Monat für Monat bringt die deutsche Rapszene mehr Releases hervor, als ein einzelner Mensch überhaupt hören kann. Auch uns als Redaktion geht es da nicht anders. So fallen bei der Flut an Neuerscheinungen immer wieder Werke unter den Tisch, denen man liebend gern noch seine Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Letzteres möchten wir hiermit machen und Euch genau die Platten näherbringen, die ansonsten vielleicht nicht so sehr im Fokus stehen. Kurz und knapp vorgestellt am Ende jedes Monats, sind diese Werke "Last but released".
Supreme.Frost & !llflow – Noch Rap?
"Back zu den Zielen, ich mach' Rap, den ich liebe. Und ich lass' mir die Kultur auch von dem Rest nicht vermiesen." Auch wenn !llflow sich in dieser Zeile – wie auf etlichen weiteren seiner EP "Noch Rap?" – auf den von ihm verachteten kontemporären Sound à la Trap und Cloud Rap bezieht, ist es hauptsächlich er selbst, der offenbar anderen ihre Lieblingsmusik vermiesen will. Fernab von jeglicher Beachtung neuer und aktueller Sounds klingt er auf amtlichen, doch leicht angestaubten Boom bap-Beats von Supreme.Frost wie ein Ewiggestriger. Aus technischer Sicht ist !llflow sicherlich nicht der Schlechteste. Wer 2018 allerdings nicht nur größtenteils Rap über Rap macht, sondern auch noch hauptsächlich darüber, wie scheiße dieser doch geworden ist, der ist entweder übertrieben konservativ oder schlecht informiert – vor allem aber äußerst unkreativ.
Otto Normal – Wieder wir
Entgegen ihres Namens bieten Otto Normal ein Soundbild, das so gar nichts mit üblichen Normen zu tun hat. Die fünf Freiburger verschreiben sich einer Synergie aus Deutschrap und Pop, die sie mit einer Art orchestraler Aufmachung untermalen. Thematisch bleibt man dabei häufig in pathosreichen Bildern über Liebe und der Kritik an selbiger. Ab und an ist das zwar ein wenig zu kitschig, doch über weite Strecken zeigt der Frontmann sein Talent für clevere Metaphern zu schwierigen Thematiken. Dabei bindet man auch Feature-Gäste wie Chakuza oder Nico Suave mehr als passend ein. So verfügt das dritte Studio-Album "Wieder wir" über ein Gesamtkonzept, das es in dieser Form vielleicht nur selten in der hiesigen Musiklandschaft gibt – und so können Otto Normal mit ihrer Musik abseits üblicher Rap-Dogmen überzeugen.
Jesen – Zwei Punkt Null
"Jesen? Der von damals? Von 'Der neue Westen'?" – Die meisten, die von der neuen EP des Düsseldorfers gehört haben, dürften sich das Gleiche gefragt haben wie ich. Und ja, genau der Jesen, der mit seiner Crew schon vor über zehn Jahren bei "Feuer über Deutschland" aktiv war, ist wieder da. Passend dazu ist auch "Zwei Punkt Null" mit jeder Menge Nostalgie beladen, erinnert der Sound doch auf sehr charmante Art an Rap von vor ein paar Jahren. Sowohl hinsichtlich der Beatauswahl als auch der Technik scheint Jesen dem aktuellen Status quo hier etwas hinterherzuhinken. Störend ist dies aber keineswegs. Im Gegenteil: Genau dieser leicht rückständig anmutende Stil macht die kurzweilige EP so unterhaltsam und leicht verdaulich. Der Neue Westen ganz nach alter Schule.
(Steffen Bauer, Sven Aumiller, Daniel Fersch)