Wenn es draußen langsam wieder kälter wird und sich das Jahr dem Ende neigt, blickt man selbst ja gerne mal zurück und lässt die vergangenen Tage Revue passieren. Wir möchten mit unserem diesjährigen Adventskalender einen Blick zurückwerfen – von heute bis hin zu den Anfängen von HipHop in Deutschland. Sprich: knapp ein Vierteljahrhundert deutscher Rap. Eine Szene, die Mitte der 90er unter anderem "direkt aus Rödelheim" kam, aus dem "Fenster zum Hof" kletterte, sich "vom Bordstein zur Skyline" aufschwang und "zum Glück in die Zukunft" reiste, um sich letztlich zwischen ein paar "Palmen aus Plastik" niederzulassen. Kein Element der hiesigen HipHop-Kultur dürfte in all den Jahren einen so gewaltigen Wandel, so viele Höhen und Tiefen, so viele Erfolge und Misserfolge durchlebt haben wie Rap. Genau diese Entwicklung innerhalb der letzten 24 Jahre möchten wir nun für Euch skizzieren, indem wir jedes Jahr anhand eines Albums darstellen, welches – unserer Meinung nach – nicht nur das entsprechende Veröffentlichungsjahr, sondern auch die Szene allgemein nachhaltig prägte.
1998: Absolute Beginner – Bambule
Doch ich brauch' keinen Chartzauber und den ganzen Heckmeck.
Versuch' nicht anders zu sein, als ich bin, weil das keinen Zweck hätt'!
Wer kennt es nicht? Das Hamburger Rap-Trio bestehend aus Denyo, DJMad und dem einstigen Eißfeldt aka Jan Delay publizierte am 10. November 1998 unter dem Namen Absolute Beginner das landesweit erfolgreiche Album "Bambule". Doch eigentlich waren die Jungs zu diesem Zeitpunkt keine Beginner, schon gar keiner Anfänger mehr – ihre erste Veröffentlichung lag bereits zwei Jahre zurück.
"Bambule" sollte alles ändern: Geknickt vom ausbleibenden Erfolg der ersten Platte "Flashnizm" releasten die drei Jungs dieses Mal mit Unterstützung eines Major-Labels. Buback und Universal ermöglichten es der Gruppe, einen weitaus größeren Radius an Hörern zu erfassen, sodass dieser Wechsel entscheidend mitverantwortlich für die weitere Entwicklung des Trios war. Das führte dazu, dass "Bambule" und das dazugehörige Remixalbum "Boombule" insgesamt über 250.000 Mal verkauft wurden und damit den Goldstatus erhielten. Eine bis dato eher untypische Marke für Rap hierzulande. Doch nun zum Inhalt: Die Beginner stehen für Denyos charismatisch langsamen Flow, Eizis melodisch einprägsame Hooks und Mads Gespür für die richtigen Cuts und Töne – alles veredelt durch "Arfmann an den Reglern". Denn einen echten Produzenten gab es für die Hamburger nie. Die Beats wurden größtenteils von Eißfeldt produziert, doch es war immer eine Gemeinschaftssache. So entwickelte sich eine Soundästhetik, die sich anders als ihre Vorgänger verhielt: Die Beginner waren jünger, fresher und legten mehr Wert auf Style als zum Beispiel Blumentopf oder Freundeskreis. Der Charakter der Platte besticht vor allem durch seine unglaublich harmonische Monotonie, die dem Hörer ein Gefühl der Zufriedenheit vermittelt. "Bambule" ist einfacher, ehrlicher Rap aus unverbrauchten Köpfen und noch heute eine perfekte Einstiegsplatte für all jene, die neu in diesem Genre sind.
Es ist das Album des Jahres 1998, da es nicht nur in Sachen Style und Flow einmalig ist, sondern auch die nachfolgenden Strömungen im Rapgeschäft entscheidend mitbeeinflusst hat. Mit dieser Platte entwickelten sich in Frankfurt und Berlin Gegenbewegungen, die später als deutscher Street- und Battlerap bekannt wurden und andere Interessen verfolgten. Es ist der Vibe, der "Bambule" zu einem wirklich zeitlosen Klassiker werden ließ.
(Jan Menger)
(Grafik von Daniel Fersch)