Jetzt ist Haszcara an der Reihe.
Rapper machen auf divers, dabei labern sie das Gleiche.
Der hellste Stern, den man am nächtlichen Himmel erblicken kann, ist oftmals der Polarstern – auch "Polaris" genannt. Es ist also klar, mit welcher Ambition Haszcara den Titel ihres Debütalbums aussuchte. Offenkundig soll es darum gehen, hervorzustechen, aufzufallen und alle anderen an Strahlkraft zu überbieten. Doch kann die Audiolith-Künstlerin diesen selbst gewählten Anspruch auch einlösen?
Raptechnisch jedenfalls steckt die Göttingerin viele ihrer Kollegen und Kolleginnen locker in die Tasche. Das wird schon auf dem starken Opener "Intro (Mittelfinger)" klar. Untermalt von einem relativ simpel gehaltenen Piano-Instrumental reiht sie hier mit Leichtigkeit schier endlose Reimketten aneinander. Das hohe Skill-Level wird über die gesamte Laufzeit des Albums durchgehalten und kommt besonders auf knallenden Representer-Tracks wie "Lauter Rapper" und "Überlebenskünstlerin" zum Tragen. Doch nutzt die Künstlerin Sprache nicht nur zum Battlerap-Sparring – sie hat auch etwas zu erzählen. Sie watscht Sexismus in der Szene ab oder beschäftigt sich auf Songs wie "Nachtdepression" und "Ich bin nicht hier" eingehend mit ihrer eigenen Geschichte und ihrem Innenleben. Das gelingt dank Haszcaras überzeugender Delivery meist nachvollziehbar und sogar berührend, stellenweise aber ist ihr Sprachschatz zu sehr von Floskeln geprägt, sodass sie nicht wirklich mitreißen kann. Das liegt zum Teil auch an den Beats, die recht einfach gestrickt wirken und insgesamt kaum Wiedererkennungswert besitzen.
Trotzdem liefert Haszcara mit der Platte ein ordentliches Debüt ab. Ihr Talent als Rapperin stellt sie ohne Zweifel eindrucksvoll unter Beweis. Lediglich die etwas eintönigen Instrumentals und vereinzelt erwartbaren Lyrics trüben den Eindruck etwas. Für ein helles Funkeln am Rap-Himmel aber sorgt sie mit "Polaris" allemal.
(Florian Peking)