"Okay – was habe ich verpasst?" Eine Frage, der wohl jeder von uns schon einmal begegnet ist. Egal, ob man sie selbst gestellt hat oder mit ihr konfrontiert wurde. Manchmal kommt einfach der Zeitpunkt, an dem man sich vor allem eines wünscht: "Bringt mich doch mal auf den neuesten Stand!" Doch wie antwortet man darauf? Was hält man für besonders erwähnenswert? Es ist schwer, eine kurze, aber vollständige Antwort darauf zu finden. Wie misst man überhaupt Relevanz? An medialem Hype? Am Überraschungsfaktor? Oder doch an dem musikalischen Anspruch? In "Hört, hört!" geht es um das alles, reduziert auf zwei Veröffentlichungen. Ein Release, das vor allem im Untergrund auf Zuspruch gestoßen ist, und eines, das in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Zwei Werke, die wir nicht unbedingt gut finden müssen, aber eine gewisse Relevanz oder eine Bedeutung jeglicher Art für die hiesige Raplandschaft besitzen. Zwei Werke, die am Ende des Monats vor allem eines aussagen: "Hört, hört! Genau das habt ihr verpasst!"
Credibil – Molokopf
"Deutschraps Zukunft". Zwei Worte, die vor über zwei Jahren das Leben Credibils verändern sollten. Zwei Worte, die ihn das erste Mal wirklich auf die Bildfläche der Raplandschaft holten. Denn diese zwei Worte – dieser Ritterschlag – sollten von niemand Geringerem als dem "King of Rap" Kool Savas persönlich stammen. Doch was passierte seitdem?
Ehrlich gesagt: genug. Der Frankfurter konnte seine ersten größeren Auftritte, sowohl auf Konzerten als auch auf Festivals, als Support- und Main-Act verbuchen. Es gab eine stetig ansteigende und durchweg positive Resonanz auf sein "Deutsches Demotape". Und auch Kontakte zu Größen der Szene, die den MC aus Frankfurt-Bockenheim seit jeher inspirierten, wurden geschaffen. All diese Schritte führten unweigerlich zu neuem Output – einem Aperitif für ein in der Zukunft liegendes Debütalbum. Ein Aperitif namens "Molokopf". Hierbei trifft Ästhethik auf raue Melancholie und eine Sichtweise, die gerne über den Tellerrand hinausgeht. Unterlegt mit einer mitreißenden Instrumentierung und präsentiert in teils wahnwitzigen Flow-Pattern, die ein durchwegs rundes Gesamtwerk schaffen.
Ob sich diese EP und der dargebotene Werdegang nun insofern abheben, als dass Credibil als "Deutschraps Zukunft" tituliert werden kann, sei noch dahingestellt. Aber vielleicht stellt das "noch" auch die größte Frage dar. Die Zeit wird zeigen, wie der junge Bockenheimer sein Talent nutzen wird. Aktuell ist er auf dem besten Weg zum mehr als verdienten Erfolg.
(Lukas Maier)
Kontra K – Aus dem Schatten ins Licht
Kontra K ist wohl das aktuellste Beispiel dafür, dass Zielstrebigkeit und Durchsetzungsvermögen irgendwann immer auf die sonnige Seite des Lebens führen. Der Berliner, dessen aktuelle Auskopplungen bei bis zu drei Millionen Klicks stehen, genießt nicht nur einen Hype, der ihm schon seit Jahren zusteht. Auch musikalisch wirkt der Künstler angekommen wie nie. Seine ganz eigene Sparte hat er nach anfänglichen Ausflügen in Richtung Gangsterrap sowie Experimenten im Dubstep-Bereich gefunden. Nach eigener Aussage versucht er, "den Hörer auf den Sportfilm zu bringen" – und das macht er so erfolgreich wie kein anderer im noch jungen Jahr. Die Energie, den Enthusiasmus und die Motivation von Kontra K versteht man ausschließlich im richtigen Gemütszustand komplett. Und den erlangt man nun einmal im Boxring, auf der Hantelbank oder in den passenden Laufschuhen auf der Aschebahn.
"Erst im Grenzbereich lernt man sich kennen" ("Kampfgeist 2") ist dabei eine zunächst einfache Phrase, die vom Rapper auch nur ganz beiläufig erwähnt wird. Dennoch ist sie lyrisch eine der Perlen auf "Aus dem Schatten ins Licht". So kurz und prägnant auf das Minimum heruntergebrochen, fasst sie dennoch ein ganzes Album, ja, beinahe einen ganzen Lifestyle zusammen. Nicht nur den des Kontra K, sondern den eines jeden Sportsüchtigen.
Daher wurde auch genau diese Line auserkoren, um unsere Kritik zum vierten Soloalbum Kontra Ks zu eröffnen. Darin wird erläutert, warum "Aus dem Schatten ins Licht" zwar genauso funktioniert, wie es sollte, aber (noch) nicht zu mehr taugt. Dennoch kann man sagen, dass mit dieser Platte einer der verheißungsvollsten Rapper der nächsten Jahre endlich angekommen scheint.
(Sven Aumiller)