Der schön-schaurige Horrorfilmthread

Wie jedes Jahr: Rare Exports

1984 konnte man in “Silent Night, Deadly Night” einen axtschwingenden Weihnachtsmann beobachten, der (aufgrund seiner in einem katholischen Kinderheim verbrachten Jugend) einen Hau weg hatte und unerzogenen Buben und Mädchen beim Rodeln die Köpfe vom Hals schlug. Ein bitterer Aufschrei ging durch das triste Leben etlicher Hausmütterchen der USA und sie versammelten sich, um mal wieder für das Wohl der Kinder zu demonstrieren. Mit Erfolg: Der Film wurde eine Woche nach Kinostart zurückgezogen und Santa Claus war nun wieder freundlicher Coke-Werbeträger, anstatt finsterer Psychoschlitzer.
Knapp dreißig Jahre später schert sich die Öffentlichkeit weniger um fiktive B-Filme, auch wenn es immer mal wieder ein Skandälchen an die Boulevardoberfläche schafft. Jalmari Helanders “Rare Exports”, der auf einem Internet-Kurzfilm der Helander-Brüder basiert, ist sicher nicht kinderfreundlich und noch weniger vegan, denn der Film porträtiert eine ruppige Männergesellschaft, die vom Fleisch ihrer Rentiere lebt. Einer der zentralen Orte des Films ist ein Schlachthaus, in dem gleich zu Beginn fröhlich ein Schwein zerlegt wird.
Der Halbwaise Pietari haust hier mit seinem Vater, der ein Pragmatiker ist, also kein Ohr und kein Auge für die seelischen Nöte seines Sohnes hat. Ein Empathiekrüppel, der sich am Besten in der John-Wayne-Pose des starken Mannes gefällt und unter gleichgesinnten Kumpels aufblüht. (Und so doof das auch sein mag: Das sorgt für einige witzige One-Liner.)
Bis zum Schluss wird man in “Rare Exports” keine Frauen- oder Mädchenfigur finden, allerhöchstens in Form einer Notiz oder repräsentiert durch Föne und Haartrockner. Das Dorf an der Grenze zu Russland ist durch und durch chauvinistisch. Und das in sämtlichen Bedeutungen des Wortes: Hier zählen die Werte weißer Männer in der Midlife-Crisis, die sich keine Blöße geben und sowohl gegenüber Russland (“In Russland ist ein Haartrockner High-Tech.”), als auch den USA, ihre Vorurteile pflegen. Im Endeffekt sind “die” doch alle Ausländer.
An diesem bitteren Ort muss der kleine Pietari seine ersten Schritte in die Pubertät machen. Das Träumerle ist eigentlich zu sensibel für sein Umfeld, wird aber zum Ende hin dazugehören, weil er in Jesus-Christus-Erlöserpose (sogar ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung “ursprüngliches” Weihnachten) sein selbstgewähltes Mannbarkeitsritual furchtlos übersteht.
Kompakt in 80 Minuten erzählt, funktioniert die Darstellung des Weihnachtsmannes als bockbeiniger, spindeldürrer, kinderverschlingender Bergteufel und seiner fiesen Wichtel auch so hervorragend, weil der abgründige Humor und die stellenweise sehr unheimliche Darstellung eher ungewöhnlich für einen Weihnachtsfilm sind. Teils richtig schön böse und makaber, wenn man z.B. an die Schlussszene und die Umerziehung der Weihnachtswichtel denkt. Die Gags sitzen, das Timing ist präzise und der Film bleibt trotz seiner hinterwäldlerischen Figuren in jedem Augenblick liebenswürdig. Die finnische Landschaft ist schön fotografiert und harmoniert mit dem symphonischen Score, der mal jubiliert, mal melancholisiert, also im besten Sinne als Gebrauchsmusik zur Emotionsverstärkung auf der Leinwand daherkommt.
Die Darstellungen des bösen Weihnachtsmannes, die Pietari in alten Büchern findet, erinnern in einem Fall deutlich an eine Zeichnung aus Heinrich Hoffmanns Buch “Der Struwwelpeter”; auch so ein pseudo-pädagogisches Instrument, wie das große Buch, in dem sich Santa Claus das Fehlbetragen der Kinder notiert.
Gut zu wissen, dass die “Gremlins” nicht mehr der einzige Spaß im überfrachteten und bräsigen Weihnachtsprogramm sind.
 
Books of Blood - 5/10. Kann man gucken, wenn man absolut nix anderes am Start hat.

ich hatte anderes am Start, aber ich wusste es nicht besser. Tja :rolleyes:, ich verwarne euch
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist zu respektieren.
Das sind zwei Brüder, die ihren ersten Film drehen konnten. Die haben auch nicht ihre Eier auf irgendeine bekannte Franchise getan (Lee Cronin mit dem Drecksfilm Evil Dead Rise) sondern haben ihren eigenen Kurzfilm als kompletten Film rausbringen dürfen.
 
Und was unterscheidet Talk to Me jetzt vom üblichen Teeniehorror?
Was ist für dich üblicher Teeneihorror? Ich find die Charachtere super geschrieben (ja, teens, ok), vor allem Sophie Wild rockt es schauspielrisch meiner Meinung nach auch komplett. Der Film kommt ohne Scare Jumps aus und baut Slow Burn ne schön creepy atmospähre auf, so wie ich Horror mag. Das liebe ich zum Besipiel auch bei Hereditary. So knallen die Spitzen im Film einfach viel besser und die knallen bei Talk to Me auch. Klar könnte man sagen, ooohhh ist wieder ein Ouija Brett und Yala, aber find die Idee total cool und kreativ umgesetzt.
 
Wer hat die Handlungen und Dialoge bei Saw X geschrieben? Ein 8 jähriger?
Ganz schlimm.
Hab den trailer mal geguckt weil nichts anderes auf rügen läuft aber scheiße ist das ein einfallsloser müll, wahrscheinlich genau wie alle anderen teile zuvor, kp kenne nur den ersten.

Hab mir stattdessen cabin fever auf prime gegönnt, ganz okay aber nicht das was ich mir erhofft habe...aber immerhin etwas humor dabei, naja biene maja halt
 
Was ist für dich üblicher Teeneihorror? Ich find die Charachtere super geschrieben (ja, teens, ok), vor allem Sophie Wild rockt es schauspielrisch meiner Meinung nach auch komplett. Der Film kommt ohne Scare Jumps aus und baut Slow Burn ne schön creepy atmospähre auf, so wie ich Horror mag. Das liebe ich zum Besipiel auch bei Hereditary. So knallen die Spitzen im Film einfach viel besser und die knallen bei Talk to Me auch. Klar könnte man sagen, ooohhh ist wieder ein Ouija Brett und Yala, aber find die Idee total cool und kreativ umgesetzt.
Mag wohl alles stimmen, aber ich fand ihn auch nicht besonders. Erwartungen waren auch zu hoch, weil der schon ziemlich gehyped wurde.

Bester Horrorfilm dieses Jahr war für mich Infinity Pool.
 
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