Ich würde sagen, die Außenpolitik ist gerade unter Erdogan drastisch schlechter geworden. In den Anfangsjahren war die AKP noch sehr bemüht mit allen Nachbarn ein gutes Verhältnis aufzubauen vor allem in Zuge der EU Beitrittsgespräche. Das ist dann mit dem immer mehr und mehr werdendem autoritärem Führungsstil schlechter geworden und hatte seinen Peak während des arabischen Frühlings mit Syrien wo Erdogan aktiv interveniert hat. Das war der Wendepunkt. Jetzt ist derzeit die Lage katastrophal. Mit fast allen Nachbarstaaten herrscht ein politischer Winter. Erdogan opfert regelmäßig die Außenpolitik um innenpolitisch zu Punkten.
Israel ist ein super Beispiel dafür. Außenpolitisch wird hart an der Grenze zum Antisemitismus gegen Israel gewettert, während im Hintergrund AKP-nahe Firmen mit Israel weiterhin florierende Geschäfte betreiben.
Da wird ein Kampfjet von den Russen abgeschossen und innenpolitisch gesagt, dass man das sagen in der Region hat um paar Wochen später vor Putins Tür zu warten bis man reingebeten wird.
Erdogans Außenpolitik ist nicht-existent. Es werden Verbündete verprellt und sogar neue "Feinde" gemacht.
Generell spielt Außenpolitik in der politischen Diskussion eine semi-wichtige Rolle. Die türkische Bevölkerung ist aufgrund ihres Nationalismus sehr anfällig für Verschwörungstheorien, weshalb eigentlich das Thema nur auftaucht um von den eigenen Fehlern abzulenken.
Die Wirtschaft ist schlecht -> Außenmächte sind schuld
Anschlag in Südosten -> Warum haben die Terroristen deutsche Waffen?
Erdbeben mit über 40k Toten -> Wir nehmen keine griechischen Blutkonserven an
Generell ist mir die türkische Außenpolitik schleierhaft, weil die Parteien nie wirklich ins Detail gehend darüber sprechen. Der Tenor bei den Parteien ist aber, dass man die Beziehungen verbessern will. Wie? Keine Ahnung welche Maßnahmen unternommen werden sollen.
Für Europa wird aber eine Post-Erdogan Politik schwierig, weil alle Parteien unisono gegen das Flüchtlingsabkommen sind. Das wird sehr wahrscheinlich aufgekündigt werden. Auch wenn die türkische Politik und Bevölkerung deutlich rechtsextreme Tendenzen in Bezug auf die Flüchtlinge zeigt, haben sie in der Sache nicht unrecht, dass die Türkei so viele Flüchtlinge nicht aufnehmen kann.
Sozioökonomisch wäre ein Land wie die Türkei wahrscheinlich gerade so in der Lage 50.000 aufzunehmen und zu verpflegen. Derzeit leben je nach Statistik zwischen 4 und 8 Mio. Flüchtlinge. Das kann ein Land wie die Türkei nicht aufnehmen, uninteressant wie viel Geld die EU dafür hergibt.
Da muss die EU endlich mal vormachen wie sehr sie sich um Menschenrechte schert. Entweder lassen sie vor den Küsten weiterhin Babys und Kleinkinder ertrinken oder sie fangen an wirklich moralische Politik zu betreiben und Menschen aufzunehmen. Aber mit einer neuen türkischen Regierung wackelt das Flüchtlingsabkommen und wird so nicht bestand halten. Zurecht meiner Meinung nach.