Musik ich in all ihren Facetten ganz klar dem Untergrund zuordnen würde. Die Grundlage für die Songs bieten häufig sehr jazzige Instrumentals, aber auch originelle Samples, die kreativ in den Beat eingearbeitet werden – wie zum Beispiel im Song "Ave Maria", der seine Wirkung durch die gezielt in den Instrumentals eingesetzten Dissonanzen entfaltet. Die Lo-Fi-Abmischung des Albums und Effekte wie Plattenknistern verstärken den Untergrund-Charakter von "Hässlon". Auf jedem Beat hat Tufu starke Punchlines in Richtung Mainstream-Rapper parat und frontet nebenher noch die verkorkste Menschheit. Gespickt mit eigensinnigen Wortkreationen bringen mich seine Lines stets zum Schmunzeln, wenn er etwa rappt, dass er "Bordsteinboxerei-Kredibilitätskarate" könne. Mit ordentlich Druck in der Stimme und einer alles vernichtenden Battle-Attitüde lässt er den Hörer seinen inneren Hate spüren. Und niemand hasst so schön wie Tufu.
"Hässlon" triggert in mir meine einstige Leidenschaft für Battlerap, die ich häufig eher für verloren halte. Doch Tufu schafft in seinen Songs eine mitreißende Atmosphäre durch die Kombination aus chilligen Beats und herben Punchlines. Diesen straighten, aber auch charmanten Hass sollte einfach jeder mal gehört haben. Noch bis heute ist das Album für mich einfach anders – positiv anders.
(Dzermana Schönhaber)