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Platz 020/250
Ist das Leben nicht schön? (OT: It's a Wonderful Life) (1946)
Der wöchentliche Rhythmus ist seit einiger Zeit begraben, aber ich werde, das Projekt auf keinen Fall beenden und weiterhin über Filme schreiben. Es dauert nur etwas länger, ist leider so. Heute nehmen wir uns "Ist das Leben nicht schön?" von Frank Capra aus dem Jahr 1946 vor, was ihn zum bisher mit Abstand ältesten Film in der IMDb Top 250 macht, noch vor "Die zwölf Geschworenen" und "Die sieben Samurai", der letzte Mal dran war. Back to back zwei Klassiker.
George Bailey ist ein Kind der Kleinstadt Bedford Falls und ein guter Junge. Hilfsbereit mit großem Herzen und viel Charisma, Everybody's Darling. Aber er hat ein Problem. Wir als Zuschauende erfahren dies direkt zu Beginn des Films, als wir Zeugen einer himmlischen Konferenz werden bei der beschlossen wird, dass George Bailey Hilfe vom Engel Clarence erhalten soll. Dieser kann sich dabei ganz nebenbei seine Flügel verdienen. So wird Clarence das gesamte Leben unseres Protagonisten vorgespielt, bis zu dem Punkt, an dem George nicht mehr weiterweiß und Selbstmord begehen will. Dies ist der Augenblick, an welchem der Engel einschreitet und George mit auf eine dystopische Reise nimmt, welche ihm das Leben der Menschen zeigt wenn sie George nie kennengelernt hätten.
Der Film kreiert wirklich schöne Momente und vermittelt über weite Strecken starke Feel-Good-Vibes. Er wird von einem talentierten und charismatischen Ensemble getragen. Vor allem Stewart und Donna Reed überzeugen und gewinnen unser Herz. Allerdings tritt für mich hier der Forrest-Gump-Effekt zu stark auf. Die Botschaften des Films haben einen faden Beigeschmack. Wir lernen George als einen ambitionierten, freien und idealistischen Menschen kennen, der große Träume hat. Doch immer wieder werden diese sabotiert und George verzichtet darauf, um seine Mitmenschen voranzubringen. Er möchte die Welt erkunden, übernimmt aber die Bank seines Vaters, um die Menschen vor dem skrupellosen Kapitalisten Mr. Potter zu schützen, der als Antagonist des Films fungiert. Für seinen Bruder verzichtet er ebenfalls auf eigene Wünsche, und dieser macht dann eine steile Karriere beim Militär und wird hoch dekoriert. Und so geht es weiter. Als George an den Punkt kommt, an dem er zu viel von sich geopfert hat und an dem Leben verzweifelt, welches er nie führen wollte, kommt die göttliche Hilfe in Form von Clarence. Das ist der einzige Ausweg. Der Engel zeigt ihm nun die Stadt, die nicht mehr Bedford Falls, sondern Pottersville heißt. Alle sind unglücklich oder tot oder was auch immer, und anstelle des Kinos und der Boutique gibt es jetzt, oh Gott, einen Stripklub und eine Spielhalle. Das ist kaum zu ertragen. Plötzlich wird George klar, dass es nicht so wichtig ist, sich selbst zu verwirklichen, und er kehrt mit einem Lächeln ins Leben zurück, das ihn in einer dunklen Nacht auf eine dunkle Brücke getrieben hat.
Was für mich am Ende bleibt ist: Familie ist wichtig. Soldat sein ist ehrenvoll. Träume sind etwas für Träumer, und Spielhallen und Tanzclubs sind verwerflich. Und wenn alles schief geht, fang an zu beten. Gott hilft. Wie gesagt, schauspielerisch top und auch handwerklich kann man da nichts beanstanden. Die Sets sind schön und aufwendig, alles sieht klasse aus. Auch das Pacing stimmt, hier wird es nie langweilig. Im Gegenteil, die 130 Minuten huschen an einem vorbei. Lässt man den penetrant christlichen Unterbau und die zweifelhaften Botschaften außen vor, ist das ein flotter unterhaltsamer Film. So aber bleibt bei mir ein Geschmäckle
06/10