Ich erzähle auch mal meine Erfahrungen mit dem Thema hier. Ich hole hier ein wenig aus und erzähle auch meinen Background. Ich bin als kleines Kind mit meinen Eltern und meiner Schwester nach Deutschland geflohen, für eine kurze Zeit haben wir in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt, anschließend in einer Einzimmerwohnung mit Gemeinschaftsbad im Treppenhaus. Meine Eltern haben auch schnell einen Job gefunden, sich dann selbstständig gemacht und nach wenigen Jahren konnten wir sehr gut leben und haben ein Haus gebaut und regelmäßig Urlaub. Ich hatte schon als Kind eigentlich permanent Angst, dass meinen Eltern etwas passiert. So kam es auch, dass ich der einzige in der Familie war, der religiös wurde, habe jeden Abend gebetet, dass ihnen nichts passiert und sie gesund bleiben. Sonst nichts.
Ich hatte zwar immer eine sehr enge Beziehung zu meinen Eltern aber ich war als Kind ziemlich schwierig, immer Ärger in der Schule gemacht, mich permanent geschlagen und irgendwie immer Asifreunde angezogen. Lag wahrscheinlich daran, dass ich sehr hyperaktiv war und teilweise in 5 Sportvereinen gleichzeitig. Habe dann angefangen zu kiffen und zu ticken und war mehrmals kurz davor von der Schule zu fliegen. Es hätte auch nicht viel gefehlt und ich hätte mein Abi nicht gepackt. Auf jeden Fall habe ich als Jugendlicher meinen Eltern das Leben sehr schwer gemacht. Irgendwanna habe ich mich dann gefangen und studiert und habe mich da auch ziemlich reingehängt. Nach dem Studium habe ich dann promoviert. Der einzige Grund dafür war, dass ich meine Eltern zeigen wollte, dass aus mir doch noch etwas geworden ist und wieder gut machen wollte, was ich ihnen für Kummer bereitet habe. Ich glaube ich habe wirklich jeden Tag mit meiner Mutter telefoniert und meine Eltern so oft es ging besucht, ich hatte wirklich ein unfassbar gutes Verhältnis zu ihnen.
Kurz nach der Verteidigung der Doktorarbeit, ich wollte eigetlich mit meiner Freundin in Urlaub fliegen und hatte mit meiner Mutter schon nen Ring für den Antrag ausgewählt, den ich meiner Freundin dort machen wollte, habe ich dann erfahren, dass meine Mutter Krebs im Endstadium hat, der schon die gesamte Leber metastasiert hatte. War ein Zufallsbefund. Habe es am Telefon erfahren, bin dann in den Wald gelaufen und hab mich dort auf den Boden gelegt und einfach nur geschrien. Dann hab ich angefangen zu recherchieren, was für Möglichleiten es gibt und schnell fest gestellt, dass es keine gibt und sie in wenigen Monaten sterben wird ohne Behandlung und die Chemo ihr vielleicht ein weiteres halbes Jahr schenkt nur. Ich war aber wie besessen und habe wirklich alle Studien, vorläufige Ergebnisse zu clinical trials und case studies zu der Krankheit gelesen. Wirklcih tausende Studien. Dachte das ist meine Chance meiner Mutter etwas zurückzugeben, nach all den Sorgen, die ich ihr gemacht habe Hab dann irgendwann eine kleine Studie aus Norwegen gefunden, in der 21 Patienten eine Lebertransplanatation erhalten haben und nach 5 Jahren immerhin noch 60% von Ihnen am Leben und sogar rezidivfrei waren. Habe mich dann mit Transplantationsrecht auseinander gesetzt und schnell festgestellt, dass das nicht möglich ist bei Sekundärtumoren, die die Leber metastasiert haben. Gibt zu wenig Organspenden in Deutschland und die verfügbaren postmortalen Spenderlebern werden für Krankheiten verwendet mit besserer Heilungschance. Allerdings wäre es technisch möglich, eine Lebendleberspende zu transplantieren. Das heißt von meiner Leber beispielsweise ein Stück zu entnehmen und meiner Mutter zu transplantieren. Die Leber wäscht sehr schnell wieder nach, sowohl ich als auch meine Mutter hätten dann eine vollwertige Leber und das Operationsrisiko ist sehr gering. Habe dann zu den Top-Chirurgen Kontakt aufgenommen und diese Option besprochen. Da war die Meinung, das sie es machen würden aber gesetzlich nicht dürfen. Es gibt nämlich im Transplantationsgesetzt das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. Das heißt, eine Lebendlebertransplanation darf nur für die Indikationen vorgenommen werden, für die auch eine postmortale Lebertransplanation vorgenommen werden darf. Und hier sind ja, wie bereits erwähnt, Sekundärtumore in der Leber ausgeschlossen. Das fand ich komplett schwachsinnig. Habe dann viel Zeit in Jurabibliotheken verbracht und Kontakt zu den renommiertesten Professoren im Transplantationsrecht aufgenommen und mit Ihnen die Situation diskutiert. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits selbst Professor und wurde ernst genommen. Habe dann sehr viele Infos gesammelt und Kontakt zur Ethikkomission der Bundesärtztekammer aufgenommen und konnte sie überzeugen, dass eine Lebendlebertransplantation hier Sinn macht und ein Verbot gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit verstößt und die Transplantation die einzige Heilungschance ist. Die Bundesärztekammer hat dem dann tatsächlich zugestimmt. Die Transplantation wurde vorbereitet und das war so ein großes Ding, das erstmalig zu machen, dass es live in die größten chirurgischen Kliniken in den USA übertragen werden solle. Während der Transplantation wurde aber festgestellt, dass auch die Lymphknoten schon metastasiert sind und eine Transplantation dann keine Erfolgschancen mehr hat. Die Transplantation wurde abgebrochen und kurze Zeit später starb meine Mutter viel zu früh mit Mitte 50. Auch wenns mir nichts bringt, weiß ich aber dass das dieses Lebendlebertransplanationsverfahren seit dem bei hunderten Sekundleberkrebspatienten durchgeführt wurde und diesen das Leben gerettet hat. Der Text den
@noface gepostet hat, mit der Reisenwelle, tifft es echt sehr gut. Konnte lange an nichts denken und musste permanent anfangen zu weinen, egal wo ich war, im supermarkt an der kasse oder wo auch immer. Leider hat mein Vater das ganze noch schlechter verkraftet und sich am zweiten Todestag meiner Mutter versucht das Leben zu nehmen. Er wurde aber noch lebend gefunden und war dann mehrere Wochen im Koma auf der Intensivstation. Ich war dann jeden Tag da und habe ihm vorgelesen, Musik vorgespielt und erzählt, was so auf der Welt los ist. Die ersten Corona Meldungen kamen da gerade. Es hieß eigentlich, dass er bleibende Hirnschäden haben wird aber nach etwas mehr als einem Monat wachte er auf und wurde sofort in eine psychatrische Klinik gebracht. Da hab ich ihn dann schnell rausholen können und zu Hause gepflegt. Jetzt ist er zum Glück wieder wohl auf aber hat immer noch seine Phasen. Ich wurde in der zwischenzeit Vater und mein Vater hat auf jeden Fall viel Spaß mit dem Kleinen, ich weiß aber nicht wie es wirklich in ihm aussieht, wenn ich ihn nicht gerade besuche. So viel zu meinen Erfahrungen, waren auf jeden Fall heftige Jahre seit 2016.