Auf der Jagd nach dem, was man selbst nicht sehen kann …
Der erste Eindruck entscheidet deutlich mehr, als man es sich in einem so vielseitigen Musikgenre wie Rap eigentlich wünschen würde. Häufig sind die anfangs erklingenden Töne ausschlaggebend dafür, ob man weiterhören will oder nicht. Bei Chima Ede sollte man jedoch den zweiten Ton entscheiden lassen.
Auf den ersten Blick wirkt der Rapper aus Berlin-Wedding wie einer von vielen: Er kreiert einen chilligen Sound – in Bridge und Hook häufig gesanglastig und alles auf ein stimmiges Gesamtprodukt fixiert. So scheint "Lebenslust" perfekt geeignet für den Nachmittag im Garten, um leise auf dem iPod nebenbei zu laufen, während man die Sonne genießt. Doch viel mehr als der ästhetische Sound scheint die erste EP des Rappers einem nicht zu geben. Von Delivery oder geschweige denn textlichem Anspruch ist kein Funke zu sehen, nicht eine Zeile kann sich im Kopf festsetzen. Doch der Mann, der das "Herz auf der Zunge trägt wie ein Kannibale" ("Ich bin frei") hat eigentlich eine Menge mehr zu sagen. Leider kommt durch die oft gehetzt wirkende Rap-Art einfach wenig beim Hörer an. Kaum hat man eine Zeile wirklich verarbeitet, ist der Rapper schon zwei Metaphern weitergesprungen und erzählt etwas komplett anderes. Viel zu hektisch für ein so ruhiges Soundbild.
Stringente Themensongs wie "Nikotin", auf dem er von der Abhängigkeit erzählt, sucht man meist vergebens. Wirklich zielfolgend ist hier nur eins: Die leicht melancholisch angehauchte Grundmelodie, versehen mit verschiedensten Einflüssen und Samples aus allen Genres. So ruhig und stimmig wirkt die gesamte Untermalung, dass kaum ein schöner Moment dem Kitsch weichen muss. Wer also 30 Minuten Zeit hat, um den Kopf frei zu kriegen, wird an Chima Edes "Lebenslust" helle Freude haben, denn hier spricht die Musik selbst mehr für den Rapper als er.
(Sven Aumiller)