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Kritik

Romano – Jenseits von Köpenick

Ich bin der gei­le Hei­ler, geil wie ein Keiler.
Rott­wei­ler in Nylon – der Küsschenverteiler.

Auch wenn der­ar­ti­ge Begrif­fe heut­zu­ta­ge viel zu oft und ger­ne ver­wen­det wer­den: Roma­no ist defi­ni­tiv ein Phä­no­men. Seit ich mich mit dem eins­ti­gen Schla­ger­sän­ger befas­se, wan­ke ich stets zwi­schen Fas­sungs­lo­sig­keit und Fas­zi­na­ti­on. Schon bei mei­nem ers­ten Kon­takt mit ihm – einem YouTube-​Video – setz­te sofort der Money Boy-​Effekt ein: Das, was man da sieht und hört, wirkt gera­de­zu grau­en­haft, den­noch schafft man es ein­fach nicht, den Tab zu schlie­ßen. Und auch nach dem Video wuss­te ich nur, dass der Köpe­ni­cker Bru­der Win­ne­tous sämt­li­che Leu­te per "Klaps auf den Po" begrüßt. Doch was noch viel schlim­mer war: Es woll­te mir par­tout nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Denn die gro­ße Stär­ke Roma­nos sind Ohr­wür­mer. So gut wie jeder Track des Albums "Jen­seits von Köpe­nick" hängt zumin­dest für ein paar Stun­den im Gehör­gang. Mühe­los münzt der bezopf­te Rap­per das Prin­zip eines Schla­gers auf sei­nen neu­en Stil um und gene­riert so einen Sound, bei dem der Text zunächst völ­lig zweit­ran­gig wirkt und allein Pho­ne­tik und Klang­bild zäh­len. Mit sanf­ter Erzäh­ler­stim­me säu­selt und singt Roma­no sich durch schril­le, kleb­ri­ge Synthie-​Pop-​Beats mit har­ten und här­te­ren Drums. Erst wenn man die Hooks zum drit­ten Mal vor sich hin summt, kommt die Fra­ge auf, wovon Roma­no da über­haupt erzählt. Denn auch the­ma­tisch bleibt das Gan­ze voll­kom­men skur­ril. Der Köpe­ni­cker redet in einem Atem­zug von der gro­ßen Tinder-​Liebe ("Roma­no & Julia"), bise­xu­el­len Erleb­nis­sen im Zug ("Sex­train") und vom Kampf gegen den Kapi­ta­lis­mus ("Brenn die Bank ab").

In all der Ver­wir­rung, die Roma­no hin­ter­lässt, muss man sich letzt­lich doch ent­schei­den, was man von dem Gan­zen hal­ten soll. Fas­zi­na­ti­on oder Fas­sungs­lo­sig­keit? In mei­nem Fall ist es die Fas­zi­na­ti­on. Natür­lich kann man bei Roma­no nicht die gewohn­ten Maß­stä­be anle­gen – aus­ge­feil­te Rap­t­ech­nik und Kre­di­bi­li­tät sucht man ver­ge­bens –, aber den­noch hat "Jen­seits von Köpe­nick" einen absur­den Schlager-​Charme, dem man sich ein­fach nicht ent­zie­hen kann. Ein ech­tes Phä­no­men eben.

(Dani­el Fersch)

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