Gelegenheit macht Diebe, aber davon gibt es hier viele.
Und zu viele, die mir gern von Ehre reden, treten sie mit Stiefeln.
"Nein, er ist definitiv kein Mann für die ergreifenden, tiefschürfenden Worte, aber dafür umso mehr für den Gang in den Boxring." – Stolze vier Jahre ist es jetzt her, dass ich das in meiner Kritik zu "Aus dem Schatten ins Licht" von Kontra K schrieb. Jetzt sitze ich hier, höre mir seine neue Platte "Sie wollten Wasser doch kriegen Benzin" an und muss diese Aussage wohl revidieren.
Der gebürtige Berliner will mittlerweile sehr viel mehr liefern als nur die Einlaufmusik zu jedem x-beliebigen Boxkampf. So ist "Weine nicht" ein emotionaler Rundumschlag gegen die Gesellschaft, während sich der Rapper auf "Warnung" als eine Art moderner Robin Hood und Verfechter der Armen und Schwachen inszeniert. Zwar findet sich mit Songs wie "Kampfgeist 4" weiterhin mal mehr, mal weniger sinnige Phrasendrescherei zur Motivation, doch es scheint, als wolle Kontra K seine künstlerische Weiterentwicklung konstant vorantreiben. Das Soundbild ist poppiger und wirkt emotional aufgeladen, ohne aber jemals die etablierten Wertvorstellungen des Musikers zu verraten. Loyalität bildet weiterhin den Kern jedes Textes, harte Drums und laute Snares die Grundlage jedes Instrumentals. Das zahlt sich in weiten Teilen aus: Die Vielschichtigkeit der neuen Platte weiß durchaus zu unterhalten, sie trägt sich aber nicht über die gesamte Spielzeit. 20 Songs sind schlichtweg zu lang und die stark schwankende Qualität vieler Feature-Beiträge verschlimmert die Lage noch mal.
"Sie wollten Wasser doch kriegen Benzin" fängt unheimlich stark und emotional an, verliert sich gegen Ende aber in seiner zu langen Laufzeit. Vier, fünf Songs weniger hätten zu einem pointierteren Gesamtbild beigetragen. Der Weg, den Kontra K auf seinem neuen Album anstrebt, gefällt aber prinzipiell – vielleicht helfen ihm die eigenen Motivationssongs, ihn künftig noch konsequenter zu Ende zu gehen.
(Sven Aumiller)