Fast alles vergessen, aber eins kann ich erinnern:
Allenfalls die Haftpflicht ist versichert.
Wer sich im Hause Sichtexot auskennt, hat Negroman sicher auf dem Schirm. Früher als Teil von Luk&Fil unterwegs, konnte der Offenbacher auch abseits des Dous mit Solo-Releases den Underground von sich überzeugen. Mit "Cuck" kommt jetzt sein zweites Album, auf dem er sich entspannter denn je gibt.
Negroman zeigt auf 15 Tracks erneut den Style, den er schon auf seiner letzten EP, "Sequel", präsentierte. Für seine neueste Veröffentlichung flowt er so unbestechlich locker über Beats mit Jazz-, Soul- und Funkeinflüssen, dass seine Musik stark an Lo-Fi erinnert. Nejromunns Songs mit Lo-Fi-HipHop zu vergleichen, ist keinesfalls negativ gemeint. Denn der Vibe, der über fast transzendentale Sounds transportiert wird, funktioniert ideal als Hintergrundmusik. Da er seine Lines auf den Beat mumbelt, muss man mehr Zeit als gewohnt investieren, um die Texte richtig wahrzunehmen. Wer sich aber darauf einlässt, entdeckt kritische Zeilen über Kapitalismus, Rassismus oder die sexuellen Albträume des weißen Mannes. Die Lyrics sind dabei selten eindeutig und bieten eine Menge Interpretationsspielraum. Dies motiviert, das Album mehr als einmal zu hören. Zwischendurch sorgen Tracks für Abwechslung, in denen der Rapper weniger murmelt, sondern schneller und klarer flowt, beispielsweise mit eloquent auf "Zins".
Negroman hat es mit seiner dritten Solo-Veröffentlichung geschafft, ein Werk für mehrere Zielgruppen zu schaffen: für Hörer, die nicht auf den Text achten und sich vom Vibe mittragen lassen wollen, und für die, die in der verschachtelten Lyrik Interpretationsansätze suchen. Somit ist "Cuck" ein rundes, eingängiges Werk, das gleichzeitig Tiefgang bietet – für jeden soviel, wie er hören möchte.
(Jakob Zimmermann)