Grad' Mitte 20, doch gehetzt, als würde ich morgen sterben.
Was ich hier nicht bin, kann ich höchstens dort noch werden.
Rassismusdebatten sind in unserer heutigen Zeit allgegenwärtig. Wer dabei häufig gar nicht gehört wird oder zu kurz kommt, sind die Betroffenen selbst – nicht zuletzt deswegen versammeln sie sich unter Hashtags wie #MeTwo, um ihren Geschichten eine Plattform zu geben. Camufingo macht das nicht. Der Rapper mit angolanischen Wurzeln lässt auf seinem Debütalbum "Ombanji" die Musik für sich sprechen.
Von Sekunde eins an berichtet er über die harte Realität, die einem schwarzen Jungen in Deutschland jeden Tag aufs Neue begegnet. Er verarbeitet hier die Erfahrungen mit Rassismus und den Umgang mit ihm als Menschen. Schnell wird die innere Zerrissenheit eines Lebens zwischen "TXL – LAD", den Flughäfen Berlins und Angolas Hauptstadt Luanda, deutlich. Camufingo zeigt dabei die unschöne Wahrheit seines Alltags auf, ohne sich jedoch in Floskeln zu verlieren. Stattdessen beschreibt er konkrete Erlebnisse, erzählt die Geschichte seines Vaters und spricht von "Heimkehr" zu den afrikanischen Wurzeln. Einfach zu verarbeiten sind all diese Erfahrungen nicht – auf 22 Songs ist man als Hörer zwar stets interessiert, aber auch schnell von der reinen Wortgewalt auf "Ombanji" erschlagen. Auch musikalisch wird man nur selten an die Hand genommen. Die sich ähnelnden Soundteppiche aus afrikanisch-anmutenden Samples und drückenden Bässen sollen eine Symbiose zwischen den Songs erzeugen, als Konsument fühlt man sich dadurch aber eher verloren. Nein, das Debütalbum des Potsdamers ist wirklich keine leichte Kost – das macht die Platte aber keinesfalls weniger wichtig oder eindrucksvoll.
"Ombanji" ist Umbundu und bedeutet "das Zeugnis". Und genau das tut Camufingo auf seinem ersten Langspieler: Zeugnis ablegen. Über die aktuelle Lage hierzulande, die Gefühlslage eines Menschen, der sich nirgendwo wirklich zuhause fühlt, und über Rassismus allgemein. Das alles bündelt der Künstler in einer äußerst wortgewaltigen Platte, die nicht nur gesellschaftliche Probleme offenlegt, sondern auch deutlich zeigt, warum wir 2018 mehr denn je solche Musik brauchen.
(Sven Aumiller)