Der Wahnsinn - Gesunde Reaktion einer kranken Gesellschaft?

dabei meine ich vor allem, wie vorschnell heute die chemiekeule geschwungen wird, in dem glauben dass dies langfristig eine lösung darstellen würde. ich habe das selber schon erlebt, dass mir von einer hausärztin (!) ohne irgendeine gründliche untersuchung und ohne ersichtlichen grund irgend so ein SSNRI kram verschrieben wurde, mit der aussicht das zukünftig bis zu richtig hohen dosen zu steigern, hab das allerdings selber beendet und bin da nie wieder hingegangen. in anderen ländern wie der usa scheint das ja noch schlimmer zu sein, wenn man den statistiken glauben mag ist es ja schockierend wie viele menschen einfach auf medikamente gesetzt werden, ohne dass irgendwelche weiteren schritte eingeleitet werden oder die wurzel des problems angegangen wird.

ja, das gefühl habe ich auch...da muss man aber auch wieder sagen dass das nichts is was nur bei psychiatern usw. so is, sondern bei jeder art von arzt...und ich fühl mich da auch echt verschaukelt wenn ich dahin gehe und damit eigentlich ursachenforschung betreiben will und die mir nur irgendein zeug verschreiben



das mit den allergien liegt auch daran dass viele mütter ihren kindern zu früh industriell gefertigte babynahrung verabreichen weil sie meinen ihre muttermilch sei nicht genug und da würden ja irgndwelche giftstoffe die sie selbst aufnehmen drin rumdümpeln und die gesundheit des kindes zerstören
 
ok, keinen statt einen gelesen^^ trotzdem kann diesen "punkt" auf der skala niemand finden als der betroffene selbst, und wenn das "zusammenreißen" nicht mehr hilft fängts nämlich an mit den problemen..
ich denke nicht, dass menschen heute unbedingt vorschnell zum psychologen gehen, nämlich insbesondere da immer noch eine enorme hemmschwelle da ist und diese stigmatisierung immer noch nicht abgeklungen ist. und wenn man sich überlegt dass die dunkelziffer offizielle statistiken auch bei weitem übersteigen sollte, ist das auch ein wenig bedenklich..
edit: wie dann allerdings von professioneller seite auf den jeweiligen fall eingegangen wird, und ob das auch immer richtig ist, das kann und muss ich zum glück nicht beurteilen

ja, diesen punkt kann man sicher nicht als aussenstehender, zumidnest nicht als laie, finden. ich bin im prinzip auch der meinung, dass man lieber einmal zu oft als zu selten zum psychologen gehen sollte (ich war noch nie, aber ich hab einige leute in meinem sehr nahen umfeld, die hingehen). nur wenn man zu nem schlechten psychologen geht, kann sich das ganze problem noch wesentlich verstärken.

Eine Depression ist eben nicht einfach nur besonders stark ausgeprägte schlechte Laune, der man mit aufheiternden Maßnahmen begegnen könnte. Oft ist ja ein nachvollziehbarer Grund nicht ersichtlich, sondern es zeigen sich Symptome, die dem Betroffenen gar nicht als Zeichen einer Depression auffallen. Das ist das, was ich sagen wollte.

jo, das stimmt.
 
Jetzt rennt ya jeder zum Psycho-Doc, nachdem er zwei der im Internet aufgelisteten Symptome bei sich entdeckt hat. Und es ist nunmal so, dass jeder irgendwo einen an der Klatsche hat.

Ich denke, gerade darin liegt nämlich die Crux des ganzen. Wenn man mal die Auflistungen der gängigen Symptome der meisten Depressionsformen überfliegt, wird jeder auf mindestens 80 % Gemütslagen und Probleme stoßen, die er oder sie schon einmal irgendwann im Leben erlebt hat oder als ganz normale Stimmungen aus dem Alltag kennt - daher wohl auch die Rufe hier von wegen "Hypochondrie" , "Verweichlichung" etc. Was man sich als "gesunder" Mensch allerdings nur bedingt vorstellen kann, ist wenn diese Symptome in ihrer Gesamheit zum Dauerzustand werden, das eigene Handeln vollends bestimmen und einen damit letztlich nahezu handlungsunfähig machen. Ich denke, dass es so gesehen unheimlich schwer ist die Symptome von psychischen Krankheiten zu verbalisieren und anderen zu vermitteln. Wir alle haben es hier und da schwer im Leben und daher fühlt man sich als gesunder Mensch womöglich etwas verarscht, wenn jemand aufgrund seiner Gemütslage auf einmal verstärkt aufmerksamkeit und eine medizinische Behandlung bekommt, weil man nicht ganz begreifen kann wie es demjenigen wirklich geht. Ich weiß noch wie bei Fällen wie Robert Enke und der Burn-Out Diskussion plötzlich die ganzen Journalisten aus ihren Löchern gekrochen kamen weil es derzeit gerade aktuell war um ihre eigene Geschichte zum Thema zu berichten. Bei Spiegel Online meinte einer, dass er nachdem er sich in Behandlung begeben hatte endlich wieder mal fröhlichere Musik als Nick Drake angehört hätte - sowas lässt das ganze natürlich lächerlich wirken, da jeder mal nen melancholischen hat und sich bei Depri-Musik im Zimmer verkriecht. Wie schlecht es einem beim Nick Drake hören allerdings wirklich gehen kann, lässt sich natürlich nur schwer oder gar nicht verbalisieren.
Um nachzuvollziehen wie schwerwiegend eine Depression aber wirklich sein kann, muss man sich nur nochmal das Standartbeispiel Robert Enke anschauen. Immerhin war der Mann Profifussballer, hatte eine Frau und ein Kind und hat sich letzlich doch umgebracht. Während unsereiner sich absolut nicht vorstellen könnte sich selber umzubringen, da der Überlebenstrieb einfach ein angeborener Instinkt ist und die meisten natürlich abolut keinen Grund dafür sehen würden, muss man sich einmal vorstellen wie es dennoch dazu kommen kann. Sobald es soweit ist, wird es nämlich schwieriger sich nicht umzubringen. Der Blick von suizidgefährdeten Menschen ist so eingeschränkt, dass Selbstmord als einzige Option angesehen wird und letztlich wird es schwieriger nicht dem Drang zum Selbstmord nachzugeben als einfach weiterzuleben. So jemand wie Robert Enke wird auf Grund seiner Verantwortung und Karriere sicherlich sehr, sehr lange gegen diesen Tötungsdrang angekämpft haben, letztlich hat er aber doch verloren.
Damit will ich nicht sagen, dass nur solche schwerwiegenden Formen mit suizidialen Tendenzen ernstgenommen werden sollten - im gegenteil, dazu soll es ja gar nicht erst kommen. Aber als Unbetroffenen ist es halt verdammt schwierig zu verstehen, um was es sich dabei wirklich handelt, insbesondere da man es Menschen nicht einfach ansieht wie ein gebrochenes Bein oder so.
Und letztens habe ich eine zweiteilige Doku mit Stephen Fry über seine Manische Depression (Bipolare Störung) gesehen. Das verwirrende an der Sache war, dass er die Betroffenen am Ende immer gefragt hat, ob sie ihren Zustand gegen den eines "gesunden" Tauschen würden und die Antwort lautete bis auf einen Fall immer "Nein", da die manischen Phasen immer als sehr positiv erlebt werden. Von daher habe ich es ehrlich gesagt auch noch nicht so ganz verstanden und verinnertlich, was Depressionen zu haben eigentlich wirklich bedeutet, aber ich denke dafür ist das Spektrum an den verschiedenen Formen und Ausprägungen einfach zu vielfältig..
 
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gerade zufällig drüber gestolpert :p
 
Autismus und psychische Krankheiten sind ja mal 2 ganz verschiedene Entitäten.

Ansonsten sehe ich nicht, dass psychisch Kranken damit geholfen wäre, dass man hier die Tränendrüsen für sie anwirft und einer Stigmatisierung durch oberflächliche Pamphlete ala

"Menschen mit psychischen Krankheiten sollten nicht in die Simulanten-Ecke gedrängt werden, da sie es auch so schon sehr schwer haben auf Grund des Leidensdrucks, der nicht unerheblich ist, blablabla"

entgegenzuwirken versucht, die nur ein weiteres Stigmata, nämlich das der Opferrolle, bedienen.
Das der Quote sich auf eine Aussage von Dreamconnection bezieht ist reiner Zufall (keinen Bock höher zu scrollen ;)). Das Erfassen und Begreifen psychischer Krisen und Störungen ist nur dann schwierig, wenn man, wie hier, auf der Oberfläche bleibt und glaubt anhand von Pauschalisierungen seines reichhaltigen, 16 Jahre währenden Lebenserfahrungsschatzes, Urteile aussprechen zu können.
Wie alle gesellschaftlichen, empirischen und/oder medizinwissenschaftlichen Themen erfordert das Verständnis von psychischen Erkrankungen eine etwas intensivere Auseinandersetzung mit der Thematik. Dazu gibt es im Internet, grade zu den hier genannten großen Themenkreis "Depression" unzählige Möglichkeiten.
Ein Blick auf die Symptomliste allein reicht einem Laien aber nicht.

PEACE!!!
 
naja, aber asperger und sowas fällt doch schon so ziemlich unter psychische erkrankungen oder nicht?
 
Asperger ist nur eine Ausprägungsform von Autismus. Autismus generell bezeichnet eine angeborene und nicht behandelbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung. Die Klassifikation ist hier nicht eindeutig, zugegeben gibt es Quellen die Autismus explizit als Entwicklungsstörung und damit in den Formenkreis der Entwicklungspsychopathologie rücken. Das ist aber streitbar. Klinisch imponiert Autismus eher als eine Form der geistigen Behinderung. Für die Psychiatrie ist Autismus eigentlich nur in Forschungsfragen relevant, aufgrund der stark eingeschränkten Interaktionsmöglichkeiten mit der Umwelt / anderen Personen (denn psychiatrisch Arbeiten IST mit anderen Personen arbeiten) und des unheilbaren Charakters der einzelen autistischen Syndrome.

Evtl. will DC aber auch auf die in letzter Zeit in den Medien immer gern vorgeführten Formen des gering ausgeprägten Aspergersyndroms eingehen. Dazu fußt die derzeitige Diagnostik aber auf recht wackeligen Füßen. Beispiele für Charaktere dieser Art wären z.B. der Physiker aus "Big Bang Theorie" (auch wenn dort stellenweise sehr überzeichnet, andernorts sehr vermenschlicht). Die meisten autistischen Syndrome oder vollausgeprägte Asperger wird hier wohl niemand kennen. Warum? Weil Leben in unserem Alltag für diese Menschen die reinste Qual wäre, weshalb man sie in spezialisierter Umgebung davor schützt.

PEACE!!!
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Asperger-Syndrom

Lesen kann hier doch jeder selbst, oder?
Beachte, dass "Voll ausgeprägt" bedeutet, dass der Aufenthalt in sozialen Gemeinschaften, wie z.B. Schulklassen, nicht aushaltbar ist. Häufiger sind tatsächlich die "milden" Varianten des Asperger-Syndroms. Aber auch nach 6 Jahren Medizinstudium würde ich mich nicht soweit aus dem Fenster lehnen zu behaupten selbst bei täglicher Interaktion mit einer Person ein Asperger diagnostizieren zu können. Introvertiertheit, Zwangsstörungen, ausgeprägter Neurotizismus... gibt sicher noch diverse weitere Differenzierungen die ohne eingehende Testungen nicht deutlich von einem "leichten" Asperger abgrenzbar ist.

PEACE!!!
 
Autismus und psychische Krankheiten sind ja mal 2 ganz verschiedene Entitäten.

Ansonsten sehe ich nicht, dass psychisch Kranken damit geholfen wäre, dass man hier die Tränendrüsen für sie anwirft und einer Stigmatisierung durch oberflächliche Pamphlete
entgegenzuwirken versucht, die nur ein weiteres Stigmata, nämlich das der Opferrolle, bedienen.

PEACE!!!
Guter Post. :thumbsup:

Ansonsten würde ich sagen, das wirklich Problem mit der Psychologie, ist natürlich dass sie einfach noch nicht im entferntesten
ein halbwegs komplettes Wissenschaftliches Modell zu bieten hat.
Mein Eindruck des jetzigen Forschungsstandes ist so der eines komplett schwarzen Zimmers, in dem halt an ein paar Stellen,
ein bisschen dimmriges Licht durchschimmert.

Mal zur Veranschaulichung, wäre die Psychologie ähnlich vollständig, wie jetzt vielleicht die Physik
müsste jemand nur zum Psychologen/Psychiater der würde dann ein paar Tests machen,
und dann würde er sagen: "Okay, ihnen geht es schlecht aus genau dem und dem Grund, also machen sie 3 Wochen das und das, und nehmen 3 Tropfen täglich von dem hier,
hören sich die CD mit binauralen Beats an, und dann geht es ihnen in 4 Wochen wieder gut.
Und davon ist die Psychologie einfach noch meilenweit entfernt.
Es gibt vielleicht ein paar Ausnahmen wo man wirklich klare Stoffwechselstörung feststellen kann,
(aber selbst da ist es nicht so einfach, so wie ichs in Erinnerung hab, verändern Rezeptoren und Drüsen ja auch ihre Tätigkeit unter Umwelteinflüssen ?)

Von daher finde ich auch diesen wissenschaftlichen Anstrich den die Psychologie sich gibt ein bisschen vermessen.

Nicht falsch verstehen, ich bin absolut dafür die Thematik weiterhin wissenschaftlich zu erforschen.
Aber wenn es jetzt darum geht wer heute der bessere Therapeut ist, dann ist dann vielleicht doch
der Kerl mit dem gutem natürlichen Einfühlungsvermögen, der vielleicht recht belesen ist,
und ein paar aufbauende Philosophen-Sprüche drauf hat, als der eiskalte Rationator, der meint er könnte den Verstand eines anderen Menschen komplett analysieren, und dann genau sagen wo der Fehler liegt.

Ein bisschen mehr Bescheidenheit wäre imho angebracht.
 
Psychologie und Physik sind schlecht vergleichbar. Die Psychologie ist eine empirische Wissenschaft, was bedeutet, dass Beweisführung über standartisierte statistische Verfahren gewährleistet seien muss. Das meiste, was man an "Erkenntnissen" in den Alltagsmedien wie Spiegel etc... zu lesen bekommt, zitiert dabei kleine Kohorten von 30-200 Probanten. Das ist lächerlich und äußerst fraglich in Bezug auf Selektionsbias, Retestreliabilität und meistens fehlen ohnehin die Follow-Ups zur Datenverifizierung.
Die Physik als Naturwissenschaft kann sich einer objektiven, mathematisch beweissbaren Wahrheit bedienen. Die Schwerkraft lässt sich nunmal nicht verleugnen (ausser man ist bescheuert) und jede Größe ist messbar in definierbaren und verrechenbaren Einheiten. Das ist in der Psychologie nicht der Fall. Hier muss bei jeder Messgröße genau überlegt werden welches Skalenniveau man überhaupt anwenden will und welche Methode überhaupt geeignet zur Messung ist. Da stecken dann Theoriemodelle hinter die inert schon nicht fehlerfrei seien können.

Was Therapie, Methoden und Erfolg angeht gibt es große, multizentrische und langjährige Studien. Bei mehr als 100.000 Probanten kann man da durchaus von ausgehen, dass statistische Nachweise valide sind. Dafür gibt es Metastudien die einzelne Studien zur gleichen Thematik vergleichen. Sowas wird natürlich nicht in der BILD stehen, sondern in Fachjournals veröffentlicht. Ich zweifel daran, dass auf MZEE allzuviele derartig fachlich versiert sind da aus aktuellen Studien zitieren zu können. Im Bereich Psychiatrie kann ich es definitiv nicht.

PEACE!!!
 
ich hab nicht gesagt, dass man psychisch angeschlagene menschen bemitleiden soll, im gegenteil, zuviel mitleid kann betroffene noch mehr reinreiten, da dann der in der psychologie sogenannte "positive krankheitsgewinn" gegeben ist. betroffene können sich noch mehr reinsteigern, um den vorteil der aufmerksamkeit der umwelt oder andere vorteile für sich in anspruch zu nehmen. der umgang mit betroffenen sollte distanziert und normal sein, allerdings finde ich, dass eine zuschreibung, es wäre simulation nicht angebracht ist, da es sich in den wenigsten fällen um simulanten handelt.
eher sollte ein verständnis für derartige erscheinungen entwickelt werden. solange stigmatisiert wird, fällt es von krisen betroffenen weiterhin schwer sich zu öffnen, was aber der erste schritt wäre, daran arbeiten und am ende vielleicht sogar angemessen damit umgehen zu können, ob nun angeboren oder nicht.

interessant ist, dass u.a. auch von asberger betroffene ihre "störung" häufig selbst nicht als eine "störung" bezeichnen, da unter anderen lebensumständen lebensqualität durchaus gegeben ist. da streiten sich (wieder mal) die geister zwischen fachleuten und betroffenen. die "diagnose: auffälligkeiten" wird allerdings auch in der klassischen schulpsychologie als ne reine zuschreibungssache angesehen, d.h. dass diese von demjenigen, der diese diagnose stellt definiert werden aber keinen qualitätsanspruch besitzen und die uralte frage: was ist eigentlich "normal"? bleibt nach wie vor im raum stehen ohne eine befriedigende antwort gefunden zu haben.

Guter Post. :thumbsup:
Ansonsten würde ich sagen, das wirklich Problem mit der Psychologie, ist natürlich dass sie einfach noch nicht im entferntesten
ein halbwegs komplettes Wissenschaftliches Modell zu bieten hat.
Mein Eindruck des jetzigen Forschungsstandes ist so der eines komplett schwarzen Zimmers, in dem halt an ein paar Stellen,
ein bisschen dimmriges Licht durchschimmert.

klar ist es gerade in der psychologie schwer wissenschaftlich auf nen grünen zweig zu kommen und hier diagnosespezifische schubladen aufzumachen, die psyche ist einfach ein komplexes instrument - aber das muss ja auch nicht als zwingend angesehen werden. man braucht nicht für alles ne norm. man könnte es ja auch so sehen, dass gut ist, was hilft - auch wenn jeweils individuelle lösungswege beschritten werden müssen. wenn doch mal universellere lösungen dabei rauskommen ists schön, aber wenn nicht, gibts vielleicht auch keine.

Mal zur Veranschaulichung, wäre die Psychologie ähnlich vollständig, wie jetzt vielleicht die Physik

vollständig ist auch die physik nicht, die standardformeln funktionieren bezogen auf gewisse größen, aber sobalds richtig in die tiefe geht, streiten sich die geister wieder genauso.

ich finds gut, dass das thema psychische auffälligkeiten beleuchtet wird und nicht nur fachleute im stillen kämmerlein rumphilosophieren. die verschiedenen trialoge waren hier ein guter schritt in die richtige richtung.
 
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Einer Stigmatisierung ist nicht mit Appellen entgegenzuwirken, sondern nur durch eine fundierte Aufklärung über den Krankheitsprozess und die dazugehörigen Ursache-Wirkungsprinzipien. Da hier viel Unsinn über Depressionen geäußert wurde, ohne auch nur einmal auf 7 Seiten das einfachste Erklärungsmodell der 4-fachen Verengung zu erwähnen, geh ich mit gutem Beispiel vorran und versuche das mal laienfreundlich darzustellen.

"Störung" ist erstmal ein neutraler Begriff, der keine normative Wertigkeit besitzt sondern nur eine Abweichung von einem definierten Standard bezeichnet. Für Autismus ist dieser Begriff durchaus zutreffend, da Kognitionen, Emotionen, Wahrnehmung und Informationsverarbeitung nicht entsprechend der Norm ablaufen. Die Norm wird dabei durch die Gaussche Glocke, also über die einfachste statistische Verteilung (Standard-Normalverteilung) für eine definierte Population (in unserem Falle=Westliche Welt) abgebildet. Diese Streitigkeiten ob man dies nun als "Störung" oder "Auffälligkeit" oder "Besonderheit" bezeichnet ist in meinen Augen von gleichem Stellenwert wie die Aufregung über die Diskreminierung des Plutos als "Zwergplanet" (oh, der arme Planet...jetzt darf man ihn nur noch Plutoid nennen). Klassifikationen sind standartisierte Datenerfassungsverfahren, die es ermöglichen international, über Fachbereichsgrenzen hinweg und inklusive des nicht unerheblichen Verwaltungsapparates in Gesundheitsfragen in nur einer Zeile einen klar definierten Zustand abzubilden. Diese Funktion wird vom Begriff "Störung" hinreichend erfüllt.
Lebensqualität, bzw. Leidensdruck, sind auch bei vielen anderen psychischen Störungen nicht beeinträchtigt/vorhanden. Seien dies nun Maniker, die bei einer ganz hohen subjektiven Lebensqualität eine Gefahr für sich selbst oder Andere darstellen, oder schizoide Persönlichkeitsstörungen die am normalen gesellschaftlichen Leben nicht partizipieren können. Entscheidend in der Klassifikation und Definition von "Störung" ist als Grundlage erstmal die Definition von Gesundheit des WHOs, die als "ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen." eine klare Maxime vorgibt.

Das grundlegende Problem an der Psychologie ist, dass sie ein eigentlich biophysikalisches Phänomen, nämlich das von Kognitionen, Emotionen, Wahrnehmung und Informationsverarbeitung (alles hirnbiologische Prozesse) versucht geisteswissenschaftlich abzubilden und zu umschreiben. Nach den Anfängen dieser recht jungen Wissenschaft mit Freud + Co, wo erstmal jeder lustig sein eigenes Modell entwickelte, bar jeder Beweisführung, ist man mitlerweile immerhin so weit empirisch validieren zu müssen, also eine Aussage auf ihr Zutreffen durch statistisch normierte Vorgänge belegen zu müssen. Während die Physik ganz konkrete Größen und tatsächlich stattfindende Prozesse abbildet und mathematisch nachvollzieht (denn auch wenn man sich eine 0-dimensionale Elektronenbewegung im Helium-Plasmafeld nicht vorstellen kann, gibt es diese und ist mathematisch nachweisbar), definiert die Psychologie erst einen Sachverhalt und versucht dann statistisch zu belegen, dass es diesen so tatsächlich gibt. Um das an einem Beispiel fest zu machen: Intelligenz ist ein nach wie vor undefinierter Begriff. "Intelligenz ist das, was wir mit einem IQ-Test messen." ist die Standardlehrbuchaussage der Psychologie zu dem Thema. Es wird also ein Test entwickelt und behauptet, dass das Ergebnis dieses Tests Intelligenz ist, ohne das man Intelligenz ausserhalb dieses Tests nachweisen kann. Im englischen nennt man sowas "Circular Logic", also die Beweisführung über Redundanz. In Wahrheit misst ein IQ-Test also nicht "Intelligenz", sondern viel mehr eine von unserer Gesellschaft definierte Leistungsanforderung, bzw. die Leistungsfähigkeit eines Individiuums innerhalb dieser Anforderungen.
Vollständigkeit ist kein Anspruch irgendeiner Wissenschaft, da Vollständigkeit das Ende einer Wissenschaft bedeuten würde, da man kein Wissen schaffen kann, wo schon alles Wissen gegeben ist.

Aussagen wie "es muss nicht für alles eine Norm geben" kann ich so nicht nachvollziehen. Will man Dinge differenziert betrachten, muss es dafür normierte Skalen geben. Ohne differenzierte Betrachtungsweise ist ein weitergehendes Verständnis oder eine Entwicklung von Sachverhalten nicht möglich. Normwerte sind unerlässlicher Bestandteil von Erkenntnisgewinn, da sie das Feststellen von Unterschieden erst ermöglichen. "Norm" ist dabei wieder ein völlig wertfreier Begriff und bezeichnet lediglich das häufigste Auftreten eines Merkmals in einer Population.

So, nu aber zum Schlagwort "Depression", die einige hier im Thread mit Sport heilen wollen.
Depression beschreibt eine affektive Störung, in der Wahrnehumg und Verhalten der Betroffenen verändert sind. Diese Änderungen lassen sich durch das Modell der "4-fachen Verengung" am ehesten beschreiben.

1. Stimmung:
Die Stimmung, sowie die emotionale Erlebnisfähigkeit, ist in der Depression herabgesetzt. Emotionen werden weniger intensiv bis gar nicht mehr wahrgenommen (Innere Leere). Dieser Zustand wird als besonders quälend empfunden, viele Depressive sprechen unter Therapie von großer Erleichterung, wenn sie wenigstens wieder weinen können und ihre Trauer wahrnehmen können.
Wenn man nichts angenehm empfindet, aber auch nichts einen mehr in Wut oder Trauer versetzt, stellt sich die Frage wo man überhaupt noch am Leben teilnimmt. Wenn man am Leben nicht mehr teilnimmt, warum dann noch weiterleben?
Die Fähigkeit Stimmungen zu erleben ist also verengt.

2. Selbstwahrnehmung:
"Mir passiert nur schlechtes." "Alles was ich mache, mache ich falsch". sind Kernaussagen einer Depression. Beachtet die fatale Entwicklung von externalisierenden und internalisierenden negativen Attributierungen. In der Depression geht man davon aus, dass sowohl von ganz alleine, ohne das man Einflußmöglichkeiten oder Handlungsrahmen hat, immer nur Schlechtes erfährt, als auch das man selbst mit allem was man tut nur schlechte Ergebnisse erzeugt. Ein "gesunder" Mensch neigt idR dazu eine von beiden Attributierungsformen besonders negativ oder positiv zu bewerten. Eine starke internalisierende Attributierung "Ich bin für mein Handeln verantwortlich"/"Mein Handeln hat Einfluß auf die Umwelt" ist eigentlich Zeichen eines gesunden Selbstbewusstseins. In der Depression verkehrt sich dies zur Selbstentwertung. Durch die externalisierende Attributierung "Was mir passiert, passiert ohne mein Zutun" (mal wertfrei gesagt), die ebenfalls streng negativ wahrgenommen wird, entsteht der fatale Kurzschluss "Mir passiert nur schlechtes, und ich habe es auch nicht besser verdient.".
Hierzu gehört auch, dass Depressive idR sehr bemüht sind es immer allen Recht zu machen und perfekte Ergebnisse abzuliefern. Die Fähigkeit dieses Vorhaben als unmöglich zu erkennen, fehlt. Wenn in einer Aufgabenstellung von 10 möglichen Erfolgen 9 erzielt werden, wird der Depressive diese eigene Leistung absolut entwerten, weil er 1/10 Miserfolgen hat und diesen deutlich höher als die erzielten 9 Erfolge gewichtet (bzw. diese Erfolge gar nicht als solche wahrnimmt).
Die Selbstwahrnehmung ist auf negative externalisierende wie internalisierende Attributierungen verengt. Dagegen hilft kein Sport.

3. Beziehungswahrnehmung/-gestaltung:
"Ich bin eine Belastung für alle". "Niemand möchte mit mir etwas zu tun haben". In der Wahrnehmung von Beziehungen zu anderen Menschen, selbst im intimsten privaten Bereich (gegenüber dem eigenen Lebenspartner und sogar gegenüber den eigenen Kindern z.B.), betrachtet sich der depressive Mensch als immer ungenügend, immer belastend für Andere und immer verantwortlich für Schlechtes was Menschen im direkten Umfeld passiert. Dies erklärt auch warum Familenväter/-mütter in eigentlich völlig geregelten Lebensumständen plötzlich zum Strick greifen.
Da man sich selbst als Belastung für andere Wahrnimmt, ist der Schritt die Depression vor allem im engsten Umfeld zu offenbaren und darüber zu sprechen besonders erschwert. Der Gedanke das dies als zusätzlicher, unnötiger Ballast für den Anderen empfunden wird überwiegt das Bedürfnis sich seinen Nächsten anzuvertrauen.
Im Beruf nehmen Betroffene häufig besonders bereitwillig mehr Aufgaben an sich, als sie bewältigen können. "Die Kollegen sind ja schon so gestresst", sie verhalten sich unauffällig und freundlich selbst wenn sie unter besonderen Druck stehen "Das Betriebsklima ist ja schon schlecht genug", "Es hat hier ja keiner Zeit für meine Probleme"...
Aus diesen Verengungen der Wahrnehmung resultiert dann auch die Veränderung des Verhaltens. Depressive isolieren sich, weil sie sich für Andere als unnötige Belastung empfinden.

4. Dynamik/Antrieb:
Die wohl offensichtlichste Verengung. Die Bewältigung des Alltags wird als enorme Anstrengung empfunden, man findet keinen Grund und keine Motivation etwas zu tun, verliert das Interesse an bisherigen Hobbys, unternimmt nichts mehr mit Freunden weil man keine Kraft mehr dazu hat. Im Prinzip erlebt dies jeder mal. Bei einer Depression wird hierraus aber ein dauerhafter Zustand. Bei besonders schweren Fällen schaffen es die Betroffenen nicht mehr zur Arbeit zu gehen, ans Telefon zu gehen, einkaufen zu gehen oder sonstige Dinge des alltäglichen Lebens in Angriff zu nehmen.

Bei der klinischen Depression sind individuell die Punkte 1-4 verschieden ausgeprägt. Es gibt auch Fälle wo einzelne Faktoren gar nicht zum tragen kommen.

Weitere Symptome:
Einschlafstörungen: Trotz Müdigkeit und dem Gefühl permanenter Ermattung gelingt es nicht, teils über Stunden, einzuschlafen. Grund dafür ist ein als besonders quälend erlebtes Grübeln über Stunden hinweg zur immer gleichen Situation oder Fragestellung. Die Gedanken drehen sich im Kreis und auch nach kurzfristiger Ablenkung gerät man wieder in den Gedankenkreisel.

Appetitlosigkeit: Erklärt sich wohl von selbst, nech?

Chronique Fatigue: Den gesamten Tag über, über Wochen und Monate hinweg, fühlt man sich körperlich schwach, ermattet und müde.

Suizidalität: Das Auftreten von Suizidgedanken ist eine eigene Entität, die ich hier jetzt nicht auch noch ausschweifend erläutern werde. Fakt ist über 80% aller Suizide werden vorangekündigt. Äußerungen von Suizidwünschen und -gedanken sollte man daher nicht als Spinnerei abtun.

Diagnostik:
Die Diagnostik von Depressionen ist für Fachleute sehr einfach. Es gibt da sehr valide Diagnosescores. Der Hausarzt hat hiervon aber keine Ahnung (ausser er verfügt über Zusatzqualifikationen / Fortbildungen). Bei Verdacht sollte ein Psychiater oder Neurologe aufgesucht werden.

Therapie:

Psychotherapie:
Nachweislich hoch effektiv mit knapp 65% Behandlungserfolg. Am besten validiert für die Verhaltenstherapie (dann mit 20 Sitzungen etwa). Bessere Langzeitprognose als alleinige medikamentöse Therapie.
Nachteil: Bekomm in Deutschland als Kassenpatient mal einen Therapieplatz. Wartezeit ist im Durchschnitt 6 Monate, in einigen Regionen aber auch gerne mal 9 Monate.

Medikamentös:
Ebenfalls hoch effektiv mit knapp 65% Behandlungserfolg, aber schlechteren Ergebnissen bei alleiniger Therapie was die Langzeitwirkung angeht (sprich: mehr Leute die NUR mit Medikamenten behandelt werden, werden wieder depressiv irgendwann, als die, die NUR mit Psychotherapie behandelt werden).
Vorteil: Sofort und immer verfügbar.
Da sowohl bei Medikamenten als auch bei Psychotherapieverfahren 65% eine hohe Nonresponderrate aufweist, wird bei klinisch manifesten Depressionen, vor allem solche mit notwendigem Klinikaufenthalt, Kombinationstherapien aus Medikamenten und Psychotherapie angewandt.

Phytotherapie:
Nachweislich günstig auf Depressionen wirkt Johanneskraut in hohen Dosen, hat dann auch eine schlaffördernde Wirkung. Cave: Johanneskraut induziert die Expression von Cyp3A4, das ist ein Enzym, das für den Abbau vieler Medikamente verantwortlich ist. Antibiotika, Antiepileptika..., und vor allem die Pille verlieren ihre Wirkung unter Einnahme von hohen Dosen von Johanneskraut. Frauen im gebährfähigen Alter, die sexuell aktiv sind, sollten bei Selbsttherapie mit Johanneskraut eine andere Verhütungsmethode als die Pille verwenden.

Lichttherapie:
V.a. bei saisonalen Depressionen (Winterdepression) erfolgreich. Erfordert Speziallampen mit >10.000 Lux. Nichts für den Heimgebrauch.

Schlafentzug:
Vor allem Stimmungsaufhellend wirksam. Wirkt aber nur bis zum nächsten Einschlafen (selbst wenn man dann nur ne halbe Stunde schläft). Wird in Kliniken gerne eingesetzt um Patienten, die keine Hoffnung auf eine Besserung mehr haben, kurzfristig ein Erleben von Heilung zu zeigen, und damit die Therapiebereitschaft (Da willst Du hin, und das kann auch erreicht werden!) zu verbessern.

Elektrokrampftherapie:
Nachweislich eine der bestwirksamen Methoden gegen Depression. Unter Vollnarkose 12-15 mal innerhalb eines Monats wird dem Patienten das Hirn mit Strom durchflutet. Wirkt meistens bereits nach wenigen Anwendungen. Nebenwirkungen: Kurzzeitgedächtnisstörungen während der Therapie.
Historisch negativ vorbelastet, da von den Nazis experimentell ohne Narkose eingesetzt. Wird meistens nur auf explizitem Wunsch des Patienten gemacht. Wer seine Depression schnell los werden will und das Narkoserisiko nicht scheut, verlangt eine EKT.

So, das reicht erstmal.

PEACE!!!
 
Der beste Vergleich den ich je gelesen hab war, dass es so ist als wenn man in einer Luftblase tief auf dem Meeresboden ist, man kann zwar irgendwie noch atmen, aber der Druck um einen herum macht einen ziemlich handlungsunfähig.
So in etwa
 
wolltest du es nicht für laien verpacken? ;)

ich hatte mal jemanden kennengelernt, bei dem u.a. auch elektroschocktherapie für seine depression durchgeführt wurde. ihm hatte sie nicht geholfen. er kam jahrelang danach immer wieder in psychiatrische kliniken. inzwischen ist er ebenfalls seit jahren gesund - geholfen hat ihm in seinem fall aber ne religion (buddhismus hier ;) ), die hat ihm quasi gelassenheit eingeimpft, dadurch, dass er sich darauf eingelassen hat, also ein eindeutig psychologischer effekt und kein biochemischer - du wirst sagen ein einzelfall, ich sag es ist die regel dass therapien nicht wirken, weil die basis der störung falsch definiert ist, weil es einfach schwierig ist hier allgemeingültige kritierien zu schaffen.

Das grundlegende Problem an der Psychologie ist, dass sie ein eigentlich biophysikalisches Phänomen, nämlich das von Kognitionen, Emotionen, Wahrnehmung und Informationsverarbeitung (alles hirnbiologische Prozesse) versucht geisteswissenschaftlich abzubilden und zu umschreiben.

dass es rein biochemische abläufe sind, die psychische krankheiten bedingen, ist auch einfach nicht nachgewiesen. da streiten sich die fachleute seit vielen jahren darüber ohne auf einen wirklichen konsens zu kommen. klar spielen auch chemische prozesse ne rolle, aber wer sagt einem, dass nicht äußere einflüsse diese in gang bringen?

nehmen wir mal bspw. psychosen her. hier ging man von biologischen bzw. sogar genetischen ursachen aus, da auch vererbung eine rolle spielte. darauf, dass ein dopaminüberschuss ursächlich sein könnte kam man, da durch zufall herauskam, dass domapinreduzierende medikamente bei akuten psychosen wirken können, können wohlgemerkt. heute ist klar, dass ganz verschiedene faktoren verantwortlich sein können, auch rein psychosoziale ursachen.
auch rein biochemische können in manchen fällen als eindeutig bestimmt werden. aber es gibt kein kriterium für bspw. alle paranoiden psychosen oder alle depressionen, weil schon innerhalb derselben diagnosen die abstufungen so unterschiedlich sind.

ein erfolg von 65 prozent ist gerade mal etwas mehr als die hälfte, möglicherweise spielen auch faktoren wie das sich auf therapie einlassen können eine rolle, ob eine behandlung anschlägt. bei johanniskraut geh ich mal stark vonnem placeboeffekt aus, ebenso wie bei der geschichte mit dem buddhismus. das ist nicht negativ gemeint, da ich diesen als einen sehr postiven effekt sehe.

und schau dir mal die diagnosekriterien für borderline an. das wird gerne mal dieses zehn-punkte-programm nach dsm hergenommen, um ne diagnose zu klassifizieren. das ist weit verbreitet. wenn eine gewisse anzahl der punkte erfüllt ist und ein fachmann dem vertraut und entsprechend die diagnose borderline stellt, hast du den dreck. gerade bei borderine nämlich verheerend, da es nach wie vor als eine der sogenannten störungen gilt, die als äußerst schwer therapierbar eingestuft werden, es gibt auch fachleute, die es als überhaupt nicht therapierbar ansehen. teilweise weigerten sich psychiatrieen sogar aus dem grund borderliner aufzunehmen, weil ihnen die verantwortung wg. der suizidgefahr zu groß war oder die aussicht auf therapieerfolg als nicht gegeben angesehen wird.

natürlich gibts auch fälle, in welchen eindeutige ursachen festgestellt werden können, bspw. eine allergie oder ein eindeutig diagnostizierbarer, körperlicher defekt. das ist aber alles andere als die regel. es gibt nicht von ungefähr gerade in der psychiatrie so massive fehldiagnosen. ich kenne einige leute, die nicht nur eine diagnose am hals haben, sondern quasi von jedem psychiater ne andere - grundverschiedene diagnosen wohlgemerkt. gerade in der psychiatrie/psychologie funktioniert das mit dem verpacken in normen und mit dem standardisieren nicht wirklich, sondern eher in ausnahmefällen.

gute fachleute sehen auch selbst ein, dass sie an ihre grenzen stoßen.

zitat christian wulff:
[...]"nach kräften habe ich mich bemüht und sogar mit einem gewissen erfolg diese krise empathisch mitzuempfinden, bei den versuchen das so mitempfundene nicht nur in worte zu kleiden, sondern auf einen verallgemeinernden begriff, auf einen gemeinsamen nenner zu bringen, war ich jedoch letztlich gescheitert. ich verheddere mich jedes mal in ein netz von argumenten, die schließlich in einer tautologie oder in einer paradoxie mündeten. das wirft die frage auf, wie es kommt, dass man vom schizophrenen ausdruck zwar angeführt wird und dies sogar mit einer sonst kaum je antreffbaren intensität und eindringlichkeit , ohne dass aber dies ergriffensein zu einer verallgemeinerbaren verständigung darüber führt, was der kranke erlebt und wie er dies tut. ich verstand also zwar - aber ich ich dieses verständnis dritten nicht nur spürbar machen, sondern es für sie auch in systematische begriffe fassen wollte, die seine spezifische struktur deutlich machen, glitt es mir sogleich aus den händen und ich musste immer wieder zu einem neuen versuch ausholen, um es genauer zu beschreiben.[...]

er kommt am ende zu dem schluss, dass die akzeptanz eben dieser unverständlichkeit neue möglichkeiten eröffnen, indem man sie einfach als nicht in ne norm passend akzeptiert und von der warte aus therapeutisch weiterarbeitet. hier gings allerdings um schizophrenie, die diagnosen sind allerdings teilweise auch austauschbar.
wulff ist soweit ich weiß eher ein vertreter psychosozialer ursachen, bin mir da aber ehrlich gesagt nicht ganz sicher.

ich wiederhol mich ungern, aber gerade zur klassifizierung psychischer krankheiten sollten bzw. müssen betroffene mit einbezogen werden, weil diese mit normen, statistiken, dsm-regelwerken nicht vollständig erklärt werden können - die psyche ist einfach ein zu komplexes instrument.

als nicht betroffener wird es jeder fachmann schwer haben sich dort einzufinden, auch wenn er umfassende schulmedizinische kenntnisse hat. eine zusammenarbeit auf gleicher augenhöhe mit betroffenen ist daher unabdingbar, wenn man weiterkommen will, das ist quasi eine gegenseitige horizonterweiterung und lösungsorientierter.

edit:
guck hier: http://de.wikipedia.org/wiki/SKID

zitat:
Das Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV (SKID) ist ein verbreitetes Verfahren zur Diagnostik psychischer Störungen nach dem Diagnosemanual DSM-IV.

Ablauf (SKID-I)

Technisch gesehen ist das SKID-I ein Leitfadeninterview: Der Interviewer stellt bestimmte Fragen und codiert die Antworten (z.B. "Symptom nicht vorhanden" / "Symptom unterschwellig vorhanden"), um am Ende eine Differenzialdiagnose stellen zu können. Es kann allerdings bei Bedarf um standardisierte Erhebungsinstrumente (z.B. Fragebögen wie das Becks Depression Inventory, BDI) ergänzt werden. Das SKID beginnt mit einem kurzen Kodierungsabschnitt für biosoziale Daten und Forschungsdokumentation. Zu Beginn des Interviews findet sich ein kurzer Explorationsleifaden. Die Exploration gibt einen Überblick über derzeitige und frühere Beschwerden und Symptome, bevor im weiteren Verlauf systematisch nach den oben genannten spezifischen Symptomen gefragt wird.

Die Durchführungszeit des SKID-I beträgt bei stationären psychiatrischen Patienten etwa 70 Minuten.

Ablauf (SKID-II)

Beim SKID-II handelt sich um ein zweistufiges Verfahren, bestehend aus einem Fragebogen und einem nachfolgenden Interview. Der Fragebogen dient dem Screening für die Merkmale der zwölf erfassten Persönlichkeitsstörungen. Im nachfolgenden Interview brauchen dann nur noch diejenigen Fragen gestellt zu werden, für die im Fragebogen eine «ja»-Antwort angekreuzt wurde. Dieses Vorgehen reduziert die Durchführungszeit.

Die Durchführungszeit des SKID-II ist mit etwa 30 Minuten zu veranschlagen.

ja klar... :oops:
 
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wolltest du es nicht für laien verpacken? ;)

ich hatte mal jemanden kennengelernt, bei dem u.a. auch elektroschocktherapie für seine depression durchgeführt wurde. ihm hatte sie nicht geholfen. er kam jahrelang danach immer wieder in psychiatrische kliniken. inzwischen ist er ebenfalls seit jahren gesund - geholfen hat ihm in seinem fall aber ne religion (buddhismus hier ;) ), die hat ihm quasi gelassenheit eingeimpft, dadurch, dass er sich darauf eingelassen hat, also ein eindeutig psychologischer effekt und kein biochemischer - du wirst sagen ein einzelfall, ich sag es ist die regel dass therapien nicht wirken, weil die basis der störung falsch definiert ist, weil es einfach schwierig ist hier allgemeingültige kritierien zu schaffen.

Ich spreche von statistisch gesicherten, validierten und geprüften Daten. Ja, Du von einem Einzelfall. Nur so: Einen garantierten Therapieerfolg gibt es nichtmal bei sowas simplen wie ner Mandelentzündung. Wie soll es das dann bei wesentlich komplexeren Entitäten, wie psychischen Störungen, geben? Auf den Zusammenhang zwischen Biophysikalischen Effekten und Psyche gehe ich gleich nochmal ganz ausführleich ein, nur soviel vorweg: Du hast mich nicht verstanden. Weshalb die Nonresponderraten im Bereich der Psychiatrie besonders hoch sind, darauf gehe ich im Verlauf des Postings nochmal ausführlich ein.

dass es rein biochemische abläufe sind, die psychische krankheiten bedingen, ist auch einfach nicht nachgewiesen. da streiten sich die fachleute seit vielen jahren darüber ohne auf einen wirklichen konsens zu kommen. klar spielen auch chemische prozesse ne rolle, aber wer sagt einem, dass nicht äußere einflüsse diese in gang bringen?

Jede Kognition, jede Emotion, jede Wahrnehmung, jedwede Form unbewußter Einflußgrößen auf diese sind die Summe biophysikalischer Ereignisse im Gehirn. Unser Gehirn enthält etwa 6x10^12 Neuronen, jedes neuron bildet dabei bis zu 2 Millionen synaptische Kontakte (jeder Kontakt zu einem jeweils anderen Neuron), jeder Synaptische Kontakt übermittelt Informationen Frequenzkodiert von etwa 7 bis 300 Hz (jede Frequenz eine andere Information). Jede Information übt dabei entweder aktivierenden, oder inhibierenden Einfluß auf das jeweilige Empfangsneuron aus. Dazu sind Neurone in Subpopulationen zusammengefasst, die über Koaktivierungen widerrum frequenzkodiert Informationen darstellen, ein Neuron kann dabei verschiedenen Kernsäulen, auch gleichzeitig, angehören. Alle genannten Zahlen (und eine noch viel größere Menge ungenannter Faktoren) verhalten sich exponentiell zueinander, wenn man die Summe biophysikalischer Ereignisse von "Hirnfunktion" abbilden will. Wir kommen also auf eine astronomisch große Zahl an Ereignissen, die unsere Wahrnehmung, unser Empfinden, unser Denken und unsere Körperfunktionen kodieren. "Psyche" ist kein großes, waberndes Unbekanntes, das da irgendwo in ätherischen Dimensionen versteckt vor sich hin wabert, sondern die Summation dieser permanent ablaufenden biochemischen Prozesse, die eine elektrophysikalische Entladung zur Folge haben. Keine Maschine dieser Welt verfügbt über ein ausreichend Auflösungsvermögen die Aktivität unseres Gehirns im Ruhezustand bis zur zellulären Aktivität hinab aufzulösen, kein Computer ist dazu in der Lage die Rechenoperationen unseres Gehirns nachzuvollziehen oder in Echtzeit auszuführen. Dies insgesamt aber ist Psyche. Ist die Psyche gestört, dann sind einzelne, unbekannte Größen innerhalb dieses biophysikalischen Ereignisraums gestört. Jede psychische Regung ist ein Produkt biophysikalischer Ereignisse. Ergo ist auch jede psychische Störung Produkt biophysikalischer Ereignisse.
Die Psychologie tut nichts als die Tatsache, dass nichtmal einfache psychische Vorgänge, wie das Sehen und Verstehen eines Bildes, auf zellulärer Ebene aufgelöst und nachvollzogen werden können, dazu zu nutzen, auf ein minimum simplifizierte Modelle zum Verständnis stellvertretend für die wirklich ablaufenden Prozesse zu entwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass keine biochemischen Reaktionen zwischen Neuronen diesen Prozess ausführen, es entzieht sich nur unseren technischen Darstellungsmöglichkeiten und findet einerseits in molekularkleinen Dimensionen, andererseits mit astronomisch großen Rechenoperationen statt. Was Du als "Psyche" bezeichnest, ist für mich die Summation neurophysiologischer Prozesse, die in Regelkreisläufe organisiert sind, die sich gegenseitig beeinflussen und zusätzlich durch Hormone, Zytokine, Gene und Expressionsmuster beeinflusst werden.
Die Neurobiologie gibt mir darin übrigens Recht.
Damit ist nicht gesagt, dass wir den neurophysiologischen Korrelaten unserer Großhirnrinde ausgeliefert sind. Jede Emotion, jede Kognition, jede Wahrnehmung interferiert mit anderen Regelkreisläufen anderer Gedanken, Empfindungen, Wahrnehmungen. Um, im Sinne der Psychologie, das anhand eines vereinfachten Modells darzustellen, bleiben wir erstmal bei der Depression:
Anhaltender Disstress führt zu Cortisonüberladung -> Besetzung von niederaffinen (werden erst bei hohen Dosen Cortison besetzt)Typ-II Cortisonrezeptoren im Gehirn -> verminderter Expression von Serotoninrezeptoren -> Geringerer Sensitivität auf Serotoninausschüttungen -> depressiver Symptomatik (kognitiv wie emotional) -> nachhaltigem, verstärkten negativen Empfinden und Denken -> Disstress -> anhaltend hoher Cortisonausschüttung ->...
Dies nur mal ganz vereinfacht ein neurophysiologisches Korrelat von Biochemie und Empfinden. Die Wahrheit ist unendlich komplexer (oder eben 6x10^12^(2x10^6)^(300x299x288....x1)... kompexer :D ).

nehmen wir mal bspw. psychosen her. hier ging man von biologischen bzw. sogar genetischen ursachen aus, da auch vererbung eine rolle spielte. darauf, dass ein dopaminüberschuss ursächlich sein könnte kam man, da durch zufall herauskam, dass domapinreduzierende medikamente bei akuten psychosen wirken können, können wohlgemerkt. heute ist klar, dass ganz verschiedene faktoren verantwortlich sein können, auch rein psychosoziale ursachen.
auch rein biochemische können in manchen fällen als eindeutig bestimmt werden. aber es gibt kein kriterium für bspw. alle paranoiden psychosen oder alle depressionen, weil schon innerhalb derselben diagnosen die abstufungen so unterschiedlich sind.

Der verbindende Zusammenhang aller Paranoid-Halluzinatorischen Schizophrenien (so heisst die Diagnose korrekt), ist, dass es Krankheiten des psychotischen Formenkreises sind mit im Schwerpunkt Paranoid-ängstlichen Wahnvorstellungen. In diesem definierten Rahmen teilen alle Patienten bestimmte Symptome (die individuell sich unterschiedlich darstellen können, aber aufs gleiche Prinzip rückführbar sind) und die Diagnose stellt eine konkrete Therapieindikation sowie die Notwendigkeit eines Klinikaufenthalts dar.
Die Diagnose "Depression" hingegen gibt es nicht, sondern nur die Klasse "Depressive Episoden" ICD 10 f 32, die dann in "leichte (32.0)/mittelgradige Episode (32.1)", "schwere Episode ohne (32.2)/mit (32.3) psychotischen Symptomen"... (bis 32.9), sowie f 33 (auch wieder bis .9) für die rezidivierenden (wiederkehrenden) depressiven Episoden, sowie f 34.1 + 34.2 (zyklothymia, dysthymia), für Manisch-depressive Syndrome die f31.1-9 und für alles was dann nicht klassifiziert ist, gibt es in f38 und f39 nicht näher bezeichnete affektive Störungen. Allen gemein ist, dass sie zu den affektiven Störungen gehören.
Die Forderung nach mehr Differenzierungen ist also nicht notwendig, da Differenzierung bereits in den Diagnosemanuals ausreichend gegeben ist.
Ich glaube, Du missverstehst den Sinn eines Diagnosemanuals wie das ICD 10, oder das DSM IV aber ein wenig. Es geht in diesen Manuals nicht darum den Krankheiten oder den Erkrankten gerecht zu werden. Die Manuals haben die Aufgabe signifikante, existierende Störungen differenziert nach Symptomausprägung und Ätiologie zum Zwecke international identischer Kriterien, standartisierter Diagnoseverfahren und Therapien zu ordnen, sprich: eine Arbeitsgrundlage und eine Verwaltungsmöglichkeit im Klinikalltag zu liefern die einfach und auf einem Blick einen klar definierten Sachverhalt verschlüsselt. Stell Dir vor man würde in Amerika bei einer "Depression" etwas ganz anderes meinen, als hier in Deutschland, oder könnte überhaupt nichts unter einem Begriff definieren, sondern müsste für jeden Fall jedes Mal eine komplette Symptomliste schreiben (wer dürfte da dann die Begriffe definieren???).
Ganz praktisch und konkret: Wenn ich jemanden behandeln will, muss ich erstmal wissen was er hat. Die meisten Krankheiten haben speziell für sie entwickelte Therapien heutzutage. Ich kann bei "schlechter Stimmung" nicht einfach ein SSRI geben oder eine Interpersonelle Psychotherapie anbieten, vielleicht hat der Patient die schlechte Stimmung ja aufgrund einer B-Symptomatik einer Schizophrenie? Wie aber krieg ich das raus, wenn nirgends weltweit gültig definiert ist, was was ist? Diagnosemanuals sind genau das: das Werkzeug um festzustellen "Welches Problem hat der Patient eigentlich, und wie behandel ich es am besten?". Ich kann natürlich auch jedes Symptom einzelnd behandeln und den Patienten mit 25 Medikamenten nach Hause schicken. Wär aber nicht so knorke.
Dabei ist es auch nicht wesentlich, dass die Kriterien jeden einzelnen Patienten exakt in ihren Definitionsrahmen einfangen. Das ist gar nicht möglich und auch nicht gewollt. Es geht darum die statistisch signifikanten, also mehrheitlich auftretenden, Symptomkonstellationen zu einer Klasse zusammenzufügen. Man kann nicht für jeden Patienten eine neue Diagnose erfinden, dann haben wir für psychiatrische Erkrankungen nämlich nicht mehr F01-F99 sondern F01-F99999999999999999999999999999. Das ist deshalb nicht günstig, weil keiner dann mehr einen Überblick haben wird und niemand mehr weiß worüber man eigentlich redet wenn man F342535342626426245624425.7 als Diagnose gibt.

Für die konkrete, differenzierte und allen Fällen möglichst gerecht werdende Darstellung von Erkrankungen ist die Fachliteratur da.

ein erfolg von 65 prozent ist gerade mal etwas mehr als die hälfte, möglicherweise spielen auch faktoren wie das sich auf therapie einlassen können eine rolle, ob eine behandlung anschlägt.

Ein Erfolg von 65% ist bei Monotherapien mit entweder Medikamenten oder Psychotherapie aber eben das, was man erhält. Wie ich schrieb werden in klinisch relevanten Fällen deshalb Kombinationstherapien angewandt. Damit hat man eine Erfolgsquote von 85%. Bei Psychosen sieht es leider wesentlich schlechter aus, 1/3 wird geheilt, 1/3 bekommt erneute psychotische Episoden, 1/3 chronifiziert und schwankt nur noch zwischen B-Symptomatik und akutem Schub für den Rest des Lebens. Die akuten Schübe lassen sich übrigens auch in letzterer Gruppe durch Dopaminrezeptorantagonisten behandeln.
Die hohe Nonresponderrate hat viele Ursachen, Compliance (also die Bereitschaft und Mitarbeit des Patienten in der Therapie) ist sicher eine wichtige, aber ebenso das Fehlen von kausalen Therapien (einzelne Rezeptoren sind sicher nicht die einzigen Verursacher von psychischen Erkrankungen, siehe Ausführungen zur Neurobiologie. Biographien und häufig auch das soziale Umfeld und die Lebensrealität des Patienten sind nicht oder nur schwer veränderbar), sowie die Tatsache, dass viele Menschen erst in Therapie kommen, wenn ihre Krankheiten sich schon lange chronifiziert und aggrativiert haben. Im Bereich der Kinder-Jugendpsychiatrie z.B. sind die Erfolgsquoten häufig deutlich besser.

bei johanniskraut geh ich mal stark vonnem placeboeffekt aus, ebenso wie bei der geschichte mit dem buddhismus. das ist nicht negativ gemeint, da ich diesen als einen sehr postiven effekt sehe.

Und warum gehst Du davon aus? Glaubst Du, dass Fliegenpilzgift giftig ist weil...auch Placeboeffekt? In Pflanzen ist mehr als Wasser und Liebe drin, da sind Stoffe drin, die mit körpereigenen Proteinstrukturen interagieren können. Ist die Konzentration dieser Stoffe hoch genug gibt es Wirkung und Nebenwirkung. Der Effekt von Johanneskraut bei Depressionen und Schlafstörungen ist nachgewiesen. Ebenso die Cytochrominduktion. Nachgewiesene Effekte in der Medizin sind immer signifikant größer als der Placeboeffekt. Das wird mit Placebokontrollstudien auch belegt.

und schau dir mal die diagnosekriterien für borderline an. das wird gerne mal dieses zehn-punkte-programm nach dsm hergenommen, um ne diagnose zu klassifizieren. das ist weit verbreitet. wenn eine gewisse anzahl der punkte erfüllt ist und ein fachmann dem vertraut und entsprechend die diagnose borderline stellt, hast du den dreck. gerade bei borderine nämlich verheerend, da es nach wie vor als eine der sogenannten störungen gilt, die als äußerst schwer therapierbar eingestuft werden, es gibt auch fachleute, die es als überhaupt nicht therapierbar ansehen. teilweise weigerten sich psychiatrieen sogar aus dem grund borderliner aufzunehmen, weil ihnen die verantwortung wg. der suizidgefahr zu groß war oder die aussicht auf therapieerfolg als nicht gegeben angesehen wird.

Nein, nein und nein!
Zuerst sind es 9 Diagnosekriterien nach DSM (ist auch für Deutschland gültig und wird im kommenden ICD 11 auch vom WHO übernommen).
Borderline ist eine Ausschlussdiagnose. Borderline ist eine Persönlichkeitsstörung. Persönlichkeitsstörung heisst, dass alle Aspekte des Patienten betroffen sind, die Wahrnehmung, die Affekte, die Beziehungsgestaltung, die Kognitionen... Ausschlussdiagnose heisst, dass diese Diagnose erst gestellt wird, nachdem man andere zu den Symptomen passende Diagnose nicht verfizieren konnte. Persönlichkeitsstörungen werden generell erst diagnostiziert, wenn man im klinischen Rahmen über Wochen den Patienten beobachtet hat. Es kann natürlich bereits am ersten Tag der Verdacht geäußert werden, wenn z.B. die Biographie des Patienten deutliche Hinweise liefert. Auch dann wird dieser Verdacht aber erstmal gründlich geprüft. Ich habe keinen Psychiater bislang kennengelernt, der eine solche Diagnose leichtfertig stellt.
Persönlichkeitsstörungen sind per se schlecht therapierbar. Es gibt da noch wesentlich schlimmere Störungen als Borderline, z.B. Dissoziative Persönlichkeitsstörungen (in den Medien gern als "Multiple-Persönlichkeit" bezeichnet), oder aus der Forensik z.B. die Soziopathische Persönlichkeitsstörung (bislang handfester Grund für lebenslange Sicherheitsverwahrungen...mal schauen was nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs jetzt mit denen passiert), von sexuellen Störungen wie Pädophilie oder sexuellem Sadismus, bei denen es nichtmal Ansätze für Therapien gibt, fangen wir gar nicht erst an.
Diese Diagnosen sind unbequem. Diese Diagnosen gibt es dennoch. Ziel der Therapie ist es bei Persönlichkeitsstörungen nicht den Patienten zu heilen, da das tatsächlich nicht möglich ist. Es geht darum die Alltagsfähigkeit und den Leidensdruck der Patienten mit Borderlinestörung zu verbessern. Dazu bedarf es spezialisierter Therapieverfahren und viel klinischer Erfahrung im Umgang mit diesen Patienten.
Das erste Gebot der Medizin, und das seit Hippokrates, ist "primum nil nocere"=zuallererst nicht schaden! Ein Arzt der die Behandlung von Borderlinern ablehnt, tut dies nicht weil er ein faules, mieses Arschloch ist, sondern weil er sich nicht zutraut die Behandlung erfolgreich durchzuführen. Fehler in der Behandlung von Borderline resultieren dabei in so unschönen Dingen wie Suizid, Prostituion, schwerstwiegende Selbstverletzungen oder Retraumatisierungen. Es ist daher die Sorgfaltspflicht eines Arztes die Behandlung von Krankheiten, die ausserhalb der Kompetenzen des Arztes liegen, abzulehnen und an spezialisierte Fachleute zu verweisen, die in den speziell für Borderline entwickelten Therapien auch ausgebildet sind (wie Dialektisch-Behaviorale Therapie). Ich transplantiere auch keine Nieren, das soll bitte ein Gefäßchirurg machen, dann überlebt der Patient auch die OP.
Das häufige Auftreten von Borderline ist übrigens nicht der Schludrigkeit von diagnostizierenden Ärzten geschuldet, sondern eher ein Hinweis auf die weite Verbreitung der Risikofaktoren, von Kindesmissbrauch (die Dunkelziffer wird auf bis zu 200.000/a geschätzt) zu massiver häuslicher Gewalt.

natürlich gibts auch fälle, in welchen eindeutige ursachen festgestellt werden können, bspw. eine allergie oder ein eindeutig diagnostizierbarer, körperlicher defekt. das ist aber alles andere als die regel. es gibt nicht von ungefähr gerade in der psychiatrie so massive fehldiagnosen. ich kenne einige leute, die nicht nur eine diagnose am hals haben, sondern quasi von jedem psychiater ne andere - grundverschiedene diagnosen wohlgemerkt. gerade in der psychiatrie/psychologie funktioniert das mit dem verpacken in normen und mit dem standardisieren nicht wirklich, sondern eher in ausnahmefällen.

Die Normen und Klassifikationen sind Schuld an den Fehldiagnosen? Das ist ein wenig kurz gedacht.
Ich sag Dir mal, was ich auf den internistischen Stationen so an Diagnostik zur Verfügung habe:
Die Anamnese und körperliche Untersuchung, die immer die wichtigsten Anhaltspunkte liefert. Dann kommt die Laborchemie, egal was es so im Blut gibt, das Labor kann es nachweisen. Jeder Wert kann mir was über den Zustand des Patienten verraten. Bildgebund: Röntgenbild, CT, MRT, Szintigraphie, Sonographie, Echokardiographie, PET, um mal die Wichtigsten zu nennen. Invasive Verfahren: Punktionen, Endoskopien, Gastroskopien, Bronchoskopien, Herzkatheter + EPU, intravasale Blutdruckmessungen (venös oder arteriell). Elektrophysiologische Untersuchungen: EKG, EEG, Nervenleitgeschwindigkeit, Langzeit-EKG, Telemetrie. Photometrische Verfahren: Sauerstoff-Sättigung, Körpertemperatur. Weitere Laboruntersuchungen: Microbiologie, Urinsediment und Urinstatus, Virusserologie, Serumelektrophorese, Tumormarker, Blutgasanalysen, Blutausstriche, Konchenmarksausstriche... Pathologie: Histologie, Immunhistochemie, Zytologie, Genetik.

Und nun überleg mal, was der Psychiater für seine Diagnostik hat:
Er kann sich mit dem Patienten unterhalten. Und das wars. Es gibt ganz wenige, hochspezielle Fälle bei denen ein Psychiater über eine Bildgebung etwas diagnostizieren kann, so haben Patienten mit dissoziativer Persönlichkeitsstörung im fMRT eine alternierende Stressantwort, als Zeichen für die massiven, frühkindlichen Traumata, die dieser Störung vorausgehen. Macht man aber natürlich nicht, da die Krankheit extrem selten ist, die Untersuchung sau teuer und der Informationsgewinn gegenüber der konventiellen Diagnosestellung (dem Gespräch mit dem Patienten und das Beobachten des Patienten) unwesentlich ist. Bei Schizophrenien sind die Seitenventrikel vergrößert. Das ist aber ein diskretes Merkmal und erlaubt ausserdem so an die 30 anderen Diagnosen, auch nicht hilfreich.
Tja...also muss der Psychiater sich auf das verlassen, was der Patient erzählt, und was der Psychiater am Patienten beobachten kann. Und im Gespräch gehts um Dinge wie die Emotionen und Kognitionen des Patienten. Kleine Übung: Beschreibe und unterscheide allgemeingültig zwischen: Scham, Zweifel, Angst, Furcht, Unsicherheit, Hass, Wut, Trauer, Einsamkeit, Schwermut, Freude, Glück, Liebe, Demut, Verloren sein, Kontrollverlust, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung... Kann ja mal jeder versuchen, der das hier liest und einfach in nem Post schreiben. Ich garantiere weit auseinanderklaffende Umschreibungen und Definitionsrahmen.
Nur so am Rande: die meisten Patienten sind nichtmal dazu in der Lage mir zu sagen ob ihr Schmerz 1) dumpf-drückend, 2) ziehend, 3) stechend oder 4) brennend ist. Aber der Psychiater soll in einem Gespräch mit zumeist rethorisch durchschnittlich bewanderten Menschen, dem er zum ersten Mal in seinem Leben sieht, feststellen ob eine Post-Traumatische Belastungsstörung, eine Angststörung oder eine Depression vorliegt.

Die Diagnosemanuals geben einen statistisch normierten Rahmen für die Defintion von Erkrankungen an. Fehldiagnosen entstehen auf ganz anderer Ebene, nämlich im diagnostischen Prozess.

gute fachleute sehen auch selbst ein, dass sie an ihre grenzen stoßen.

Und gute Laien urteilen nicht über Dinge, von denen sie keine Kenntnis haben. Das wollte uns Sokrates schon lehren, als er sagte "Ich weiß, das ich nichts weiß..."

zitat christian wulff:

er kommt am ende zu dem schluss, dass die akzeptanz eben dieser unverständlichkeit neue möglichkeiten eröffnen, indem man sie einfach als nicht in ne norm passend akzeptiert und von der warte aus therapeutisch weiterarbeitet. hier gings allerdings um schizophrenie, die diagnosen sind allerdings teilweise auch austauschbar.
wulff ist soweit ich weiß eher ein vertreter psychosozialer ursachen, bin mir da aber ehrlich gesagt nicht ganz sicher.

ich wiederhol mich ungern, aber gerade zur klassifizierung psychischer krankheiten sollten bzw. müssen betroffene mit einbezogen werden, weil diese mit normen, statistiken, dsm-regelwerken nicht vollständig erklärt werden können - die psyche ist einfach ein zu komplexes instrument.

Die Psyche ist ein Instrument wofür?
Nochmal: die Manuals sind nicht dazu gedacht ein Individuum oder einen individuellen Krankheitsprozess vollumfänglich zu erfassen und abzubilden. Die Manuals sollen die statistisch signifikanten Symptomkonstellationen in Definitionsrahmen zusammenfassen, die eine einfache Kommunikation, ein international einheitliches Verständnis und eine einfache Verwaltung im Gesundheitswesen erlauben. Eine Rezidivierende Major-Depression ist dabei immer eine rezidivierende Major-Depression, egal wie die individuelle Ausprägung beim jeweiligen Patienten aussieht.

als nicht betroffener wird es jeder fachmann schwer haben sich dort einzufinden, auch wenn er umfassende schulmedizinische kenntnisse hat. eine zusammenarbeit auf gleicher augenhöhe mit betroffenen ist daher unabdingbar, wenn man weiterkommen will, das ist quasi eine gegenseitige horizonterweiterung und lösungsorientierter.

Es ist äußerst naiv anzunehmen, dass man in einem sensiblen Bereich wie der Psychiatrie auf die Patienten zugeht und dann versucht sie in sein Lehrbuch oder Diagnosemanual zu quetschen, und solang draufschlägt bis sie passen. In der Psychiatrie werden Störungen eines Patienten individuell aus seiner Biographie verstanden und der Patient ganzheitlich in den Therapieprozess integriert, durchaus unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse. Das Patienten sich dennoch über den Psychiatrieaufenthalt häufig beklagen kann ich gut nachvollziehen und glaube ich gern. Nur soviel: eine Psychiatrie ist kein Ponyhof. Eine Psychiatrie ist auch kein 5-Sterne Hotel. Und eine psychiatrische Behandlung ist keine Massage zu ätherischen Wohlfühlklängen von Walgesang zu Meeresrauschen. Den Patienten geht es scheiße und viele werden entweder alles in ihrem Leben verlieren, oder ihrem Leben bereitwillig ein Ende setzen, wenn sie nicht behandelt werden. Und zur Behandlung gehört, dass sie erstmal so richtig durch die ganze Scheiße müssen, die sich in ihrem Inneren aufgestaut hat, "den eigenen Dämonen stellen", und sich am Laufenden Band mit Gedanken und Gefühlen konfrontiert sehen, durchaus von Pfelgern und Psychiatern forciert, vor denen sie am liebsten Weglaufen und sich vergraben würden, wo man vor sich selbst geschützt werden muss und das durchaus gegen eigenen Willen inklusive 6 Gurte, die einen ans Bett fesseln. Das man dann nicht sagt "ja, war ne schöne Zeit, nächstes Jahr fahr ich wieder hin!" halte ich nur für Gesund im Sinne der Selbsterhaltung.
Die Psychiatrie ist aber auch ein Ort in dem man angenommen wird, trotz aller noch so schwieriger Absonderlichkeiten die man mitbringt, wo man nicht schief angeschaut wird, weil man einen BMI von 11,3 hat, oder 45,5, wo man gefragt wird, was denn los ist, wenn man mal einen Tag lang gar nichts sagt weil man am liebsten am Strick baumeln würde, wo man lernt über das zu lachen, was einen eigentlich an einem selber stört und wo man einfach auch mal das Gefühl leben kann, was man grade empfindet, und sich für nichts und niemanden verstellen braucht.

Versteh mich nicht falsch, Du hast Dir ein gutes Wissen über vieles angeeignet, gar keine Frage. Deine einseitige Position als Patientenanwältin, die Du hier präsentierst, zeigt aber das Du wenig Erfahrung in dem Bereich hast und Dir so einige Urteile erlaubst zu Themen, zu denen schlicht keine validen Infos hast. Das kann sehr schnell sehr arrogant und anmaßend wirken.

edit:
guck hier: http://de.wikipedia.org/wiki/SKID

zitat:

ja klar... :oops:[/QUOTE]

Diese Diagnosescores sind über Jahre hinweg in vielen großen, multizentrischen Studien, inklusive Follow-Ups und Retests, zum Teil Doppelt-verblindet und von verschiedenen, unabhängigen Expertenkomitees geprüft und bewertet, bevor auch nur erwogen wird sie ins DSM zu übernehmen. Wie jeder Score haben diese Tests Sensitivität und Spezifität und schränken damit von sich aus die Verwertbarkeit ihrer Angaben ein (80% Sensitivität bedeutet=80% der Menschen, die in diesem Score den Cut-Off überschreiten, also laut Test die Diagnose haben, haben auch wirklich die Diagnose, Spezifität gibt den Wert derjenigen an, die bei negativem Testergebnis auch wirklich NICHT krank sind...je nach Fragestellung ist einer der beiden Werte wichtiger, bei HIV z.B. ist die Spezifität wichtiger als die Sensitivität), zudem sind solche Scores immer nur Ergänzungen zum klinischen Befund und nie alleiniges Diagnosekriterium. Sie werden entweder zur Sicherung einer Diagnose herangezogen (sprich: Die Diagnose ist schon gestellt und man will prüfen ob sie es denn wirklich ist), oder bei Unklarheit zur Vereinfachung der Entscheidungsfindung benutzt (sprich: Sollen wir in Richtung Borderline überhaupt weiter überlegen, oder schauen wir doch lieber nochmal ganz woanders?).

Ich weiß nicht wieviele 70-minütige Fragebögen Du schon über Dich hast ergehen lassen, aber bei diesen Scores ist es von immenser Wichtigkeit, dass sie so kurz wie möglich sind, damit die Patienten den gesamten, nicht immer unbedingt angenehmen, Fragenkatalog überhaupt mitmachen. Man darf solche Scores z.B. nicht über verschiedene Sitzungen verteilen, weil das die Ergebnisqualität deutlich herabsetzt. Hat also schon seinen Sinn, dass man Kurzformen für 30 Minuten anbietet (die entsprechend wieder eigene Angaben zu Sensitivität und Spezifität haben).

PEACE!!!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich spreche von statistisch gesicherten, validierten und geprüften Daten. Ja, Du von einem Einzelfall.
In diesem fall hab ich von einem einzelfall gesprochen, den wir mal im Inteview hatten, da du in den raum geworfen hast, ein von depression betroffener bräuche sich nur ne elektroschocktherapie geben, um seine depression schnell loszubekommen, da diese meistens wirkt. du kannst auch ein ein forum gehen, in dem sich betroffene austauschen und wirst feststellen, dass auch bei leuten, die jahrelang diese krankheit haben eine elektroschocktherapie kritisch gesehen wird und heilerfolg nicht so eindeutig groß ist, dass es betroffenen leicht fällt, sich dafür zu entscheiden.

Jede Kognition, jede Emotion, jede Wahrnehmung, jedwede Form unbewußter Einflußgrößen auf diese sind die Summe biophysikalischer Ereignisse im Gehirn.

ich wiedersprech dir ja nicht, dass biophysikalische ereignisse im gehirn stattfinden, die unsere wahrnehmung ausdrücken, aber biophysikalische ereignisse werden wiederum auch durch außenreize angeregt.

"Psyche" ist kein großes, waberndes Unbekanntes, das da irgendwo in ätherischen Dimensionen versteckt vor sich hin wabert, sondern die Summation dieser permanent ablaufenden biochemischen Prozesse, die eine elektrophysikalische Entladung zur Folge haben.

Jede psychische Regung ist ein Produkt biophysikalischer Ereignisse. Ergo ist auch jede psychische Störung Produkt biophysikalischer Ereignisse.

du machst es dir zu einfach...

Das bedeutet aber nicht, dass keine biochemischen Reaktionen zwischen Neuronen diesen Prozess ausführen, es entzieht sich nur unseren technischen Darstellungsmöglichkeiten und findet einerseits in molekularkleinen Dimensionen, andererseits mit astronomisch großen Rechenoperationen statt.

die unbekannte variable also... ;)

as Du als "Psyche" bezeichnest, ist für mich die Summation neurophysiologischer Prozesse, die in Regelkreisläufe organisiert sind, die sich gegenseitig beeinflussen und zusätzlich durch Hormone, Zytokine, Gene und Expressionsmuster beeinflusst werden.

das ist eben schulmedizin. nicht negativ gemeint, aber betroffene, die sich bspw. auch in netzwerken organisierten, halten das für nen zu einseitigen blickwinkel.

Die Neurobiologie gibt mir darin übrigens Recht.

das stimmt, das tut sie... :)


Damit ist nicht gesagt, dass wir den neurophysiologischen Korrelaten unserer Großhirnrinde ausgeliefert sind. Jede Emotion, jede Kognition, jede Wahrnehmung interferiert mit anderen Regelkreisläufen anderer Gedanken, Empfindungen, Wahrnehmungen.

jetzt kommen wir dem ganzen näher...

Anhaltender Disstress führt zu Cortisonüberladung -> Besetzung von niederaffinen (werden erst bei hohen Dosen Cortison besetzt)Typ-II Cortisonrezeptoren im Gehirn -> verminderter Expression von Serotoninrezeptoren -> Geringerer Sensitivität auf Serotoninausschüttungen -> depressiver Symptomatik (kognitiv wie emotional) -> nachhaltigem, verstärkten negativen Empfinden und Denken -> Disstress -> anhaltend hoher Cortisonausschüttung ->...

durch außenreize bedingt - da reichen keine ekts oder rosa pillen aus, um nen dauerhaften heilerfolg zu erzielen, wenn man die behebung der ursache nicht in angriff nimmt. in der praxis leider echt nicht immer gegeben...

Die Wahrheit ist unendlich komplexer (oder eben 6x10^12^(2x10^6)^(300x299x288....x1)... kompexer :D ).

sag ich doch... :)

Der verbindende Zusammenhang aller Paranoid-Halluzinatorischen Schizophrenien (so heisst die Diagnose korrekt), ist, dass es Krankheiten des psychotischen Formenkreises sind mit im Schwerpunkt Paranoid-ängstlichen Wahnvorstellungen. In diesem definierten Rahmen teilen alle Patienten bestimmte Symptome (die individuell sich unterschiedlich darstellen können, aber aufs gleiche Prinzip rückführbar sind) und die Diagnose stellt eine konkrete Therapieindikation sowie die Notwendigkeit eines Klinikaufenthalts dar.

das stimmt, vom prinzip her äußert sie sich bei allen gleich, jedoch ist die interpretation der wahrnehmungen also der bilder individuell unterschiedlich, jeder erlebt seine eigene hölle, was aber meiner meinung nach mit der biographie und angelerntem denken zu tun hat, möglicherweise auch mit verdrängten traumata. in einzelsitzungen in psychotherapien werden diese wahrnehmungen nicht beleuchtet, sondern es wird medikamentös auf die symptome abgezielt und ein bißchen auf aktuelle empfindungen eingegangen. ein psychiater kann auch diese wahrnehmungen gar nicht deuten, weil er sie nicht nachvollziehen kann (er sieht darin nur biochemische formeln ;) ), daher sind gerade psychotiker, die möglicherweise durch diese art wahrnehmung etwas aus ihrer biographie verarbeiten, aufgeschmissen. eine krankheit ist ja auch immer ausdruck dafür, dass etwas nicht in ordnung ist, das bearbeitet gehört. psychosewahrnehmungen könnte man auch mit traumbildern vergleichen - sie sagen dir was aus über etwas, das unverarbeitet ist.
psychoanalyse wäre hier vielleicht nicht mal schlecht, sofern eine akute phase vorbei und der patient gefestigt ist, diese möglicherweise durchziehen zu können. aber es gibt keinen psychoanalytiker, der einen ehemaligen psychotiker einer analyse unterzieht. er darf das schlicht nicht, weil die rückfallquote als hoch eingestuft wird. es wird befürchtet, dass schlüsselreize während der analyse neue psychosen bedingen. wenn ein psychotiker sich einer analyse freiwillig unterziehen möchte, weil er denkt, sie hilft ihm, sollte es möglich sein, ihm diese zu gewähren.
das übermäßige sicherheitsbedürfnis und die angst vor verantwortung ist hier mal wieder ganz deutlich als allgemeingesellschaftliches symptom einer grundlegenden massenpsychose zu sehen. etwas radikal ausgedrückt, aber so in etwa seh ichs... :)

Die Diagnose "Depression" hingegen gibt es nicht, sondern nur die Klasse "Depressive Episoden" ICD 10 f 32, die dann in "leichte (32.0)/mittelgradige Episode (32.1)", "schwere Episode ohne (32.2)/mit (32.3) psychotischen Symptomen"... (bis 32.9), sowie f 33 (auch wieder bis .9) für die rezidivierenden (wiederkehrenden) depressiven Episoden, sowie f 34.1 + 34.2 (zyklothymia, dysthymia), für Manisch-depressive Syndrome die f31.1-9 und für alles was dann nicht klassifiziert ist, gibt es in f38 und f39 nicht näher bezeichnete affektive Störungen. Allen gemein ist, dass sie zu den affektiven Störungen gehören.

ein katalog is ja schön und gut, aber wenn hier gravierende fehler vorliegen, weil betroffene nicht mit in die entwicklung einbezogen werden, wird er wenig bringen.
wie gesagt werden fachleute allein durch die möglicherweise irgendwann mal entschlüsselung und sichtbarmachung biochemischer funktionen betroffenen keine dauerhafte heilung bieten können.

das andauernde ansteigen psychischer krankheiten sagt ja einiges aus, das findet einfach statt, obwohl es im verhältnis zu vor fünfzig jahren von der aufklärung her massive besserungen gab.

der große bruder amerika ist zumindest in dem bereich recht innovativ und bietet zig therapiemöglichkeiten an, die dort auch alle erforscht und entwickelt werden. bei uns wiederum gibts aber nur ein paar therapieströmungen, die anerkannt werden und daher von der krankenkasse bezahlt werden, die forschung in bezug auf alternativen findet folglich so gut wie gar nicht statt, weil nur in den bereichen weiterentwickelt wird. alles was in irgendener weise als nicht empirisch und wissenschaftlich belegt angesehen wird, wird strikt abgelehnt, obwohl es in den usa längst gängig ist. insgesamt ist der komplette psychobereich einfach zu statisch.

Die Forderung nach mehr Differenzierungen ist also nicht notwendig, da Differenzierung bereits in den Diagnosemanuals ausreichend gegeben ist.
nee, sind sie nicht... differenziert ist echt was anderes... :)

Es geht in diesen Manuals nicht darum den Krankheiten oder den Erkrankten gerecht zu werden. Die Manuals haben die Aufgabe signifikante, existierende Störungen differenziert nach Symptomausprägung und Ätiologie zum Zwecke international identischer Kriterien, standartisierter Diagnoseverfahren und Therapien zu ordnen, sprich: eine Arbeitsgrundlage und eine Verwaltungsmöglichkeit im Klinikalltag zu liefern die einfach und auf einem Blick einen klar definierten Sachverhalt verschlüsselt.

wie man an den vielen fehldiagnosen sieht, ist es bei psychischen krankheiten schwer eine allgemeine diagnose überhaupt zu treffen, da sich viele krankheitsbilder überschneiden. das is ja nichtmal ein vorwurf gegen psychiater, die können ja nix dafür, dass sie in diesem falschen system arbeiten müssen, aber zumindest, wenn schon klar ist, dass das stellen einer diagnose schwer ist, sollte man damit etwas vorsichtiger sein, bevor man ein urteil ausspricht und ein urteil ist es ja in gewisser weise, hast du mal eine psychodiagnose am hals, wird keine private krankenversicherun dir mehr nen moderaten beitrag geben, wenn sie dich überhaupt noch versichern will. deine komplette zukunft kann verbaut sein.


Stell Dir vor man würde in Amerika bei einer "Depression" etwas ganz anderes meinen, als hier in Deutschland, oder könnte überhaupt nichts unter einem Begriff definieren, sondern müsste für jeden Fall jedes Mal eine komplette Symptomliste schreiben (wer dürfte da dann die Begriffe definieren???).
das zwischen amerika und europa im psychotechnischen bereich welten liegen, hab ich ja schon geschrieben - das wirst du ja auch selber wissen.
grundsätzlich bin ich ja dafür, dass international zusammen gearbeitet wird, weil man so besser voran kommt, aber wenn man eine diagnose stellt, sollte man sich schon sicher sein, dass sie auch zutrifft und lediglich nach so einem regelwerk zu gehen ist wie oben beschrieben eben schwer, da viele verschiedene sogenannte störungen ähnliche symptome aufweisen und die ursachen für diese entgegen deiner meinung eben nicht gänzlich geklärt sind bzw. möglicherweise auch nicht geklärt werden können.
Die meisten Krankheiten haben speziell für sie entwickelte Therapien heutzutage.

den unterschied von uns zu den staaten hab ich ja oben schon beschrieben... :)

Ich kann natürlich auch jedes Symptom einzelnd behandeln und den Patienten mit 25 Medikamenten nach Hause schicken. Wär aber nicht so knorke.

auch wenn du das jetzt nicht hören willst, weil es dir in der schule anders beigebracht wird, weil dort der optimalzustand gelehrt wird, aber in der prasix läuft es leider genau so ab. schultheorie und praxis beißen sich leider recht häufig, ist ja nicht nur in dem bereich so... :) das ist auch einer der hauptkritikpunkte der betroffenen, die sich einfach nicht ausreichend betreut fühlen... :)

Dabei ist es auch nicht wesentlich, dass die Kriterien jeden einzelnen Patienten exakt in ihren Definitionsrahmen einfangen. Das ist gar nicht möglich und auch nicht gewollt.

wie war das nochmal - das gegenteil von gut ist gut gemeint? :D

Es geht darum die statistisch signifikanten, also mehrheitlich auftretenden, Symptomkonstellationen zu einer Klasse zusammenzufügen. Man kann nicht für jeden Patienten eine neue Diagnose erfinden, dann haben wir für psychiatrische Erkrankungen nämlich nicht mehr F01-F99 sondern F01-F99999999999999999999999999999.

wenns aber doch einfach der wahrheit näher käme... ;)

Das ist deshalb nicht günstig, weil keiner dann mehr einen Überblick haben wird und niemand mehr weiß worüber man eigentlich redet wenn man F342535342626426245624425.7 als Diagnose gibt.

es erschwert die bürokratie - aber würde die individuellen erfolge sicher hochschrauben. ein psychiater oder psychologe kennt seinen klienten ja und schätzt ihn jetzt nicht lediglich nach diesem katalog ein.

Für die konkrete, differenzierte und allen Fällen möglichst gerecht werdende Darstellung von Erkrankungen ist die Fachliteratur da.

:)


auf den rest antworte ich später... :)
 
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fortsetzung


zuerstmal dank ich dir, dass du dich inhaltlich mit mir als quasi-laien überhaupt respektvoll auseinandersetzt - ist ja auch nicht selbstverständlich ;)

Ein Erfolg von 65% ist bei Monotherapien mit entweder Medikamenten oder Psychotherapie aber eben das, was man erhält. Wie ich schrieb werden in klinisch relevanten Fällen deshalb Kombinationstherapien angewandt. Damit hat man eine Erfolgsquote von 85%. Bei Psychosen sieht es leider wesentlich schlechter aus, 1/3 wird geheilt, 1/3 bekommt erneute psychotische Episoden, 1/3 chronifiziert und schwankt nur noch zwischen B-Symptomatik und akutem Schub für den Rest des Lebens. Die akuten Schübe lassen sich übrigens auch in letzterer Gruppe durch Dopaminrezeptorantagonisten behandeln.

gehen wir mal davon aus, die ursache ist ein dopaminübeschuss. ist ein psychotiker einmal akut, wird er für ein bis zwei jahre medikamente verschrieben bekommen, als prophylaxe. beim zweiten mal sind es dann schon fünf jahre bis dauerhaft. hier wäre mehr differenzierung eforderlich, da medikamente die normale dopaminproduktion ja dämpfen und bei absetzen oder sogar durch ausschleichen möglicherweise durch die wieder einkehrende normalproduktion modellpsychosen hervorgerufen werden. wenn du jahrelang medikamente nimmst, die das dämpfen kann es sein, dass deine rezeptoren danach einfach verrückt spielen, du modellpsychosen bekommst, wieder medikamente verschrieben bekommst und überhaupt nicht mehr aus dem chronischen verlauf rauskommst und dauerhaft an der chemie hängst, die -wie bekannt ist- immer noch nicht nebenwirkungsfrei ist, auch was die neueren psychopharmaka angeht. wenn mehr auf psychologische aspekte wert gelegt werden würde und eine kontrollierte abgabe der medikamente bspw. lediglich in akuten phasen erfolgen würde, würde das einerseits sicherlich ne gute anzahl psychotiker von der dauereinnahme befreien können (natürlich nicht alle, das weiß ich selbst), andererseits die kassen etwas entlasten.

Die hohe Nonresponderrate hat viele Ursachen, Compliance (also die Bereitschaft und Mitarbeit des Patienten in der Therapie) ist sicher eine wichtige, aber ebenso das Fehlen von kausalen Therapien (einzelne Rezeptoren sind sicher nicht die einzigen Verursacher von psychischen Erkrankungen, siehe Ausführungen zur Neurobiologie. Biographien und häufig auch das soziale Umfeld und die Lebensrealität des Patienten sind nicht oder nur schwer veränderbar), sowie die Tatsache, dass viele Menschen erst in Therapie kommen, wenn ihre Krankheiten sich schon lange chronifiziert und aggrativiert haben. Im Bereich der Kinder-Jugendpsychiatrie z.B. sind die Erfolgsquoten häufig deutlich besser.

gerade bei kindern und jugendlichen wird die diagnose "psychose" doch überhaupt nicht gestellt, da die entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. erst ab nem bestimmten alter geht das doch...

Und warum gehst Du davon aus? Glaubst Du, dass Fliegenpilzgift giftig ist weil...auch Placeboeffekt? In Pflanzen ist mehr als Wasser und Liebe drin, da sind Stoffe drin, die mit körpereigenen Proteinstrukturen interagieren können. Ist die Konzentration dieser Stoffe hoch genug gibt es Wirkung und Nebenwirkung. Der Effekt von Johanneskraut bei Depressionen und Schlafstörungen ist nachgewiesen. Ebenso die Cytochrominduktion. Nachgewiesene Effekte in der Medizin sind immer signifikant größer als der Placeboeffekt. Das wird mit Placebokontrollstudien auch belegt.

ich gehe schon davon aus, dass pflanzen heilen können...
also ich stehe dem nicht grundsätzlich kritisch gegenüber und in zweifelsfall zieh ich bio sowieso eher der chemie vor - aus meiner überzeugung heraus :)
johanniskrauttee hat mir allerdings jetzt nicht unbedingt geholfen, wenn ich mal down war und ich habe bisher davon auch noch nichts gehört von leuen, die ne diagnostizierte depression haben.

stimmt es eigentlich, dass fliegenpilzgift und nikotin bspw. als gegengift für stechapfelvergiftungen eingesetzt werden können? das hat mir jemand erzählt, der in einer entgiftungsstaion arbeitet, ich wusste nicht, ob ich das glauben kann - interessiert mich schon lang, ob das der wahrheit entspricht..?

Nein, nein und nein!
Zuerst sind es 9 Diagnosekriterien nach DSM (ist auch für Deutschland gültig und wird im kommenden ICD 11 auch vom WHO übernommen).

dann waren es neun, okay...

Borderline ist eine Ausschlussdiagnose. Borderline ist eine Persönlichkeitsstörung. Persönlichkeitsstörung heisst, dass alle Aspekte des Patienten betroffen sind, die Wahrnehmung, die Affekte, die Beziehungsgestaltung, die Kognitionen... Ausschlussdiagnose heisst, dass diese Diagnose erst gestellt wird, nachdem man andere zu den Symptomen passende Diagnose nicht verfizieren konnte. Persönlichkeitsstörungen werden generell erst diagnostiziert, wenn man im klinischen Rahmen über Wochen den Patienten beobachtet hat. Es kann natürlich bereits am ersten Tag der Verdacht geäußert werden, wenn z.B. die Biographie des Patienten deutliche Hinweise liefert. Auch dann wird dieser Verdacht aber erstmal gründlich geprüft. Ich habe keinen Psychiater bislang kennengelernt, der eine solche Diagnose leichtfertig stellt.

kein psychiater wird sich selbst zuschreiben eine diagnose leichtfertig zu stellen.
ich sage ja auch nicht, dass es leichtfertig erfolgt, ein psychiater wird diese neun kriterien schon abhaken, bevor er ein urteil fällt.
und dass es borderline als diagnse gibt und sich die betroffenen mit der diagnose auch identifizieren, da sie sich wiedererkennen ist auch klar.
ich sage nur, dass eine genaue prüfung nicht immer gegeben ist.
inwieweit diese kriterien auch tatsächlich ausreichend erfüllt sind, um eine eindeutige diagnose zu treffen, sehe ich auch als strittig an.
es waren ja mal weniger kriterien, die schon für ne diagnose reichten, inzwischen sinds mehr.

nehm mal adhs als beispiel her, diese häufung der diagnosen und daraufhin folgende ritalinverordnung wird ja sogar unter vielen experten kritisch gesehen.

Persönlichkeitsstörungen sind per se schlecht therapierbar. Es gibt da noch wesentlich schlimmere Störungen als Borderline.
Diese Diagnosen sind unbequem. Diese Diagnosen gibt es dennoch. Ziel der Therapie ist es bei Persönlichkeitsstörungen nicht den Patienten zu heilen, da das tatsächlich nicht möglich ist.
Es geht darum die Alltagsfähigkeit und den Leidensdruck der Patienten mit Borderlinestörung zu verbessern.
Dazu bedarf es spezialisierter Therapieverfahren und viel klinischer Erfahrung im Umgang mit diesen Patienten.

sie als nicht therapierbar anzusehen, sehe ich als ne fatalistische einschätzung.

Das erste Gebot der Medizin, und das seit Hippokrates, ist "primum nil nocere"=zuallererst nicht schaden!

meine rede, zitat: man könnte es ja auch so sehen, dass gut ist, was hilft

Ein Arzt der die Behandlung von Borderlinern ablehnt, tut dies nicht weil er ein faules, mieses Arschloch ist, sondern weil er sich nicht zutraut die Behandlung erfolgreich durchzuführen.
Fehler in der Behandlung von Borderline resultieren dabei in so unschönen Dingen wie Suizid, Prostituion, schwerstwiegende Selbstverletzungen oder Retraumatisierungen.

wie gesagt, eine fatalistische einschätzung.

Es ist daher die Sorgfaltspflicht eines Arztes die Behandlung von Krankheiten, die ausserhalb der Kompetenzen des Arztes liegen, abzulehnen und an spezialisierte Fachleute zu verweisen, die in den speziell für Borderline entwickelten Therapien auch ausgebildet sind (wie Dialektisch-Behaviorale Therapie).

da braucht man dann aber nen guten arzt, der einen auch an die richtigen stellen verweist - da gabs schon einige oddyseen.

Das häufige Auftreten von Borderline ist übrigens nicht der Schludrigkeit von diagnostizierenden Ärzten geschuldet, sondern eher ein Hinweis auf die weite Verbreitung der Risikofaktoren, von Kindesmissbrauch (die Dunkelziffer wird auf bis zu 200.000/a geschätzt) zu massiver häuslicher Gewalt.

nicht jeder borderlinestörung geht ein trauma voraus, wenngleich bei vielen borderlinern eines vorausging. die einschätzung das als ursache zu sehen ist auch umstritten.

Und nun überleg mal, was der Psychiater für seine Diagnostik hat:
Er kann sich mit dem Patienten unterhalten. Und das wars.

das stimmt :)
und diesen seltsamen katalog, der nicht immer aussagekräftige kriterien liefert... :)

Es gibt ganz wenige, hochspezielle Fälle bei denen ein Psychiater über eine Bildgebung etwas diagnostizieren kann, so haben Patienten mit dissoziativer Persönlichkeitsstörung im fMRT eine alternierende Stressantwort, als Zeichen für die massiven, frühkindlichen Traumata, die dieser Störung vorausgehen. Macht man aber natürlich nicht, da die Krankheit extrem selten ist, die Untersuchung sau teuer und der Informationsgewinn gegenüber der konventiellen Diagnosestellung (dem Gespräch mit dem Patienten und das Beobachten des Patienten) unwesentlich ist. Bei Schizophrenien sind die Seitenventrikel vergrößert. Das ist aber ein diskretes Merkmal und erlaubt ausserdem so an die 30 anderen Diagnosen, auch nicht hilfreich.

Tja...also muss der Psychiater sich auf das verlassen, was der Patient erzählt, und was der Psychiater am Patienten beobachten kann. Und im Gespräch gehts um Dinge wie die Emotionen und Kognitionen des Patienten. Kleine Übung: Beschreibe und unterscheide allgemeingültig zwischen: Scham, Zweifel, Angst, Furcht, Unsicherheit, Hass, Wut, Trauer, Einsamkeit, Schwermut, Freude, Glück, Liebe, Demut, Verloren sein, Kontrollverlust, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung... Kann ja mal jeder versuchen, der das hier liest und einfach in nem Post schreiben. Ich garantiere weit auseinanderklaffende Umschreibungen und Definitionsrahmen.

Nur so am Rande: die meisten Patienten sind nichtmal dazu in der Lage mir zu sagen ob ihr Schmerz 1) dumpf-drückend, 2) ziehend, 3) stechend oder 4) brennend ist. Aber der Psychiater soll in einem Gespräch mit zumeist rethorisch durchschnittlich bewanderten Menschen, dem er zum ersten Mal in seinem Leben sieht, feststellen ob eine Post-Traumatische Belastungsstörung, eine Angststörung oder eine Depression vorliegt.

ich sag doch, dass es schwer ist... ist ja auch alles kein vorwurf.
den einzigen vorwurf den ich mache ist, dass sich auch heute noch -trotz neuerer erkenntnisse- zuviele fachleute auf sich selbst und ihren kleinen expertenkreis verlassen, anstatt betroffene mit einzubeziehen und mit ihnen in einen dialog auf augenhöhe treten... :)

Die Diagnosemanuals geben einen statistisch normierten Rahmen für die Defintion von Erkrankungen an.

das tun sie... :)

Fehldiagnosen entstehen auf ganz anderer Ebene, nämlich im diagnostischen Prozess.

hier sind wir uns nicht einig, da die diagnosekriterien meiner ansicht nach nicht grundlegend standardisiert werden können, da noch zuviele faktoren unberücksichtigt sind.

Und gute Laien urteilen nicht über Dinge, von denen sie keine Kenntnis haben. Das wollte uns Sokrates schon lehren, als er sagte "Ich weiß, das ich nichts weiß..."

ich urteile nicht darüber, sondern ich zweifle gefällte urteile an.
auch fachleute sind laien, daher, da sie nicht selbst betroffen sind - daher der runde tisch... ;)

Die Psyche ist ein Instrument wofür?

um mit der umwelt agieren zu können? gibt es "störungen" stimmt was in der kommunikation nicht.

Nochmal: die Manuals sind nicht dazu gedacht ein Individuum oder einen individuellen Krankheitsprozess vollumfänglich zu erfassen und abzubilden. Die Manuals sollen die statistisch signifikanten Symptomkonstellationen in Definitionsrahmen zusammenfassen, die eine einfache Kommunikation, ein international einheitliches Verständnis und eine einfache Verwaltung im Gesundheitswesen erlauben.
Eine Rezidivierende Major-Depression ist dabei immer eine rezidivierende Major-Depression, egal wie die individuelle Ausprägung beim jeweiligen Patienten aussieht.

wie kommt es denn, dass so viele betroffene -jedenfalls die, die ihrer krankheit auch selbst auf den grund gehen wollen- sich kritisch gegenüber fachleuten äußern, zumindest denen gegenüber, die glauben sie nicht mit einbeziehen zu müssen?
liegt das nicht ein bißchen auch an der herangehensweise schubladen aufzumachen und sie dann aber wieder halb zuzumachen, dass nicht mehr allzuviel reinpasst?

Nur soviel: eine Psychiatrie ist kein Ponyhof. Eine Psychiatrie ist auch kein 5-Sterne Hotel. Und eine psychiatrische Behandlung ist keine Massage zu ätherischen Wohlfühlklängen von Walgesang zu Meeresrauschen.

das wird auch kaum ein betroffener erwarten...
dennoch gibts auch hier alternativen, die eher in die richtung selbstbestimmung gehen (die ich als unabdingbar ansehe, da hilfe immer auch eine hilfe zur selbsthilfe sein sollte), die allerdings nicht anerkannt sind (stichwort soteria bspw.). der heilerfolg ist rein statistisch gesehen zwar nicht höher, aber auch nicht geringer als in der klassischen psychiatrie...

Versteh mich nicht falsch, Du hast Dir ein gutes Wissen über vieles angeeignet, gar keine Frage. Deine einseitige Position als Patientenanwältin, die Du hier präsentierst, zeigt aber das Du wenig Erfahrung in dem Bereich hast und Dir so einige Urteile erlaubst zu Themen, zu denen schlicht keine validen Infos hast. Das kann sehr schnell sehr arrogant und anmaßend wirken.

es ist mir egal wie es wirkt, da ich durchaus notwendiges wissen und erfahrung habe, mir dahingehend eine einschätzung zu erlauben.
es gibt auch durchaus profis, die zu anderen einschätzungen kommen als du es tust. in primären teilen der psychiatrie besteht ja fast schon grundlagenkrise.
daher wurden die trialoge ins leben gerufen, in welchen auf einer augenhöhe miteinander gesprochen wird.
das was du jetzt gerade tust, ist eigentlich von oben herab und daher anmaßend - das ist jetzt aber auch kein vorwurf und nicht böse gemeint, sondern ne konstruktive kritik :)
 
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In diesem fall hab ich von einem einzelfall gesprochen, den wir mal im Inteview hatten, da du in den raum geworfen hast, ein von depression betroffener bräuche sich nur ne elektroschocktherapie geben, um seine depression schnell loszubekommen, da diese meistens wirkt. du kannst auch ein ein forum gehen, in dem sich betroffene austauschen und wirst feststellen, dass auch bei leuten, die jahrelang diese krankheit haben eine elektroschocktherapie kritisch gesehen wird und heilerfolg nicht so eindeutig groß ist, dass es betroffenen leicht fällt, sich dafür zu entscheiden.

Nein, ich habe gesagt, dass die Elektrokrampftherapie die besten Therapieergebnisse erzielt und am Effizientesten ist. Das ist auch validiert. Das es kein Allheilmittel gibt, und erst Recht keine Garantie in der Behandlung, sollte jedem klar sein und habe ich auch wiederholt klargestellt. Medizin ist immer relativ und nie absolut. Wer Garantien will, muss zu nem Gebrauchtwagenhändler.

ich wiedersprech dir ja nicht, dass biophysikalische ereignisse im gehirn stattfinden, die unsere wahrnehmung ausdrücken, aber biophysikalische ereignisse werden wiederum auch durch außenreize angeregt.

du musst schon den ganzen Text von mir Lesen und zusammenhängend betrachten und verstehen. Derartige Kommentare, die suggerieren ich würde Dinge die ich gesagt habe nicht gesagt haben, sind einfach nur frech und stellen keine Grundlage für eine irgendwie geartete Kommunikation dar.
Ich habe explizit gesagt, dass die neurologischen Regelkreisläufe sich gegenseitig beeinflussen und durch äußere, wie innere Reize moduliert werden. Das ist völlig unstrittig und ich lass mir da von Dir keine andersweitigen Äußerungen unterschieben.

du machst es dir zu einfach...
die unbekannte variable also... ;)
das ist eben schulmedizin. nicht negativ gemeint, aber betroffene, die sich bspw. auch in netzwerken organisierten, halten das für nen zu einseitigen blickwinkel.
das stimmt, das tut sie... :)
jetzt kommen wir dem ganzen näher...
durch außenreize bedingt - da reichen keine ekts oder rosa pillen aus, um nen dauerhaften heilerfolg zu erzielen, wenn man die behebung der ursache nicht in angriff nimmt. in der praxis leider echt nicht immer gegeben...

Und weils so schön ist, und für den Lerneffekt, gleich nochmal: Entweder Du verstehst einen zusammenhängenden Text den ich formuliere im Ganzen, oder Du gehst am besten gar nicht darauf ein. Ich habe einen komplexen Sachverhalt beschrieben und für Außenstehende dabei zur Didaktik der langsamen Entwicklung des Themas gegriffen, damit es im Kern nachvollziehbar bleibt. Du kannst nicht einfach einen zusammenhängeden Kontext in einzelne Sätze zerstückeln und dann behaupten jeder wäre für sich eine Feststellung. Ich habe einen kohärenten, zusammenhängenden Text geschrieben und diesen kannst Du auch nur kohärent und zusammenhängend beantworten. Alles andere ist eine Frechheit.


Ja, gleich auf den gesamten Kontext eingehen, und ihn nicht so zurechtbiegen wie es Dir gerade passt.

das stimmt, vom prinzip her äußert sie sich bei allen gleich, jedoch ist die interpretation der wahrnehmungen also der bilder individuell unterschiedlich, jeder erlebt seine eigene hölle, was aber meiner meinung nach mit der biographie und angelerntem denken zu tun hat, möglicherweise auch mit verdrängten traumata. in einzelsitzungen in psychotherapien werden diese wahrnehmungen nicht beleuchtet, sondern es wird medikamentös auf die symptome abgezielt und ein bißchen auf aktuelle empfindungen eingegangen. ein psychiater kann auch diese wahrnehmungen gar nicht deuten, weil er sie nicht nachvollziehen kann (er sieht darin nur biochemische formeln ;) ), daher sind gerade psychotiker, die möglicherweise durch diese art wahrnehmung etwas aus ihrer biographie verarbeiten, aufgeschmissen. eine krankheit ist ja auch immer ausdruck dafür, dass etwas nicht in ordnung ist, das bearbeitet gehört. psychosewahrnehmungen könnte man auch mit traumbildern vergleichen - sie sagen dir was aus über etwas, das unverarbeitet ist.

Psychose heisst "verändertes Realitätserleben". Wo die Realität anders erlebt wird und anders interpretiert wird, da kann jemand mit normalem Realitätsempfinden gar nicht den Versuch des Nachvollziehens unternehmen.
Psychosen werden deshalb medikamentös behandelt, weil Medikamente nunmal nachweislich das einzige Therapieinstrument sind, das bei Psychosen mehr hilft als schadet. Psychotherapien haben leider alle in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass sie beim Großteil der Patienten mit Psychosen zu einer Verschlechterung des Zustandes führten. Da niemand in der Medizin eine funktionierende Kristallkugel hat, in die er reinblicken kann und dann sicher sagen kann: "Bei ihnen hilft XY!", muss man sich bei der Therapie nunmal an die statistisch gesicherten Daten halten. Oder möchtest Du es verantworten, dass sich jemand umbringt, weil bei ihm eine Psychotherapie angewandt wurde, die eben aufgrund genau der Gefahr des Suizids für die entsprechende Krankheit absolut kontraindiziert, sprich Tabu ist? Ich will diese Verantwortung nicht tragen, geschweige denn etwaige rechtliche Konsequenzen für mich daraus. Deshalb halte ich mich an die Leitlinien und die Studienlage.

psychoanalyse wäre hier vielleicht nicht mal schlecht, sofern eine akute phase vorbei und der patient gefestigt ist, diese möglicherweise durchziehen zu können. aber es gibt keinen psychoanalytiker, der einen ehemaligen psychotiker einer analyse unterzieht. er darf das schlicht nicht, weil die rückfallquote als hoch eingestuft wird. es wird befürchtet, dass schlüsselreize während der analyse neue psychosen bedingen. wenn ein psychotiker sich einer analyse freiwillig unterziehen möchte, weil er denkt, sie hilft ihm, sollte es möglich sein, ihm diese zu gewähren.

Du sagst, Du wünschst eine Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe. Aber Du erkennst nicht an, das für den Erfolg und das Eintreten von Risiken in einer Therapie der Therapeut verantwortlich und ja, auch haftbar zu machen ist. Jemanden mit einem Therapieverfahren zu behandeln, das nachweislich in der überwiegenden Zahl der Fälle zu Verschlechterungen des Patientenzustandes führt, ist kriminell. Egal ob der Patient das wünscht oder nicht. Den Überblick über die exakte Datenlage und Leitlinien hat nunmal der behandelnde Therapeut und er ist verpflichtet zum Wohl des Patienten zu handeln, nicht zu dessen Schaden. Du verlangst aber, das ein Therapeut sich ernsthaft in Gefahr bringen soll einem Patienten wissentlich zu schaden, diesen schwer krank zu machen und seine Berufszulassung zu gefährden? Sehr eingeschränkte Sichtweise, tut mir leid.

das übermäßige sicherheitsbedürfnis und die angst vor verantwortung ist hier mal wieder ganz deutlich als allgemeingesellschaftliches symptom einer grundlegenden massenpsychose zu sehen. etwas radikal ausgedrückt, aber so in etwa seh ichs... :)

Es ist kein übermäßiges Sicherheitsbedürfnis. Es sind statistisch gesicherte Daten, das man mit bestimmten Verfahren bei bestimmten Krankheiten dem Großteil der Menschen mehr schadet als nutzt. Woher willst Du wissen, dass der Patient der vor Dir sitzt zu den 15% gehört, die NICHT wieder akut psychotisch unter Psychotherapie werden? Steht das irgendwo auf der Stirn tätowiert? Oder gibts da einen Blutwert für? Sorry, aber im Gesundheitswesen gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Sekundärprophylaxe heisst auch, das man keine für den Patienten gefährlichen Therapien versucht, selbst wenn dieser es will. Das ist auch keine Angst vor Verantwortung, sondern wenn, dann vor rechtlichen Konsequenzen, Schadensersatzzahlungen und Verlust der Berufszulassung.

ein katalog is ja schön und gut, aber wenn hier gravierende fehler vorliegen, weil betroffene nicht mit in die entwicklung einbezogen werden, wird er wenig bringen.
wie gesagt werden fachleute allein durch die möglicherweise irgendwann mal entschlüsselung und sichtbarmachung biochemischer funktionen betroffenen keine dauerhafte heilung bieten können.

Was heisst denn für Dich konkret "Betroffene mit in die Entwicklung einbeziehen"? Soll ich einen Patienten fragen: "Tschuldigung, ist es ihnen genehm, wenn ich ihre Angststörung als solche aufnehme, oder soll ich lieber schreiben Anpassungsstörung?". Ich habe als Arzt einen Behandlungsauftrag gegenüber dem Patient, ich soll dafür sorgen, dass sein Leiden fachgerecht behandelt wird. Ich habe ebenso eine Dokumentationspflicht gegenüber dem Gesundheitswesen. Und ich habe den gesellschaftlichen Auftrag im Sinne der Solidargemeinschaft zu handeln. Das alles kann man nur unter einem Hut bringen, wenn man die fachliche Autonomie hat, entsprechend des Kenntnisstandes zu urteilen.
Was glaubst Du wie viele Patienten sich selbst glauben schon diagnostiziert zu haben, ehe sie einen Arzt sehen, mit billigstem Halbwissen von Wikipedia und Co? Es sind nicht wengie, und sie liegen meist meilenweit daneben. Es hat schon seinen Grund, das man 6 Jahre studiert, 5 Jahre Facharztausbildung macht und regelmäßig Fortbildungen und Zusatzqualifikationen erwerben muss. In der Arzt-Patienten Beziehung ist der Arzt nunmal der, mit der Expertise und den Überblick über den aktuellen Stand der fachlichen Informationen.
Patienten die lange Jahre krank sind und sich gut belesen werden irgendwann sicher deutlich mehr über ihre Krankheit wissen, als ein Allgemeinarzt oder ein Arzt aus irgendeinem anderen Fachbereich, sicher. Einige erreichen sogar zu ihrer Erkrankung durchaus den Kenntnisstand eines guten Facharztes. Aber auch denen kann man nicht einfach die eigene Sorgfaltspflicht übertragen ihre Diagnose bitte schön selbst zu bestimmen.

das andauernde ansteigen psychischer krankheiten sagt ja einiges aus, das findet einfach statt, obwohl es im verhältnis zu vor fünfzig jahren von der aufklärung her massive besserungen gab.

Ja, was sagt das denn aus? Das wir in einer kranken Welt leben? Das exogene Noxen und Stressoren uns krank machen? Hat doch nie jemand bestritten...
Nur: Die Welt und die Gesellschaft, die kann ich nicht ändern. Die Depression des Patienten vor mir, die kann ich behandeln.

der große bruder amerika ist zumindest in dem bereich recht innovativ und bietet zig therapiemöglichkeiten an, die dort auch alle erforscht und entwickelt werden. bei uns wiederum gibts aber nur ein paar therapieströmungen, die anerkannt werden und daher von der krankenkasse bezahlt werden, die forschung in bezug auf alternativen findet folglich so gut wie gar nicht statt, weil nur in den bereichen weiterentwickelt wird. alles was in irgendener weise als nicht empirisch und wissenschaftlich belegt angesehen wird, wird strikt abgelehnt, obwohl es in den usa längst gängig ist. insgesamt ist der komplette psychobereich einfach zu statisch.

Ich würde es nicht als innovativ bezeichnen, dass sich jeder d00d mit einem halbzertifizierten Degree zu irgendwas mit "psychology" im Namen, Therapeut schimpfen darf und seine eigenen Theorien, bar jeder Beweisführung, an ahnungslose Patienten ausprobieren darf, wie er lustig ist.
Bei uns gibt es die Kassenzulassung, die für einige nachweislich effektive Therapien erteilt werden, die da wären: Tiefenpsychologie, Psychoanalyse und Verhaltenstherapie. Dahinter stehen durchaus finanzkräftige Lobbys und es ist tatsächlich ein Unding, dass z.B. die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie keine Kassenzulassung erhält, bei nachweislich ebensoguter Erfolgsquote wie die Verhaltenstherapie. Als Grund wird die mangelnde Abgrenzung zur Psychoanalyse angeführt, die Wahrheit ist die Angst davor, dass die Patienten den etablierten Therapierichtung verloren gehen und deren Geld woanders landet.

Woher weisst Du aber, was alles erforscht wird, und was nicht? Jede Uniklinik forscht an psychiatrischen Erkrankungen, in München gibt es ein Max-Planck Institut für Psychiatrie/Psychotherapie, jede Fachgesellschaft hat eigene Forschungszentren... Es wird nur erst dann eine Therapie als solche zugelassen, wenn sie über mehrere Jahre bei Patientenzahlen von >50.000 nachweislich signifikante Ergebnisse liefert. Es kommen auch dauernd neue Therapien dazu, auch psychotherapeutische, die Störungsspezifisch sind, wie die Interpersonelle Therapie bei Depressionen, oder Dialektisch-Behavioral bei Borderline. Man muss die Ausführung dieser Therapien dann nur lernen, was kostenaufwändige Kurse für die Psychotherapeuten bedeutet (die können die Kosten aber von der Steuer absetzen bis zu nem gewissen Betrag im Jahr, soweit ich weiß) und einen gewissen Zeitaufwand mit sich bringt. Bis solche Therapien flächendeckend beherrscht werden und angeboten werden können, dauerts dann noch mehrere Jahre, da es auch nicht unbegrenzt Ausbilder gibt.
Davon ab, mal über die Kosten nachgedacht? Psychiatriepatienten sind irgenwie 2% der Krankenhauspatienten in Deutschland. Sie verursachen aber >40% der Kosten fürs Gesundheitswesen. Solang Geld nicht an Bäumen wächst, muss man da seine Forderungen auch mal in etwas realistischere Dimensionen zurückfahren. Und was das großartige Amerika angeht: Da werden psychiatrische Behandlungen von den meisten Krankenkassen gar nicht bezahlt. Wenn man bedenkt, dass zusätzlich kaum jemand eine Krankenversicherung hat, kommt man ganz schnell weg von der Glorifizierung der dortigen Zustände. Weißt Du, was da mit psychisch Kranken wie Psychotikern passiert, die nicht ausreichend versichert sind? Ein Tipp: die zotteligen, vor sich hin murmelnden Obdachlosen mit den völlig überfüllten Einkaufswagen (in denen ihr ganzes Hab und Gut ist), die unter irgendwelche Brücken pennen...da findest Du sie wieder. Let's live the american dream!

nee, sind sie nicht... differenziert ist echt was anderes... :)

Nu mal halblang. Wie ich schonmal sagte: Die Manuals dienen der Fachwelt zur Arbeit. Sie müssen nicht irgendwelchen Befindlichkeiten der Patienten gerecht werden. Und ganz ehrlich: wer sich so darüber echauffiert, dass eine allgemeingültige Diagnose nicht 100% den individuellen Zustand samt der Persönlichkeit wiedergibt, dem kann es nicht so schlecht gehen, dass eine medizinische Intervention nötig wäre.

wie man an den vielen fehldiagnosen sieht, ist es bei psychischen krankheiten schwer eine allgemeine diagnose überhaupt zu treffen, da sich viele krankheitsbilder überschneiden. das is ja nichtmal ein vorwurf gegen psychiater, die können ja nix dafür, dass sie in diesem falschen system arbeiten müssen, aber zumindest, wenn schon klar ist, dass das stellen einer diagnose schwer ist, sollte man damit etwas vorsichtiger sein, bevor man ein urteil ausspricht und ein urteil ist es ja in gewisser weise, hast du mal eine psychodiagnose am hals, wird keine private krankenversicherun dir mehr nen moderaten beitrag geben, wenn sie dich überhaupt noch versichern will. deine komplette zukunft kann verbaut sein.

Das ist aber nicht Schuld der Diagnosen, dass man psychisch Kranken keine Versicherungen mehr geben will. Es ist auch egal welche psychische Krankheit diagnostiziert ist. Lebensversicherungen, private Krankenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen, Rentenzusatzversicherungen... selbst bestimmte Haftpflichtversicherungen werden psychisch Kranken nicht zugestanden.
Aber darüber entscheidet weder der Arzt, noch die WHO, noch die Fachgesellschaften. Darüber entscheiden die Versicherungsgesellschaften. Richte Deinen Protest also entsprechend an Axa, Allianz, SignalIduna und Co.
Weshalb es in der Psychiatrie schwierig ist Diagnosen zu stellen und die Fehlerrate so hoch ist, das habe ich bereits beschrieben. Was ist denn Dein Lösungsansatz? Neue Diagnosemanuals mit noch mehr Diagnosen sind definitiv NICHT hilfreich, also streichen wir das. Hast Du eine Diagnosemaschine im Keller, die auf Knopfdruck immer die richtige Diagnose ausspuckt, oder eine Idee wie man so eine bauen sollte? Nicht? Dacht ich mir.

das zwischen amerika und europa im psychotechnischen bereich welten liegen, hab ich ja schon geschrieben - das wirst du ja auch selber wissen.

Ja, in Amerika sind die Liegezeiten in den noch unterfinanzierteren Kliniken als hier in D-Land, noch kürzer, es werden nur akut-Schübe behandelt, es gibt keine Weitervermittlung in ambulante Versorgungsstrukturen und sobald ein Patient ernsthaft suizidgefährdet ist, wird er aus der Klinik rausgeworfen, weil die Kliniken Angst haben von den Angehörigen verklagt zu werden (was auch dort immerwieder passiert). Brave new World!

grundsätzlich bin ich ja dafür, dass international zusammen gearbeitet wird, weil man so besser voran kommt, aber wenn man eine diagnose stellt, sollte man sich schon sicher sein, dass sie auch zutrifft und lediglich nach so einem regelwerk zu gehen ist wie oben beschrieben eben schwer, da viele verschiedene sogenannte störungen ähnliche symptome aufweisen und die ursachen für diese entgegen deiner meinung eben nicht gänzlich geklärt sind bzw. möglicherweise auch nicht geklärt werden können.

Jetzt mal ganz langsam und hier nicht Äpfel und Birnen in einen Pott werfen und das ganze als Kartoffelpürree bezeichnen, ja? Internationale Zusammenarbeit findet im Rahmen von Forschung und Lehre statt, sowie in Form von standartisierten Klassifikationen.
Nicht im diagnostischen Prozess selbst!
Internationalität hat also rein gar nichts mit dem Zutreffen einer Diagnose zu tun, oder nicht. Du schreibst hier in jedem zweiten Satz, dass so viele Fehldiagnosen getroffen werden. Weißt Du was: Zeig mir dochmal die exakte Zahl und belege sie!
Mir reicht es nämlich langsam damit mich zu wiederholen. Ja, die Fehlerquoten sind hoch, das liegt aber schlicht und ergreifend an der inerten Schwierigkeit der mangelnden diagnostischen Instrumentarien in der Psychiatrie. Sobald wir ein Gerät haben, dass Deine Gedanken und Gefühle direkt aus dem Kopf auslesen kann, gibt es das Problem nicht mehr. Haben wir aber nicht, und ich möchte anmerken: Zum Glück.

Ich habe auch nirgendswo geschrieben, dass die Ursache für psychische Erkränkungen gänzlich geklärt wären. Im Gegenteil. Ich habe lediglich verweigert den Begriff "Psyche" als irgendeine unbekannte Geisterwelt in den ätherischen Sphären des Nimbus anzuerkennen, sondern konkret beweisbare Prozesse als Grundlage definiert.

den unterschied von uns zu den staaten hab ich ja oben schon beschrieben... :)

Und ich war so frei das ein wenig zu ergänzen...

auch wenn du das jetzt nicht hören willst, weil es dir in der schule anders beigebracht wird, weil dort der optimalzustand gelehrt wird, aber in der prasix läuft es leider genau so ab. schultheorie und praxis beißen sich leider recht häufig, ist ja nicht nur in dem bereich so... :) das ist auch einer der hauptkritikpunkte der betroffenen, die sich einfach nicht ausreichend betreut fühlen... :)

Also in der Schule habe ich über Psychiatrie schonmal gar nichts gelernt. Wohl aber während meiner 3 jährigen Arbeit in einer der besten Kinder-Jugendpsychiatrien des Landes, der 3 jährigen Arbeit am Kinder-Jugendtelefon inkl. der Quervernetzung zum ambulanten Hilfsangebot und dem 6 jährigen Medizinstudium an wohlgemerkt einer Universität, nicht Schule.
Einer kausalen Therapie wird einer symptomatischen Therapie immer vorgezogen. Wie bei allem gibt es auch in der Psychiatrie dabei gute Ärzte und beschissene Ärzte. Polypragmatische Ansätze sind in der Psychiatrie aber verhältnismäßig selten und eher ein Problem der inneren Medizin.

wie war das nochmal - das gegenteil von gut ist gut gemeint? :D

Nochmal: Löse Dich von der Vorstellung Diagnosen wären dafür da den Patienten abzubilden oder zu gefallen. Das ist schlicht nicht zutreffend. Ob es Dir nun gefällt, oder nicht.

wenns aber doch einfach der wahrheit näher käme... ;)

Was bringt es, wenn es die subjektive Wahrheit des Patienten 100% abbildet, aber keine Sau weiß was sich unter dem Begriff oder der Ziffer verstehen lassen soll? Man hat nicht die Zeit zu jedem Patienten erstmal 3 Stunden Recherche durchzuführen und Romane zu wälzen.
Eine Diagnose gibt auf einen Blick die relevanten Informationen über Krankheitsentität und damit einen Hinweis auf den Behandlungsrahmen. Mehr muss eine Diagnose nicht leisten.

es erschwert die bürokratie - aber würde die individuellen erfolge sicher hochschrauben. ein psychiater oder psychologe kennt seinen klienten ja und schätzt ihn jetzt nicht lediglich nach diesem katalog ein.

Nein, die inidividuellen Therapieerfolge sind nicht von der ICD-10 Ziffer abhängig. Das hat überhaupt keinen kausalen Zusammenhang. Therapien werden in einem definierten Rahmen immer individuell auf den Patienten angepasst. Der Rahmen ist dann z.B. "Depression", wo man keine D2-Antagonisten wie Quetiapin oder Olanzapin oder Haloperidol verarbreicht, weil diese Medikamente einfach 0 Wirkung bei Depressionen haben. Ob Citalopram, Remergil, Sertralin, Amitryptilin, Interpersonelle Therapie, strukturierte Verhaltenstherapie, EKT oder Phototherapie... das wird konkret anhand der Symptomatik und gemeinsam mit dem Patienten entschieden.

:)

auf den rest antworte ich später... :)

Schlussappell: Wenn ich Gedanken in zusammenhängenden Textpassagen elaboriere, gehe entweder auf die Gesamtaussage ein, oder gar nicht. Meine Äußerungen nach Belieben aus dem Kontext reißen und fragmentiert und unvollständig gezielt fehlzuinterpretieren führt sonst zu einem sofortigen Ende jedweder Kommunikation und zukünftiger Konversationen.

PEACE!!!
 
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