PTK
"Und auch meine Texte retten nicht die Welt, doch mein Album reißt sein Maul auf, wenn ihm etwas nicht gefällt!" – Zeilen von seinen "100 Bars", die PTK nicht treffender beschreiben könnten. Der Bombenprodukt-Künstler fängt genau da an zu rappen, wo andere nur an der Oberfläche kratzen wollen: Religion, Politik, Gentrifizierung. Das selbsterklärte Ziel seiner Texte lässt sich dabei recht einfach fassen: Rap endlich wieder eine Message geben. Wie diese aussieht und warum viele Menschen sie falsch interpretieren, war unter anderem Thema in unserem Interview – neben etwaigen Diskussionen über Religion, politische Korrektheit und PTKs neues Album "Ungerächte Welt".
MZEE.com: Auf dem Cover deiner neuen Platte stehst du vor einer Kulisse, die du als "den krassesten Ort, den du je besucht hast" bezeichnest. Was macht diesen Ort für dich so besonders?
PTK: Ich wollte das Cover in einem sehr weiträumig wirkenden, von Menschen geschaffenen Raum machen. Das sollte dann im Kontrast zu mir und meiner Person stehen. Dann haben wir uns auf die Suche nach diesem Ort begeben, über zwei Monate lang, bis wir ihn an der holländischen Grenze gefunden haben. Was genau das ist, will ich aber noch gar nicht verraten. Wir sind jedenfalls überhaupt nicht darauf klargekommen – eigentlich hat es geregnet, doch aufgrund der Architektur hat man nicht mal das gemerkt. Dann noch die unglaubliche Akustik, dieses Hellhörige. Das hat meinen Kameramann und mich wahnsinnig geflasht. Völlig verrückt, diese 150 Meter hohen Mauern. Deshalb wollte ich unter anderem nur so klein auf dem Cover sein, um die Dimensionen zu verdeutlichen. Aber auch, weil es da nicht um mich geht, sondern um etwas viel Größeres.
MZEE.com: Du hast im Track "Wenn mein Album kommt" Ehrlichkeit als dein Alleinstellungsmerkmal betitelt. Was macht für dich denn bedingungslose Ehrlichkeit aus und wie bringst du sie in deine Songs ein?
PTK: Ich habe immer schon Musik gehört, die ich gefühlt habe. Meist über die Lyrics, weil ich das Erzählte kenne oder die Aussagen nachvollziehen kann. Ansonsten lebt vor allem HipHop für mich durch das Feeling – selbst wenn ich die Sprache nicht verstehe. Genau das habe ich auch versucht, zu schaffen: Indem ich das erzähle, was ich erlebt habe und was in meinem Kopf so passiert. Das meinte ich mit Echtheit und Ehrlichkeit. Mir geht es um die Denkanstöße und die Inhalte. Das kann man auch auf Filme oder Bücher übertragen. Ich sehe lieber eine Doku als einen belanglosen und frei erfundenen Actionfilm. Das finde ich einfach spannender. Und so gehe ich eben auch an meine Musik ran. Texte schreiben ist bei mir fast wie Tagebuch führen: Ich will Dinge auf den Punkt bringen und mir nichts ausdenken, auch wenn ich mal die ein oder andere Zeile überspitzter darstelle.
MZEE.com: Du stellst die Message über alles – eine Idee, die tief im HipHop verwurzelt ist. Wie ist denn deine Verbindung zur Szene im Allgemeinen? Hast du zu anderen HipHop-Elementen eine genauso enge Verbindung wie zum Rap?
PTK: Es ist auf jeden Fall wichtig zu wissen, wo das alles herkommt. Aber selbst wenn es nicht so wäre, würde ich Rap so nutzen. Einfach, weil das die bestmögliche Form für mich ist. Ich würde immer Inhalte vermitteln wollen. Für mich persönlich zählt der Inhalt sowieso schon als wichtige Einheit, auch im Privatleben. Ein Mensch ohne Meinung oder Haltung ist für mich todeslangweilig – und so ist das bei oberflächlicher Musik auch. Vieles davon ist auch wack und ziemlich plastisch und … (überlegt) Sorry, ich wollte nicht wieder anfangen zu haten. (lacht) Was ich sagen will: Das gibt mir halt einfach nichts. Die Inhalte verbinden mich mit HipHop. Ich sehe mich aber mehr als Künstler statt nur als Musiker. So musikalisch bin ich ja gar nicht – ich würde eher sagen, Schreiben ist meine Stärke … Wenn man das so sagen kann, ohne arrogant zu wirken. (lacht) Ich bin nicht der krasseste Rapper, hab' nicht die krasseste Stimme oder den heftigsten Flow, aber schreiben kann ich. Ansonsten bin ich leider auch kein Sprüher oder guter DJ – wobei ich Graffiti übertrieben feier'!
MZEE.com: Hast du auch eine Connection zur Graffiti-Szene?
PTK: Klar, ich will auch immer mal wieder befreundete Sprayer in Videos einbinden. Ein Kumpel von mir malt zum Beispiel keine Namen, sondern ausschließlich politische Aussagen. Das mag ich sehr gerne. Beim Video zu "Anti Turista 2" sind schon zwei Züge von ihm drin, unter anderem das Piece mit "Moneypulation". Breaker und DJs kenne ich leider kaum – ich bin froh, wenn ich Leute kennenlerne, die noch anständig scratchen können. Meinen größten Bezug hab' ich aber auf jeden Fall zu Rap und Graffiti. Solche Connections sind für mich auch immer geil für gemeinsame Projekte. Das müssen nicht immer nur Features sein, man kann ja auch auf anderen Ebenen zusammenarbeiten. Der hat mich irgendwann mal angeschrieben, als er Zeilen von mir gemalt hat. Und er hat ein wahnsinniges Talent dafür.
MZEE.com: Willst du künftig noch mehr mit Leuten aus anderen Subkulturen zusammenarbeiten?
PTK: Auf jeden Fall! Ich mag es, dass es dieses Universum um die Musik herum ergibt. Man weiß ja auch nicht, wohin die Reise genau führt und wo man sich künftig gegenseitig unterstützen kann. Ich habe das Gefühl, dass ich Leute mit Können und ähnlichen Ansichten quasi anziehe. Rap ist mir da nicht genug. Ich kann mir zum Beispiel auch vorstellen, mal ein Buch zu schreiben oder etwas Journalistisches zu machen. Da ergeben sich dann ganz andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
MZEE.com: Stell dir vor, du würdest mal ein Buch verfassen: Über welches Thema würdest du schreiben?
PTK: Ich würde auf jeden Fall nicht meine Memoiren schreiben. Im Sinne von "PTK – Das war mein Leben", das braucht keiner. (lacht) Das mache ich sowieso schon mit meiner Musik. Ich müsste also über etwas schreiben, was ich im Rap nicht verarbeiten kann. Etwas Größeres, Längeres. Das Problem ist ja: Wenn du einen Text schreibst, bist du trotz allem ein wenig befangen. Ob man sich nun relativ kurzfassen muss in einem Song, etwas auf den Punkt oder es in Reimschemata bringen muss – das sind alles Strukturen, die dir vorgegeben sind. Wenn ich jetzt etwas schreibe oder nur bei Facebook etwas poste, habe ich dieses Korsett nicht und erreiche trotzdem Leute damit. In einem Buch würde ich genau das nutzen, um meine Gedankengänge richtig auszuformulieren. Vielleicht sogar mit vielen kleinen Texten zu einem Überthema. Wobei … Ich könnte mir auch vorstellen, dass ich Gespräche mit Leuten festhalte. Ich bin der Meinung, viele interessante Menschen zu kennen und diese auch oft zu connecten. Deren Geschichten gehören ebenso erzählt. Das ist dieses Universum, von dem ich spreche.
MZEE.com: Erst an Ostern hast du dich mit einem Text auf Facebook an deine Fans gewandt. Der Post ist auf der Zeile "Der Mensch ist Gottes letzte Plage" vom Titelsong deines neuen Albums aufgebaut. Bist du ein gläubiger Mensch? Fasziniert dich Religion?
PTK: Ich dachte mir: "Wann, wenn nicht an Ostern diesen Text posten?" (lacht) Jesus ist ein spannendes Thema, mit dem ich mich durchaus befasse. Egal, ob ich das jetzt glaube oder nicht, die Message der Geschichte ist interessant. Da geht es um die komplette Aufopferung zum Wohle aller. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Die Menschheit ist so fürn Arsch – als würde ich für all diese Leute sterben wollen! Das unterscheidet mich übrigens auch von vielen Linken, die ja häufig anti Religion sind. So sehe ich das gar nicht. In meinem engen Freundeskreis finden sich zum Beispiel Atheisten wie streng gläubige Muslime gleichermaßen. Das sind wahnsinnig soziale und liebe Menschen, die mir ihre Religion auch nicht aufzwingen wollen. Wenn ich beispielsweise beim Essen dort zu Gast war, wurde vor der Mahlzeit gebetet, damit war ich natürlich automatisch Teil davon – genervt hat mich noch nie jemand mit seinem Glauben. Da merkt man: Religion an sich ist gar nicht schlimm, nur das, was die Menschen daraus machen. Deswegen hat mich das auch immer schon interessiert. Es ist krass faszinierend, dass Religion schon immer existiert hat, selbst bei den kleinsten Amazonas-Völkchen. Ich finde es allerdings ganz schwierig, zu sagen, eine Religion sei die einzig richtige. Damit stellt man sich automatisch über andere. Was richtig und falsch ist, das kann keiner hier sagen. Das funktioniert auch von der Logik her überhaupt nicht: Wenn nur eine Religion Recht hätte, kann doch der restlichen Welt nicht der Himmel verwehrt bleiben. Immerhin kann es gut sein, dass ich die "richtige" Religion nie kennengelernt habe … Aber langer Rede kurzer Sinn: Ich glaube auch an etwas, aber eher daran, dass jeder Mensch selbst für sich weiß, was richtig und falsch ist.
MZEE.com: Du glaubst also weniger an etwas Überirdisches, mehr an einen inneren Kompass?
PTK: Ja, teilweise. Ich finde, Wörter wie "Gott" oder "Universum" bis hin zu "Seele" oder "Moral" bedeuten alle irgendwie das Gleiche. Nenn es meinetwegen ein Gewissen. Du kannst beurteilen, was jetzt nicht richtig oder gar falsch ist. Du machst es vielleicht trotzdem, aber du weißt, dass es nicht korrekt ist. Viele würden jetzt sagen, dass es Erziehungssache ist, aber da bin ich nicht dabei. Wenn du ein reflektierter Mensch bist, ist es auch egal, wer deine Eltern und deine Freunde sind, du hast diese innere Stimme. Deshalb brauche ich auch kein Buch, das mir erklärt, was Glaube ist – die Kraft habe ich schon in mir.
MZEE.com: Glaubst du denn, dass das in Religionen tatsächlicher Glaube ist? Oder ist "Gott" nur die Flucht vor etwas, das man nicht wirklich versteht?
PTK: Das meine ich, ja. Es ist immer die leichteste Erklärung, zu sagen, es gäbe etwas Größeres als uns. Das werden wir leider nie erfahren, dafür sind unsere Sinne zu beschränkt. Wir sehen nicht wie andere Tiere, hören nicht wie sie, vielleicht fehlt uns dafür einfach der entsprechende Sinn. So eine Ameise hat ja auch einen viel kleineren Horizont und erfasst gar nicht, dass sie auf deiner Hand sitzt. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es Leute gibt, die wirklich keinen Glauben haben. Doch selbst die glauben ja wiederum an dieses Nichts.
MZEE.com: Ebenfalls biblisch konnotiert ist dein Track "Babylon City", benannt nach der Stadt der Sünde und Dekadenz. Wo existiert diese Stadt für dich noch heute weiter und wieso?
PTK: Na ja, um ehrlich zu sein: Mit "Babylon City" ist nichts anderes als Berlin gemeint. Ich nenne das Kind aber extra nicht beim Namen. Durch dieses fehlende Nennen kann jeder für sich selbst seine Stadt der Sünde finden und bestimmen. Die Anreize, den Song zu schreiben und die Bilder, die ich im Track beschreibe, habe ich aber alle hier eingefangen. Die einzige Referenz dazu findet sich in einer "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"-Zeile. Ansonsten ist eben jede Großstadt ein kleines Babylon. Auch wenn Stuttgart vielleicht ein bisschen weniger Sünde hat als Berlin. (lacht) Im Ernst: Überall, wo es viele Menschen gibt, gibt es Probleme. Und diese Sünde trägt der Mensch selbst in sich, das ist ja ortsunabhängig.
MZEE.com: Du spielst also eher mit dem biblischen Zusammenhang.
PTK: Ja! Ich mag das total. Solche Redensarten – auch aus der Bibel – umzufunktionieren und ihnen einen neuen Sinn zu geben. Vor allem diese Orte und Gegebenheiten aus dem Buch der Christen sind ja im alltäglichen Sprachgebrauch tief verwurzelt. Deswegen vergleiche ich auch immer Geld mit Religion, weil ich öfter sage, dass sie eben nur dieses anbeten. Und die Scheine bringen die Sünde nun in Form von Neid oder Gier mit sich.
MZEE.com: Schaut man in deine Kommentarspalten, hat man den Eindruck, dass sich die Leute mit deinen Inhalten sehr viel differenzierter auseinandersetzen als bei einem Mainstream-Rapper. Wie wichtig ist es für dich, dass deine Fans deine Texte objektiv und kritisch betrachten?
PTK: Das Problem ist, dass niemand meine Inhalte genauso verstehen kann, wie ich sie meine. Du musst nur ein Wort anders deuten und bekommst vielleicht ein ganz anderes Bild von mir. Das habe ich schon 2013 bei "Anti Turista" gemerkt. Unter dem Video habe ich genau drei verschiedene Arten von Kommentaren bekommen: "scheiß Nazi", "scheiß Zecke" und "scheiß Kanake". Für jeden bin ich etwas anderes, jeder interpretiert in meine Texte das hinein, was er möchte. Die Leute kennen mich halt nicht komplett – und das geht ja auch gar nicht.
MZEE.com: Und selbst wenn sie dich verstehen, muss ihre ja nicht mit deiner Meinung übereinstimmen.
PTK: Genau! Das ist eben der Punkt: Du kannst den Inhalt nachvollziehen, aber das bedeutet ja keinesfalls, dass du ihn gut findest. Ich gehe damit in vielen Fällen aber sehr offen um. Häufig verschrecke ich Leute, aber das sind die Leute, die ich auch gar nicht ansprechen will. Es haben sich schon Menschen bei mir gemeldet, die mir nur Gutes für meine Karriere gewünscht hätten, wenn ich "nicht so links wäre". Einer hat sich selbst eher rechts der CDU eingeordnet. Und wir haben bei Themen wie der Flüchtlingsdebatte die gleichen Probleme und Ansätze gesehen, aber sie völlig anders bewertet. Wir haben ganz andere Schlüsse gezogen und ich meinte zu ihm auch, dass ich keine Ahnung habe, wie er dann meine Musik mögen kann. Aber er zieht da wohl etwas ganz anderes heraus. Das ist alles Ansichtssache. Mir ist es aber viel wert, dass ich Leute zum Nachdenken anrege, auch wenn mich nicht alle feiern für das, was ich sage. Ich würde mich auch nicht ändern, um das zu erreichen. Ich will nur, dass meine Musik die Leute erreicht, die sich durch die Inhalte angesprochen fühlen und nicht, dass irgendwelche Nazis meine Musik hören.
MZEE.com: Willst du denn von einer breiteren Masse wahrgenommen werden?
PTK: Mich würde es krass freuen, wenn die Musik, die ich mache, mehr Leute ansprechen würde. Aber die Menschheit ist nicht so. Die will dummes Entertainment, nicht nachdenken. Die wollen Talkshow-Formate, wo irgendwer irgendwen betrogen hat und dann streiten sich beide live im Mittagsfernsehen. Da reden sie über die Dinge, bei denen du dir als intelligenter Mensch an den Kopf packst und dir wünschst, du wärst selbst so dämlich. Das beneide ich manchmal, weil unreflektierte Menschen gar nicht sehen, wie scheiße alles im Ganzen ist. Innerlich geht es denen wahrscheinlich besser.
MZEE.com: Du erhältst ja nicht nur Zustimmung. Glaubst du, die Kritik kommt von Leuten, die sowieso schon etwas gegen dich oder deine Musik haben?
PTK: Die gibt es mit Sicherheit. Ich würde jetzt aber nicht so arrogant sein, das zu behaupten. Ich glaube, da sind sehr viele Leute dabei, die gar keine Ahnung haben und mich vielleicht auch gar nicht einschätzen können. Für die kommt das dann so rüber. Die wollen vielleicht auch etwas zu meckern haben, das kenne ich zumindest aus anderen Kreisen. Ein Beispiel: Bei meiner Band waren früher auch ein paar Mädels dabei. Aktuell besteht unsere Besetzung aus sechs Männern. Bei einem Konzert in Celle neulich kam tatsächlich eine Dame an und meinte, wir seien wirklich gut, bräuchten aber unbedingt eine Frau in der Gruppe. Ich dachte zuerst, das wäre ein Angebot und habe sie gefragt, ob sie eine coole Sängerin kennt, aber da kam als Antwort nur: "Nein, ihr braucht einfach Frauen". Ja, warum haben wir keine Frau in der Band?! Warum haben wir keinen Elefanten dabei?! Es hat sich halt einfach zu dem Zeitpunkt nicht ergeben. (lacht)
MZEE.com: Wie gehst du damit um, wenn jemand deine Ansichten hinterfragen möchte? Zum Beispiel bei Themen wie der AfD oder der Flüchtlingsdebatte, bei denen du klar Stellung beziehst.
PTK: Also erst einmal kriege ich das ja offensiv mit, in Dialoge trete ich auch von mir aus. Auf Facebook zum Beispiel, wenn wieder irgendwelche Fake News verbreitet werden. Die teilen dann irgendwelche Idioten und alle hetzen gemeinsam in den Kommentaren. Dann klickst du auf die Seite und siehst eine Homepage, die auch mit Paint gebastelt werden könnte. Du siehst einfach auf den allerersten Blick, dass da nur Bullshit steht. Da habe ich wirklich täglich Leute aus meiner Freundesliste gestrichen, weil die so einen Müll gepostet haben. Ich habe dort ja auch viele Fans angenommen und ich habe keine Ahnung, wie die mit solchen Ansichten auf meine Musik gekommen sind. Vielleicht haben die "Deutscher als du glaubst" ein bisschen falsch verstanden. (lacht) Am Anfang habe ich noch versucht, mit denen zu diskutieren. Ich habe gefragt, ob sie gar nicht checken, dass das kompletter Dreck ist. Aber da kamen dann auch nur dumme Antworten zurück, deswegen lösche ich die mittlerweile direkt. Mir ist dieses "Bekehren" auch einfach zu anstrengend. Wenn du schon so denkst, dann bist du es gar nicht wert, dass ich meine Energie an dir verschwende.
MZEE.com: Die Meinungen kannst du ja auch häufig gar nicht ändern, da sind die Menschen in ihrem Weltbild zu festgefahren.
PTK: Na ja, das kann man bei mir umgekehrt ja auch nicht. Mit mir kannst du nicht reden. Ich bin in meiner Meinung komplett gefestigt, auch wenn ich nicht weiß, ob es die richtige ist. Aber in meinem Universum ist sie das eben. Das ist bei solchen Leuten dann auch so. In den seltensten Fällen kannst du ja Menschen in ihrer Meinung umswitchen, da muss einiges zusammenkommen. Meine Meinung ist halt, dass diese Flüchtlingsgegner einfach sehr unreflektiert denken und nicht das große Ganze sehen. Die suchen nur den billigsten Sündenbock. Ich finde es geil, dass es so viele verschiedene Kulturen gibt, selbst wenn du halt überall auch Arschlöcher finden kannst. Die kannst du aber nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt so viele, die aus der Not heraus hierhergekommen sind. Deren Familien vor ihren Augen erschossen wurden oder die einfach nur diese irre Fahrt übers Mittelmeer gemacht haben. Die sind zu Fuß aus Griechenland hergelaufen teilweise, das macht man ja nicht aus Spaß. Keiner tut das. Keiner verlässt gerne seine Heimat. Da muss man doch den Grund sehen. Nazis denken da viel zu verkürzt und suhlen sich lieber in Verschwörungstheorien. Die beschäftigen sich lieber damit, wie das "arme deutsche Volk" unten gehalten wird. Was denkt ihr denn, wer ihr seid? Führt die Welt nichts Besseres im Schilde, als Deutschland zu vernichten, oder was?
MZEE.com: Nachdem du eben schon deine Aktivität bei Facebook angesprochen hast: Dort liegt dein Fokus eindeutig nur auf der Musik – nichts soll vom Rap ablenken. Ist das auch eine gewisse Art "Selbstschutz"? Wie sehr willst du die Privatperson hinter PTK von der öffentlichen Wahrnehmung trennen?
PTK: Gute Frage. Natürlich erfährt niemand alles, aber in meiner Musik lasse ich schon extrem tief blicken. Bei meinem letzten Album "Typisch deutsch" haben Freunde durch die Songs Dinge erfahren, die ich ihnen nie erzählt habe. Bei Social Media ist das anders. Ich habe mir schon mal überlegt, ob ich mir so aus der Laune heraus ein Smartphone hole und jeden Tag alles poste – wo ich bin, was ich mache, wen ich weggetindert habe – einfach, um aufzuzeigen, wie hängengeblieben das alles ist. Ich weiß, dass viele Rapper diese Videoblogs krass nutzen, um ihre Reichweite zu steigern. Damit die Leute sehen, dass der ja real ist und gerade wirklich kifft, während die Polizei vorbeifährt. Vielleicht sollte ich auch mal live gehen auf einer Demo oder so. Aber ab dem Moment, in dem man den Witz erklären muss, ist er auch nicht mehr witzig.
MZEE.com: Eigentlich ein schönes Schlusswort, auch für etwaige Realness-Debatten. Aber die letzten Worte gehören dir.
PTK: Da bringst du mich jetzt noch auf was mit dem Begriff. "Realness" heißt bei den Kids heutzutage ja irgendwie nicht mehr "echt", sondern eher "cool". Aber nur, weil jemand real ist, ist er doch eigentlich nicht gleichzeitig auch ein guter Typ? Wenn jemand darüber rappt, in den Knast zu müssen, spricht das zwar für seine Echtheit, aber ist das denn automatisch cool? Mir ist nur eines krass wichtig: Egal, was für ein Mensch du bist, rapp einfach darüber, was du bist. Wobei, das ist nicht nur auf Rap bezogen: Verstell dich nicht, sondern steh zu dir. Ich hasse es, wenn Menschen so tun, als wären sie etwas anderes. So. Das ist doch ein noch schöneres Schlusswort, oder? (lacht)
(Sven Aumiller)
(Fotos von Jakob Tillman)