Jede Nacht, wenn das leere Bier zur Kompassnadel wird …
Und all die Macht der Gewohnheit zu was Sonderbarem führt.
Eine knallende Snare schallt uns entgegen, ehe 12Vince mit den ersten Cuts den "Undercover Blues" einläutet. Von Sekunde eins an wirkt alles fast so, als wären er und Slowy nie weg gewesen – obwohl mehr als zwei Jahre seit ihrem letzten Album ins Land gezogen sind. Doch der Sound ist einem fast so vertraut wie die Erlebnisse, die uns der Hamburger darauf schildert.
Slowy durchlebt mit seinen Hörern mehr als nur eine feuchtfröhliche Nacht voller Alkoholexzesse. Er erzählt von seiner Writer-Vergangenheit, wenn er die Dose mit einer verbotenen Affäre vergleicht, oder der Utopie einer durch und durch mit guten Rappern besetzten Szene. Vor allem Letzteres ist derart typisch für einen Künstler, der in HipHop unglaublich vernarrt wirkt – so narrativ, wie er von seinen Anfängen im Genre spricht. Ein MC, der ohne moderne Autotune-Effekthascherei auskommt, weil er auf Tracks nichts versprechen will, was er "live nicht halten kann". Ein MC, der nichts braucht außer einen Loop seines Produzenten 12Vince, der ihn auf 15 Tracks mit jazzigen Samples perfekt unterstützt. Und so verstreicht die Laufzeit des Albums wie im Flug – wie ebenjener betrunkene Abend, den Slowy "morgens besoffen aufm Bahnsteig in die DB-Notrufsäule rappend" beendet. Doch ob lustige Saufeskapaden oder echte Emotionen auf dem ewigen "Tinderrail": Der Hamburger strickt simple Geschichten aus dem Leben, die dank authentischer Lyrics und routiniertem Rap-Stil durchgehend zu unterhalten wissen.
Mit Slowy & 12Vince hat sich ein Duo gefunden, das in sich stimmiger kaum sein könnte. Die kratzige Stimme des Rappers vermittelt zusammen mit den Samples seines Produzenten einen Sound, der ruhig und intensiv zugleich wirkt. So reiht sich "Undercover Blues" perfekt in die bisherige Diskographie der beiden ein und beweist, dass man auch 2017 noch ohne große Studionachbearbeitung und Trap-Elemente überzeugen kann.
(Sven Aumiller)