Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Sieht man sich deine Diskografie an, fällt sofort auf, dass du von Maeckes & Plan B über Kollegah & Farid Bang bis hin zu Lakman & Plusmacher bereits mit den unterschiedlichsten Künstlern gearbeitet hast. Dementsprechend fallen auch die Produktionen teils sehr unterschiedlich aus. Wenn du nur einen deiner Beats hättest, um jemandem deine Musik zu präsentieren, welcher Beat wäre das? Warum gerade dieser?
Rooq: "Masta" von Olexesh. Der Beat repräsentiert genau das, was ich ständig versuche: geile, düstere Samples auf moderne Art und Weise zu choppen und mit Drums zu unterlegen, die möglichst gut zu mir und meiner Vorstellung von Rap-Drums passen. Ich versuche ständig, mir aus den aktuellen Entwicklungen die Elemente abzuschauen, die meinen Style weiter nach vorne bringen, anstatt stumpf einfach den einen, neuen Style zu kopieren. Das kann man machen und das machen einige auch verdammt gut – viel besser, als ich es könnte … Mein Augenmerk liegt aber eher darauf, meinen eigenen Style weiter auszubauen. Ich finde, man sollte nicht stehenbleiben in der Entwicklung. Aber man sollte genauso wenig auf einen eigenen Style verzichten, nur weil die Kunden momentan zum Beispiel einfach nur Kopien von Drake-Beats haben wollen.
MZEE.com: Vor Kurzem hast du auf Facebook den Chatverlauf zwischen dir und einem Rapper veröffentlicht, durch den du zeigen wolltest, wie einige rappende Künstler mit ihren produzierenden Kollegen umgehen. Hast du das Gefühl, dass Rapper im Allgemeinen die Arbeit ihrer Producer zu schätzen wissen?
Rooq: Die Antwort kennt wahrscheinlich jeder schon: natürlich nicht. Ich habe darüber einen Artikel verfasst, den eure Kollegen von rap.de freundlicherweise veröffentlicht haben. Ergänzend dazu kann ich nur sagen, dass es durchaus Rapper gibt, mit denen das Geschäftliche gut läuft. Und es sind definitiv nicht alle scheiße. Aber gerade im Straßenbereich gibt es halt viele Rapper, die sich in ihrer Musik mit tollen, groß klingenden Attributen wie "ehrenvoll", "grade" et cetera schmücken, im wahren Leben aber das exakte Gegenteil davon sind. Dú Maroc ist mein allerliebstes Beispiel dafür. Um aber auf den Punkt zurückzukommen: Ich kann da nur für mich sprechen. In meinem direkten Umfeld wissen die Leute, mit denen ich arbeite, meine Arbeit zu schätzen und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Alles, was darüber hinausgeht, versuche ich mit ausreichend Distanz und als reines Geschäft zu betrachten. Damit fährt man meiner Erfahrung nach am besten.
MZEE.com: Du baust nicht nur Beats für die deutsche und englische Rapszene, sondern hast beispielsweise auch schon bei diversen, namhaften Hörbüchern die Finger im Spiel gehabt. Glaubst du, dass du eines Tages zu alt bist fürs Producing in Sachen Rap und dich dann nur noch "erwachseneren" Genres widmest?
Rooq: Ich werde Rap niemals komplett aufgeben. Dafür hängt mein Herz viel zu sehr an dieser Musik. Ich schaue sehr gerne über den großen Teich und sehe da mit Freude, dass die Leute, die nicht nur Musik für pubertierende Jugendliche machen, durchaus mit zu den größten und bekanntesten Künstlern gehören. J. Cole, Kendrick Lamar, Big K.R.I.T. und viele andere, die in den USA für "erwachsenen" Rap stehen, der sich hoffentlich auch hier etablieren wird. Hierzulande gibt es ja auch jetzt schon sehr viele Rapper, die nicht nur Jugendliche ansprechen. Rap sollte um Gottes willen nicht nur erwachsen sein, aber es ist schön zu wissen, dass er es sein kann. Außerdem kommt dazu, dass ich ja zum Glück hinter den Kulissen arbeite. Mein Erfolg ist nicht abhängig von äußerlichen Attributen.
MZEE.com: Vor einiger Zeit hast du das Beattape "Deceleration Unrapped" veröffentlicht, auf dem Titel wie "4eva trapped", "Mississippi Mud" oder "Highlights and Jetstreams" zu finden sind. Wie kommst du auf die teils doch ungewöhnlichen Namen für deine Beats?
Rooq: Na ja, bei zwei der drei von dir genannten Beispiele sind Vocalsamples in den Hooks, die eben über "Mississippi Mud" und "Highlights and Jetstreams" singen. Da hat sich das direkt angeboten. Ansonsten mach' ich mir da aber tatsächlich so meine Gedanken. Es ist schon des Öfteren vorgekommen, dass Rapper sich durch den Titel des Beats inspirieren lassen haben. "Orchestrator" von Savas und Ercandize zum Beispiel. Der Beat hieß bei mir auch schon "Orchestrator". Der "Masta"-Beat von Olexesh hieß bei mir ursprünglich "Maestro". Ich versuche, bei der Namensvergabe ein Wort oder eine Wortkombination zu finden, die dem Gefühl des Beats entspricht – und hoffe, dem Rapper damit eventuell einen Anstoß für seine eigene Kreativität zu geben. Ganz viele Titel haben natürlich im Endeffekt nichts mehr mit dem Beatnamen zu tun, aber ich finde eine eigene Titelvergabe trotzdem kreativer, als die Beats nur mit dem Datum zu versehen.
MZEE.com: Wolltest du schon immer Producer werden, oder hattest du als Kind vielleicht einen anderen Traum?
Rooq: Ich hatte, glaube ich, hundert andere Träume. Ich hab' als Kind und Jugendlicher viel gelesen, viel Fußball, Tennis und Basketball gespielt und mich irgendwie für alles interessiert. Natürlich auch sehr für Musik, aber mit dem Beatbasteln hab ich ehrlich gesagt nur angefangen, weil ich zu den coolen Kids gehören wollte. Das hat nie funktioniert, aber dafür ist mein Ehrgeiz in Bezug auf die Musik immer stärker und stärker geworden. Irgendwann führte dann kein Weg mehr an der Entscheidung vorbei und ich hab' mich dafür entschieden, alles für die Musik zu tun.
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Daily Puffy Punchlines, Logo von KL52)
(Foto von Michael Strychowski)
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