Lieber ertrinken im Meer, statt zu baden in Pfützen.
2013 entstand um Credibil ein kleiner Hype, als dieser im Internet das kostenlose Mixtape "Deutsches Demotape" veröffentlichte, auf dem überwiegend deutschsprachige Rap-Klassiker neu interpretiert wurden. Dieser Hype gipfelte 2015 nach einer EP auf dem Debütalbum "Renæssance", nach dem es allerdings zunächst wieder still um den Künstler wurde. Nach drei Jahren meldet sich der Frankfurter nun mit seinem zweiten Album "Semikolon" zurück.
Das Semikolon gilt unter an Depressionen erkrankten Menschen als Symbol für Hoffnung. Als Satzzeichen beendet es einen solchen zwar, lässt aber zu, dass er dennoch fortgesetzt werden kann. Dies spiegelt sich auch auf Credibils Platte wider. Beim gegenwärtigen Release ist zwar eine Art musikalischer Neuanfang zu spüren, aber gleichzeitig auch keine Wendung um 180 Grad. Auf Songs wie dem Opener "Semikolon" sowie der Videosingle "Was du nicht siehst" mit MoTrip ist noch der alte Credibil zu erkennen, wie man ihn von der "Molokopf"-EP oder seinem ersten Album gewohnt ist. Der Sound ist rough und wird am besten auf "Frankfurter Schule" von Moses Pelham beschrieben: "Das' die Heimat von J. W. Goethe, wo man Liebe in die Zeilen packt und dich trotzdem tötet." Jedoch verfolgt Credibil auf etwa einem Drittel der Platte eine ganz andere Strategie. Da möchte er möglichst viel Inhalt in möglichst wenig Text unterbringen und rappt auf Beats, die man sonst eher der Afrotrap-Schiene zuordnen würde. Was zum Beispiel auf "Zero Zero" noch ziemlich chaotisch und unstrukturiert wirkt, gelingt ihm dafür auf "Vallah" hervorragend. Der Song ist zunächst – insbesondere durch den Ohrwurm-Charakter der Hook – einfach zu hören, birgt aber in seinen drei Parts eine starke Message.
Credibil vorzuwerfen, er folge mit seiner aktuellen Musik irgendwelchen Trends, würde diesem Album nicht gerecht werden. Stattdessen verleiht er seiner Diskografie einen neuen Anstrich und liefert eine erfrischende Platte, die überwiegend Spaß macht. Das "Semikolon" setzt zwar einen Strichpunkt hinter Credibils bisheriges Schaffen, lässt jedoch genug Spielraum, um dieses in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft fortzusetzen.
(Michael Collins)