'StRw' ist kein trashiges Tape, das ist Retro in spe.
Man kennt das doch: Ein Künstler nimmt sich einen der eigenen älteren Meilensteine und bezeichnet sein neuestes Werk als vermeintlich daran anknüpfenden Nachfolger, um so mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Mit "Schlaftabletten, Rotwein V" steht uns der nächste Teil der Mixtape-Reihe von Alligatoah ins Haus – dieses Mal im Album-Format.
Die "Schlaftabletten, Rotwein"-Tapes haben sich bisher dadurch ausgezeichnet, sowohl inhaltlich als auch musikalisch keinen roten Faden zu verfolgen. Das scheint auch hier der Fall zu sein, denn während auf den letzten Alligatoah-Alben "Triebwerke" und "Musik ist keine Lösung" vorrangig zwischenmenschliche Beziehungen oder politische Fragen behandelt wurden, finden nun viele unterschiedliche Themen Beachtung. Zum Beispiel bietet "Hass" eine Hymne für alle wütenden Autofahrer, während auf "Beinebrechen" – mit dem einzigen Gastpart des Albums von Kraftklub-Frontmann Felix Brummer – Dating-Probleme durch Smartphones angesprochen oder auf "Wie zuhause" kritisch die Auswüchse des Urlaubswahns beleuchtet werden. Bei letzterem Titel möchte man sich außerdem, zumindest vom musikalischen Aufbau her, beinahe an "Bohemian Rhapsody" erinnert fühlen. Durch das ganze Album zieht sich der gewohnt bissige Sarkasmus und auch der aufgesplittete Dreiteiler darf wie bei vorigen Releases nicht fehlen. Dieses Mal unter dem Titel "Die grüne Regenrinne", auf dem in lyrisch höchst unterhaltsamer Weise der Alkoholausflug des Vorabends rekonstruiert werden soll.
Gerade durch den betriebenen Promotion-Aufwand will sich das Album nicht so recht in die "StRw"-Reihe einfügen. Musikalisch befindet es sich zwischen "Schlaftabletten, Rotwein 4" und "Musik ist keine Lösung", wobei gerade Tracks wie "Alli-Alligatoah" oder "Meine Hoe" einem den Vorgänger aus dem Jahr 2011 ins Gedächtnis rufen. Insgesamt handelt es sich keineswegs um einen faden Pseudo-Nachfolger, sondern um einen gelungenen Kompromiss aus der alten Mixtape-Reihe und den letzten beiden großen Alben.
(Michael Collins)