EL_TUNISIANO
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https://www.welt.de/politik/deutsch...ftliche-Anerkennung-fuer-Besserverdiener.html
Rufe nach Enteignungen und Vermögensteuer – reich zu sein hat in Deutschland fast etwas Anrüchiges bekommen. Aber was macht Reichtum eigentlich aus? Darf man ihn zur Schau stellen? Oder ist Bescheidenheit erste Reichenpflicht? Sechs „Betroffene“ erzählen.
Rapper Silla, 35, stürmte mit mehreren Alben die deutschen Charts
Geld war immer ein Thema. Zumindest an dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Das mag daran liegen, dass an diesem Ort niemand wirklich Geld hatte. Ich komme aus Tempelhof, Südberlin, eine raue Gegend. Alle sprachen hier immer nur davon, „para“ zu machen, wie man auf der Straße sagt. Scheine zu verdienen. Und man war ziemlich kreativ, was das anging. Ein paar meiner Klassenkameraden haben sich mal eine Waffe besorgt und einen Kiosk ausgeraubt. Andere Drogen verkauft. Mein Weg war das nie.
Geld ist nicht alles, Geld macht nicht glücklich, heißt es immer. Klar. Aber erzähl das mal jemandem, der nie Geld hatte. Erzähl das mal jemandem, der von der Straße kommt. Jemandem, der täglich von der Gesellschaft vorgeführt bekommt, dass man nur wer ist, wenn man etwas hat. Dass man ohne Geld eben auch keinen Wert besitzt.
Geld definiert deinen Status. Viele Menschen leiden darunter, ein Niemand zu sein. Es ist ein dreckiges Gefühl. Und ich habe alles Mögliche versucht, um dieses Gefühl zu betäuben. Erst mit Alkohol und Drogen. Dann mit der Flucht in die Kunst. Ich habe Songs über das gemacht, was ich täglich gesehen und erlebt habe. Über die Straße, den Wunsch, dieses beschissene Leben hinter sich zu lassen und nach oben zu kommen. Und irgendwann hat es funktioniert. Irgendwann wurde das, was ich in meinen Tracks rappte, Wirklichkeit, und ich verdiente mit meiner Musik Geld. Viel Geld.
Das war für mich ungewohnt. Ich hatte bis dato bloß irgendwelche Aushilfsjobs, um über die Runden zu kommen, hatte Regale im Baumarkt eingeräumt, Pizza ausgeliefert und das Geld in Drogen verballert und mir am Abend maximal noch einen Döner zusammensparen können. Das war plötzlich Vergangenheit. Ich besuchte zum ersten Mal Restaurants. Ich kaufte mir Designerklamotten. Teure Autos. Meinen ersten Audi A5 Sportback mit 22-Zoll-Felgen. Später jettete ich dann um die Welt: Monaco, New York, Dubai, aß Cheeseburger für 20 Euro. Das Geld kam schnell – und es wurde noch schneller wieder ausgegeben. In dieser Zeit hatte ich das Gefühl, dass das irgendeine Leere in mir füllen konnte. Ich konnte mir nun Dinge leisten, die mich zu etwas machten. Ich dachte, ich wäre angekommen.
Aber natürlich war das nur eine Täuschung. Geld macht dich zu gar nichts. Geld ist auch nichts anderes als eine Droge. Der Konsum betäubt dich, gibt dir für einen kurzen Moment ein Glücksgefühl. Und es dauert nicht sehr lange, bis man süchtig nach diesem Gefühl wird. Wer teure Dinge besitzt, muss wiederum viel Geld aufwenden, um diese teuren Dinge auch zu pflegen. Es ist ein Teufelskreis. Unsere Gesellschaft ist so materialistisch geworden, dass es unmöglich geworden ist, sich dem zu entziehen. Weil Reichtum auch Status ist, streben alle danach, reich zu werden. Und wer reich ist, fühlt sich unter Druck, diesen Reichtum zu vermehren oder ihn zumindest zu halten. Viele Menschen sind regelrecht besessen von Geld. Und einige Menschen sind auch bereit, bis zum Äußersten zu gehen, um einen Teil von dem großen Kuchen zu bekommen.
Insofern finde ich es gut, dass wir einen Sozialstaat haben, der noch die schlimmsten Auswüchse abfedert. Es gibt zumindest eine finanzielle Grundsicherung. Dafür zahle ich gerne Steuern. Das ist ein Konzept, was jeder begreift. Alle geben einen bestimmten Anteil von ihrem Besitz ab, um anderen, die gar nichts haben, zumindest das Überleben zu sichern. Aber wenn wir dann über eine Reichen- oder Erbschaftsteuer reden, wird diese Abgabe plötzlich willkürlich. Da müssen dann bestimmte Leute einfach sehr viel mehr abgeben als alle anderen.
Warum? Wo ist das noch solidarisch? Der Staat sollte vielmehr Sorge dafür tragen, dass ein gesellschaftliches Umdenken einsetzt, dass ein Mensch nicht mehr das Gefühl haben muss, dass sein Wert von seinem Besitz abhängt. Wenn das geschafft wäre, würden sich viele andere Probleme von ganz alleine lösen. Ich glaube, das würde unsere Gesellschaft auch solidarischer machen. Ganz ohne Zwang.
Rapper Silla, 35, stürmte mit mehreren Alben die deutschen Charts
Geld war immer ein Thema. Zumindest an dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Das mag daran liegen, dass an diesem Ort niemand wirklich Geld hatte. Ich komme aus Tempelhof, Südberlin, eine raue Gegend. Alle sprachen hier immer nur davon, „para“ zu machen, wie man auf der Straße sagt. Scheine zu verdienen. Und man war ziemlich kreativ, was das anging. Ein paar meiner Klassenkameraden haben sich mal eine Waffe besorgt und einen Kiosk ausgeraubt. Andere Drogen verkauft. Mein Weg war das nie.
Geld ist nicht alles, Geld macht nicht glücklich, heißt es immer. Klar. Aber erzähl das mal jemandem, der nie Geld hatte. Erzähl das mal jemandem, der von der Straße kommt. Jemandem, der täglich von der Gesellschaft vorgeführt bekommt, dass man nur wer ist, wenn man etwas hat. Dass man ohne Geld eben auch keinen Wert besitzt.
Geld definiert deinen Status. Viele Menschen leiden darunter, ein Niemand zu sein. Es ist ein dreckiges Gefühl. Und ich habe alles Mögliche versucht, um dieses Gefühl zu betäuben. Erst mit Alkohol und Drogen. Dann mit der Flucht in die Kunst. Ich habe Songs über das gemacht, was ich täglich gesehen und erlebt habe. Über die Straße, den Wunsch, dieses beschissene Leben hinter sich zu lassen und nach oben zu kommen. Und irgendwann hat es funktioniert. Irgendwann wurde das, was ich in meinen Tracks rappte, Wirklichkeit, und ich verdiente mit meiner Musik Geld. Viel Geld.
Das war für mich ungewohnt. Ich hatte bis dato bloß irgendwelche Aushilfsjobs, um über die Runden zu kommen, hatte Regale im Baumarkt eingeräumt, Pizza ausgeliefert und das Geld in Drogen verballert und mir am Abend maximal noch einen Döner zusammensparen können. Das war plötzlich Vergangenheit. Ich besuchte zum ersten Mal Restaurants. Ich kaufte mir Designerklamotten. Teure Autos. Meinen ersten Audi A5 Sportback mit 22-Zoll-Felgen. Später jettete ich dann um die Welt: Monaco, New York, Dubai, aß Cheeseburger für 20 Euro. Das Geld kam schnell – und es wurde noch schneller wieder ausgegeben. In dieser Zeit hatte ich das Gefühl, dass das irgendeine Leere in mir füllen konnte. Ich konnte mir nun Dinge leisten, die mich zu etwas machten. Ich dachte, ich wäre angekommen.
Aber natürlich war das nur eine Täuschung. Geld macht dich zu gar nichts. Geld ist auch nichts anderes als eine Droge. Der Konsum betäubt dich, gibt dir für einen kurzen Moment ein Glücksgefühl. Und es dauert nicht sehr lange, bis man süchtig nach diesem Gefühl wird. Wer teure Dinge besitzt, muss wiederum viel Geld aufwenden, um diese teuren Dinge auch zu pflegen. Es ist ein Teufelskreis. Unsere Gesellschaft ist so materialistisch geworden, dass es unmöglich geworden ist, sich dem zu entziehen. Weil Reichtum auch Status ist, streben alle danach, reich zu werden. Und wer reich ist, fühlt sich unter Druck, diesen Reichtum zu vermehren oder ihn zumindest zu halten. Viele Menschen sind regelrecht besessen von Geld. Und einige Menschen sind auch bereit, bis zum Äußersten zu gehen, um einen Teil von dem großen Kuchen zu bekommen.
Insofern finde ich es gut, dass wir einen Sozialstaat haben, der noch die schlimmsten Auswüchse abfedert. Es gibt zumindest eine finanzielle Grundsicherung. Dafür zahle ich gerne Steuern. Das ist ein Konzept, was jeder begreift. Alle geben einen bestimmten Anteil von ihrem Besitz ab, um anderen, die gar nichts haben, zumindest das Überleben zu sichern. Aber wenn wir dann über eine Reichen- oder Erbschaftsteuer reden, wird diese Abgabe plötzlich willkürlich. Da müssen dann bestimmte Leute einfach sehr viel mehr abgeben als alle anderen.
Warum? Wo ist das noch solidarisch? Der Staat sollte vielmehr Sorge dafür tragen, dass ein gesellschaftliches Umdenken einsetzt, dass ein Mensch nicht mehr das Gefühl haben muss, dass sein Wert von seinem Besitz abhängt. Wenn das geschafft wäre, würden sich viele andere Probleme von ganz alleine lösen. Ich glaube, das würde unsere Gesellschaft auch solidarischer machen. Ganz ohne Zwang.