"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
In Phasen von Selbstzweifeln und eher negativen Ereignissen im Leben kann der eigene Musikgeschmack folgende Tendenzen annehmen: Entweder man hört Melodien und Inhalte, welche die eigene Stimmung untermalen, oder aber man entscheidet sich für motivierende und aufheiternde Klänge. Und wenn man wie ich eher zu Letzterem neigt, ist "Guter Tag" von Chefket genau das richtige Mixtape.
Der Grund dafür liegt in der durchgehenden Balance, die Chefket auf dem Release hält. Obwohl der Grundton stehts ein fröhlicher ist, scheut sich der Mittdreißiger nicht, gleichzeitig die Schattenseiten des Lebens zu beleuchten. Begrüßt wird der Hörer dabei schon auf dem ersten Track mit "Ich bin so entspannt, nick' zur Musik" und bekommt damit den roten Faden für die nächste halbe Stunde vorgegeben. Denn ob nun Menace, Figub Brazlevič oder Chefket selbst den Beat baut: Jeder Track geht allein schon durch die Produktionen ins Ohr und schafft eine ungemeine Wohlfühlatmosphäre. Ergänzend dazu findet der Künstler mit seiner enorm soullastigen Stimme genau die richtigen Worte. Wenn man dem Berliner so lauscht, teilt man Stück für Stück seine Mentalität und sagt selbst nach nur kleinen positiven Erlebnissen ebenfalls: "Heute ist ein guter Tag." Es wird einem wieder bewusst: "Geld ist nicht alles", wenn Chefket aufzeigt, wie die Welt mit Geld aussieht und wie sie im Gegensatz dazu ohne aussehen kann. Und so vergisst man mit jeder Zeile nach und nach, was einen eigentlich bedrückt hat – und auch ich werde wieder zum "Optimist", wenn sich das Tape dem Ende neigt.
Bei dem, was Chefket mit diesem Release bereits 2013 musikalisch wie auch textlich auf die Beine gestellt hat, frage ich mich, warum er erst mit seinem nachfolgenden Album "Nachtmensch" große Aufmerksamkeit von der breiten Masse bekam. Denn "Guter Tag" ist für mich nicht nur zeitloser, sondern auch um einiges lockerer als das aktuelle Album und erhellt so auch heute noch meine Laune. Genau das ist der Grund, warum die Vinyl selbst vier Jahre später immer noch regelmäßig auf dem Plattenteller rotiert.
(Lukas Päckert)