Kaum eine Musikszene erleichtert Newcomern den Einstieg so sehr wie die hiesige Raplandschaft. Vermutlich kennt jeder von uns diesen 14-jährigen Nachbarsjungen, der seinem Idol nacheifern möchte und heimlich im Kinderzimmer bösartige Battleparts in sein Laptop-Mikrofon flüstert, wenn Mami gerade nicht zu Hause ist. Die Motivation ist meist immer dieselbe: die Leidenschaft zum Rap und der Traum, irgendwann mal selbst an der Chartspitze zu stehen. Allerdings gibt es auch ebenjene Künstler, die nicht einmal freiwillig in die Szene eintreten, sondern von ihren Kollegen eher ins Haifischbecken geworfen werden – und sich darin am Ende pudelwohl fühlen. Zu letzterer Sorte zählt Mauli, ehemals Dirty Maulwurf: Einmal von seinen Kollegen vom Prenzlauer Berg auf die Online-Turnierszene losgelassen, hat der Berliner Blut geleckt und nach einem durchaus erfolgreichen EP-Release kürzlich mit seinem Debütalbum "Spielverderber" nachgelegt. Wir sprachen mit dem Trap-oder-Cloudrap-oder-was-auch-immer-Act ein wenig über seine musikalische Entwicklung, die Entstehung von "Spielverderber" und nervige YouTube-Kommentare.
MZEE.com: Wir würden zu Beginn des Interviews gerne über deine Single "Nix zu tun" sprechen. Darauf rappst du: "Früher war ich nicht ganz so gut, doch seit 'nem Jahr bin ich der Shit". Was macht den neuen Mauli besser als den alten Dirty Maulwurf?
Mauli: Ich wurde in diese VBT-Geschichte damals ein bisschen reingeworfen und hab' mir keine großen Hoffnungen gemacht, irgendwas zu reißen. Aber dadurch hab' ich generell angefangen zu rappen – vielleicht wäre ich ohne das VBT gar nicht dazu gekommen. Als das dann 'ne Weile gelaufen ist, dachte ich mir: Man könnte das doch auch mal richtig machen und Beats auswählen, die man selber mag, und nicht nur auf irgendwelche Free-Beats rappen. Das war die Intention, sodass ich irgendwann den aktiven Weg gegangen bin. Wenn man ins Studio geht, um Musik zu machen, macht man sich mehr Gedanken über das Ganze, weil man keine Leute vorgesetzt kriegt, gegen die man battlen muss. Dieser Prozess hat 'ne Weile gedauert. Mittlerweile weiß ich meine Intention: nämlich … (überlegt) andere Leute beleidigen. Wie im VBT. (lacht) Also hat sich nichts geändert.
MZEE.com: Das heißt, du ziehst für dich selbst auch Parallelen zwischen deiner VBT-Vergangenheit und deiner jetzigen Musik?
Mauli: Ich hätte nicht bei einem Contest mitgemacht, bei dem es nur darum gegangen wäre, wer den lustigsten Song macht oder die meisten Reime und Vergleiche zu einem Thema hat. Der Gedanke, anderen Leuten ihre Fehler aufzuzeigen, hat mir schon gefallen. Aber das ist ja keine Grundlage, um Musik zu machen. Deshalb hab' ich probiert, das einfach ein wenig einfließen zu lassen – ich glaube, es gibt nur wenige Lieder, in denen ich nicht auch über andere rede und sage, was mich an ihnen stört. Aber man differenziert halt ein bisschen und ist mehr mit dem Drumherum beschäftigt, damit alles eine Einheit ergibt.
MZEE.com: Du hast dich soundtechnisch in den letzten Jahren in einigen Richtungen ausprobiert. Hattest du für deinen aktuellen Sound musikalisch gesehen Vorbilder?
Mauli: Diese Entwicklung hängt natürlich mit der Musik zusammen, die ich gerne höre. Autotune ist immer ein Tabuthema in diesen Battlerapkreisen gewesen. Und warum sollte man sich überhaupt Gedanken über das Musikalische machen, wenn es darum geht, Leute zu beleidigen oder eine Runde im VBT weiterzukommen? Wenn man sich irgendwann ein Bild davon schafft, wie die eigene Musik klingen soll, probiert man eben ein wenig. Und dieses Autotune-Ding hat mir beim Rumprobieren total gut gefallen. Deswegen habe ich das weitergezogen und ausgefeilt. Ich wusste schon, welche Leute das richtig und welche das falsch einsetzen. Und wenn es jemand falsch eingesetzt hat, hat mich das genervt, weil das immer als Paradebeispiel genommen wurde: "Das gefällt mir nicht, weil da Autotune drauf ist …" Nein, das gefällt euch nicht, weil derjenige keine Ahnung hat, welche Tonleiter er da einstellen muss, und weil er Autotune auf die Aufnahme legt und nicht bei der Aufnahme. Das ist ja auch noch mal ein Unterschied. Wenn ich musikalische Einflüsse hatte, dann auf jeden Fall von der Zeit im Studio mit Morten und dem, was ich gehört habe: Travis Scott, Three 6 Mafia, Juicy J … Aber das hat weniger mit dem Autotune-Element zu tun als mit dem Tempo oder der Art und Weise, wie man auf solche Beats rappt.
MZEE.com: Wie hast du diese Entwicklung seit deinem ersten öffentlichkeitswirksamen Auftritt in 2013 miterlebt – gab es irgendwann einen Knackpunkt, der dir eine klare Richtung vorgegeben hat?
Mauli: Innerhalb der ersten richtigen VBT-Teilnahme 2013 kam das, als man durch das Favoritenpunkte-System nur komische Gegner bekam und ständig gesehen hat, dass wieder eine Woche ins Land zieht, in der nichts passiert. Man wusste ja vorher, dass der Gegner, den man kriegt, schlecht ist und da nichts anderes passieren wird als in der letzten Runde. (lacht) Dieses Format hat sich für mich auch abgenutzt und ich hab' irgendwann die Lust verloren, weil die Box, in der das stattfindet, relativ begrenzt ist. Ich hab' auch oft beim Schreiben gedacht: Okay, ich kann gar nicht alles sagen, was ich will, weil das dann nichts mehr mit dem Gegner zu tun hat. Ich würde sagen, es war ein schleichender Prozess, der daran festzumachen ist, dass man in diesem Konzept vom VBT limitiert ist. Das hat mich genervt. Ich wollte was anderes machen – vielleicht auch Musik, die man irgendwo live spielen kann, ohne dass einen alle angucken und fragen: "Wer ist denn Breit MC und warum beleidigst du ihn jetzt? Warum rappst du auf der Bühne drei Minuten lang über wen anderes?"
MZEE.com: Auch wenn du diese Frage wahrscheinlich sehr oft hörst, aber: Kannst du dir vorstellen, noch einmal bei einem solchen Turnierformat teilzunehmen?
Mauli: Im Moment ist das auf jeden Fall gestorben. Erstens gibt es Leute, die das von mir erwarten – das krieg' ich jeden Tag mit. Dass Leute danach fragen, ob ich da noch mal teilnehme. Allein, weil ich denen damit einen Gefallen tun würde, will ich's nicht machen. (lacht) Und zweitens reizt es mich aktuell überhaupt nicht. Wären da total viele Leute dabei, die mich anspornen würden: Wer weiß. Aber in näherer Zeit eher nicht.
MZEE.com: Verfolgst du das Turnier denn noch privat?
Mauli: Ich hab' zwischendurch ein, zwei Runden gesehen und gedacht: Das hab' ich schon mal so ähnlich gehört – viel ist nicht passiert. Das VBT hat sich für mich durch die Teilnehmer, die sich immer wiederholen, selbst kaputtgemacht. Die sich denken: "Ja gut, das gab es alles schon, aber man kann's ja noch mal aufwärmen". Da haben mir zuletzt die Innovationen gefehlt.
MZEE.com: Wie haben denn deine Rapkollegen deine Neuorientierung wahrgenommen? Können deine "Jungs vom Prenzlauer Berg" etwas mit deiner aktuellen Musik anfangen?
Mauli: Die können da viel mit anfangen … sagen sie mir zumindest immer. (lacht) Ob sie das wirklich so sehen, ist die andere Sache. Nee, Spaß … Für die ist Musik ja auch kein Fremdwort und sie haben andere Sachen, auf die sie achten. Die Texte stehen mehr im Vordergrund und scheinen ihnen zu gefallen. Dass sie auf die Beats wahrscheinlich nicht passen oder was anderes als ich machen würden, ist klar. Deswegen hab' ich auch keine Features von den Prenzlauer Berg-Leuten auf dem Album. Ich bin generell kein Freund davon, sich einzuschränken oder einen Kompromiss mit irgendwem zu finden.
MZEE.com: Reden wir mal konkreter über dein aktuelles Album "Spielverderber": Die Platte wurde komplett von Morten produziert. Wie lief der Entstehungsprozess ab?
Mauli: Natürlich war nicht der erste Beat, den wir gemacht haben, gleich auf dem Album – wir haben ein paar Sachen ausprobiert, Samples gediggt und geschaut, in welche Richtung das ungefähr gehen soll. Wir haben viel darüber geredet und uns Gedanken gemacht, waren uns aber relativ schnell einig, wie das Soundbild ungefähr zu sein hat, was rein passt und was nicht. Aber als der erste Beat fertig war, sind alle folgenden elf Songs auf dem Album gelandet. Es war nicht so, dass wir 30 Songs gemacht und die, die ähnlich klingen, aufs Album gepackt haben. Wir haben uns erst überlegt, wie's klingen soll, und mit diesem Bild vor Augen dann probiert, das Ganze umzusetzen.
MZEE.com: Wie lange hat dieser Prozess ungefähr angedauert?
Mauli: Der erste Beat war am 6. Dezember fertig und Masterabgabe hatten wir, glaube ich, am 12. April … also vier Monate. Ich bin nicht so der Freund von "Parts am Stück schreiben". Ich lauf' rum, schreib' was auf und irgendwann sitz' ich dann mit Morten da, wir machen einen Beat und ich puzzle das irgendwie so zusammen, wie es Sinn ergibt. Aber ich geh' jetzt nicht ins Studio und schreib' dann einen Text. Das kann ich nicht.
MZEE.com: Das Album musste mehrfach verschoben werden – letztlich habt ihr die Platte komplett in Eigenregie veröffentlicht. Was war der ursprüngliche Plan und warum ist es dann so gelaufen?
Mauli: Der ursprüngliche Plan war, das Album über Groove Attack rauszubringen. Der ur-ursprüngliche Plan war aber auch, es selber rauszubringen, weil wir das bei der EP auch schon gemacht hatten. (lacht) Da haben wir auch eine kleine Auflage gepresst und selbst verkauft. Das war relativ unkompliziert und hat fast zu leicht gewirkt. Wir dachten uns: "Wenn es so einfach ist, Musik rauszubringen, ist jetzt wohl der nächst größere Schritt dran." Das war irgendwie logisch und es kam auch von allen Seiten die Bestätigung dafür. Aber dadurch, dass Groove Attack alle möglichen Artists rausbringt, hat man als Newcomer keine Priorität und das mussten wir schleichend merken. Die sagen einem nicht: "Wir arbeiten beim nächsten Projekt zusammen", sondern: "Vielleicht kommt das Album doch ein bisschen später, dann haben wir noch etwas Vorlauf und können mehr für die Chartposition erwirken". Und du denkst dir: "Wenn's sich lohnt, okay". Dann ist der nächste Termin aber auch ganz schön knapp geworden und die Wochen sind wieder ins Land gegangen. Dann hieß es: "Wollen wir nicht noch ein bisschen Vorlauf haben und das ganze Ende August rausbringen … ?" Und als sie es Ende August noch mal verschieben wollten, haben wir gesagt: "Ganz ehrlich, schickt uns die CDs zu, was ist eigentlich euer scheiß Problem?!" Bis wir die dann hatten, sind auch wieder Wochen vergangen. Ich weiß nicht … Diese Vertriebsatzen scheinen von Montag bis Donnerstag die Eier zu schaukeln und am Freitag schreiben sie dann: "Ist ja auch schon wieder fast Wochenende, wir quatschen mal nächsten Montag". Das Album ist im Prinzip an dem Tag rausgekommen, an dem wir die CDs hatten. Irgendwann ging es nur noch darum, das Album rauszubringen, weil es, wie gesagt, schon im April fertig war und ich keinen Grund gesehen habe, das noch weiter rumliegen zu lassen. Ich hör' das selbst jeden zweiten Tag und wenn man irgendwann die tausendste Wiedergabe hat, denkt man sich auch: "Warum ist das nicht längst draußen und warum kennt das noch keiner?" In erster Linie war dieser Verschiebungsprozess ein Kommunikationsproblem zwischen dem Vertrieb und uns, aber im Endeffekt ist es sowieso am besten, wenn man's selbst rausbringt, weil wir durch dieses ganze Verschieben selbst gemerkt haben, wie viel man an allen Ecken abgibt, wenn man im Media Markt steht und eine Woche lang Top 20 ist. Dieses Konzept von der Musikindustrie macht für mich keinen Sinn. Dass wir in einer Zeit, in der jeder zweite Typ chartet, auf Charts produzieren. Da hab' ich nicht so den Anreiz gesehen, soviele Prozente abzugeben, nur um posten zu können, dass man Top 20 gegangen ist. Das macht sich bestimmt an manchen Stellen ganz gut, wenn man so eine Chartposition vorzuweisen hat, aber wenn's daran scheitert, soll es eben daran scheitern.
MZEE.com: Bist du jemand, der sehr ungeduldig darauf wartet, Leuten neue Musik von sich präsentieren zu können?
Mauli: Anfangs war ich das auf jeden Fall. Da hatte ich diese Einstellung: "Wieso kennt das noch keiner?! Das müssen alle kennen, das ist viel zu krass!" Aber irgendwann sitzt man dann so lange rum, dass man sich schon gar nicht mehr darauf freuen kann, dass es rauskommt, weil's einem selbst fast auf die Nerven geht. (lacht) Dann denkt man sich, man könnte schon wieder was Neues machen oder noch mal was verändern – nur ist das Master dann schon abgegeben. Deswegen hab' ich mir für die Zukunft auch vorgenommen, Sachen dann rauszubringen, wenn sie fertig sind.
MZEE.com: Ihr habt bei "Spielverderber" auch den kompletten Versandhandel alleine abgewickelt?
Mauli: Ja. Wir hatten erst die Illusion, dass Boxen fertig gepackt sind, wenn wir sie bestellen. (lacht) Es kam alles einzeln an und wir durften erst einmal alle Boxen packen. Bei einer Poststation im Supermarkt und einem kleinen Solarium, das Hermes-Päckchen annimmt, haben wir dann die CDs und Boxen abgegeben. Die haben auch ganz schön gestaunt, als wir da mit Autos voller Pakete ankamen. (lacht) Aber irgendwer muss es ja machen – und dann haben wir's halt selber gemacht, bevor wir 20 Prozent an einen Vertrieb abgeben, damit er Pakete packt. Es gibt auch schlimmere Sachen als Zeuge seiner eigenen Arbeit zu sein und zu sehen, wie viele Leute die CD bestellt haben. Das hat sich zwar aus der Not heraus ergeben, aber als bestes System für die Zukunft erwiesen und wir werden an diesen Strukturen festhalten.
MZEE.com: Wenn du die aktuelle Platte mit "Trap braucht kein Abitur" vergleichst – was ist der größte Unterschied?
Mauli: (überlegt) Ich würde sagen, dass sich mein Leben bei der EP noch nicht so sehr auf Musik ausgerichtet hat. Ich war schon viele Wochen im Studio, aber beim Album war das kein Spaß mehr – da war ich jeden Tag dort und hab' da teilweise geschlafen. (lacht) Wenn ich alleine war, hab' ich noch irgendwelche Kleinigkeiten eingebaut oder am Beat gefeilt, Effekte ausprobiert und sowas. Das war ein fortlaufender Prozess. Es gab weniger Pausen in der Produktion und das macht sich, glaube ich, bemerkbar: Je mehr Arbeit man in ein Projekt steckt, desto mehr Kleinigkeiten gibt es zu entdecken.
MZEE.com: Wo würdest du dich aktuell soundtechnisch einordnen? Im Trap- oder eher im Cloudrap-Bereich?
Mauli: (lacht) Hätte ich das Wort "Trap" damals nicht in den EP-Titel gepackt, hätte diese ganze Generationen-Diskussion vermutlich mit anderen als mit mir stattgefunden und sich rein auf die Money Boy-Ecke beschränkt. Das hab' ich aber relativ bewusst gemacht, um mich auf die Map zu setzen, wenn dieses Wort verwendet wird … gute Frage. Ich hab' mir darüber keine Gedanken gemacht. Es kann bestimmt Cloudrap sein, aber ich bin kein Freund von diesen Schubladenbegriffen und deswegen hab' ich mich damit nie wirklich befasst. Ich hab' nie "Trapmusik" oder "Cloudrap" gegooglet und geguckt, was da so kommt. Ich würde mich auf jeden Fall nicht in die Yung Lean-Ecke stellen. Aber das ist ja auch egal. Ich finde, ich bin relativ mainstreamig – beziehungsweise ist das der Mainstream, von dem ich mir vorstelle, wie er sein sollte. Wenn Leute sagen, dass das kein Rap oder Trap oder New School oder Cloudrap ist – dann ist das auch okay. Da kann ich sehr gut mit leben.
MZEE.com: Am Anfang deiner Video-Single "Mauli Pt. 2" hast du ein Zitat von Oscar Wilde eingeblendet: "Das Leben ist nicht gerecht und für die meisten von uns ist das gut so". Inwiefern denkst du, dass dieses Zitat auf dich zutrifft?
Mauli: (lacht) Ich finde, dass dieses Prinzip von grundlosem Rumpöbeln darin zu erkennen ist. Ich beleidige jetzt aber niemanden, weil ich mich an ihm hochziehen will, sondern glaube, dass diejenigen, die das betrifft, einfach Hilfe nötig haben oder zurechtgewiesen werden sollten. Dieses Zitat ist einfach die Wahrheit, weil sich Leute total schnell mit Sachen zufrieden geben oder von der Bestätigung anderer abhängig machen und nicht von der eigenen. Vielleicht sind manche Leute auch sehr schnell zufrieden. Aber dann darf man sich auch nicht angegriffen fühlen. Das ist zumindest meine Interpretation davon.
MZEE.com: Bist du tatsächlich so belesen, wie du damit zeigen möchtest, oder hast du das Zitat gegooglet?
Mauli: Ich weiß nicht, wo ich das gelesen habe, aber es war auf jeden Fall schon als Zitat gekennzeichnet. Es ist jetzt nicht so, dass ich mir die Oscar Wilde-Biografie durchgelesen habe. (lacht) Ich bin relativ ungeduldig, was das Lesen angeht. Ich verfalle total schnell ins Überfliegen, weil es mir nicht schnell genug geht, wie die Wörter in meinen Kopf kommen. Ich hör' mir eher Hörbücher an. Ich bin jetzt nicht so der Literatur-Typ, weil ich dafür viel zu viel ADHS hab' und nicht die Ruhe finde, mir ein Buch durchzulesen. Aber vielleicht später, wenn ich erwachsen bin … und groß. (lacht)
MZEE.com: Ist das ein Ziel?
Mauli: Für mich persönlich ist es ein Bedürfnis, mich mit Wissen auseinanderzusetzen. Auch wenn man nicht alles für bare Münze nehmen muss, was erzählt wird – man kann sich sein eigenes Bild zusammenstellen und je mehr Input man hat, umso klarer wird das Bild, das man von sich selbst und der Welt bekommt. Deswegen habe ich auf jeden Fall großes Interesse daran, mich mit Literatur auseinanderzusetzen, bin aber eben auch viel zu ungeduldig, um zu lesen.
MZEE.com: Gerade jemandem, der aus der Online-Battle-Rapszene stammt, dürften bösartige YouTube-Kommentare nicht fremd sein. Was sind denn die drei nervigsten, die du immer wieder lesen musst?
Mauli: Boah, das ist geil! Darf ich kurz ein paar raussuchen?
MZEE.com: Du darfst sie an dieser Stelle auch gerne beantworten.
Mauli: Geil! (lacht) Warte … (sucht nach Kommentaren) Okay, der Klassiker ist natürlich die Diskussion, ob das jetzt Trap oder Cloud ist. Die geht mir richtig auf den Zünder und die ist auch wirklich immer dabei. Diskussionen unter Videos sind sowieso herrlich, wenn sich Leute gegenseitig in den Kommentaren totargumentieren und es gar keinen interessiert, wer gewinnt. Es gewinnt der, der am Ende aufhört zu schreiben. (lacht) Dann ist natürlich der geilste Kommentar immer, dass ich total zu Unrecht gegen GeOT geflogen bin. Wie kann man zwei Jahre später immer noch darüber reden?! Ich glaube, das ist auch immer der Gleiche, der das schreibt und der daraus irgendwann mal einen Running Gag gemacht hat. (lacht) Und dann natürlich die Leute, die immer inspizieren, woher man jetzt welche Einflüsse hat und wen man alles nachmacht.
MZEE.com: Ist dir schon vorgeworfen worden, dass du jemanden kopierst, der wirklich überhaupt nichts mit dir zu tun hat?
Mauli: Shindy hab' ich ein, zwei Mal gelesen, aber das ist schon eine Weile her. Das war zu "Trap brauch kein Abitur"-Zeiten, da hab' ich mir auf jeden Fall gedacht: Was hat Shindy erfunden, was ich jetzt nachmache? (liest weiter) "Ist das jetzt eigentlich Cloudrap oder Trap?" Die besten Leute! (lacht) A$AP Rocky … der interessiert mich jetzt auch nicht so krass, ehrlich gesagt. Von dem höre ich mir Sachen an, aber ziehe mir nichts von raus. Oh, noch mal zur Frage mit den schlimmsten Kommentaren. Der schlimmste ist, wenn Leute schreiben: "Spielt es mal in 1,25-facher Geschwindigkeit ab, dann ist das richtig geil". Das sind Leute, die nichts verstanden haben! Umso langsamer es wird, umso geiler ist es. Es kann gar nicht langsam genug sein. Leute, die schreiben, dass man sich das mal schneller geben sollte, sind eigentlich noch schlimmer als die, die nur plump beleidigen wollen. Das ist die eigentliche Beleidigung: "Spiel es mal schneller ab als es gemeint ist".
MZEE.com: Zum Abschluss würden wir gerne noch etwas über dein Verhältnis zu MC Rene wissen.
Mauli: Wir hatten neulich einen Auftritt in Hamburg und eigentlich verabredet, dass er zu uns kommt und ein bisschen preacht. Aber er ist dann nicht ans Handy gegangen. Wahrscheinlich war er zu müde oder zu alt, ich weiß es nicht. (lacht) Nein Quatsch, er war wohl zu müde. Aber wir schreiben ab und zu und lachen. Ich bin durchaus gut auf ihn zu sprechen und er, glaube ich, auch auf mich – und darauf kommt's an. Ich hab' ihm gegenüber gute Gefühle.
MZEE.com: Die letzten Worte gehören dir – wenn du unseren Lesern noch etwas mitteilen möchtest, hast du jetzt die Gelegenheit dazu.
Mauli: Lasst Euch nichts erzählen – das ist wahrscheinlich das Wichtigste. Wenn etwas für Euch keinen Sinn ergibt, macht es keinen Sinn.
(Florence Bader & Pascal Ambros)
(Fotos von Rob Vegas)