Kollegah - Imperator (Album)
Releasedate: 09.12.2016
Chartposition: Platz 1 in Deutschland (Gold, 20 Wochen insgesamt), Platz 1 in Österreich (7 Wochen insgesamt),
Platz 1 in der Schweiz (6 Wochen insgesamt)
Verkäufe: +100.000
Versionen:
--> Album-CD mit 18 Tracks
--> Limited Deluxe Box (Album-CD, Instrumental-CD, Hootape 2 CD, Deus Maximus Money Clip, T-Shirt, Poster)
--> Digitale Version
--> (scheinbar) Super Deluxe Edition (kein Scherz) via Itunes mit Instrumentals + 3 Bonustracks (Midas, Sonnenfinsternis, Feuerwerk)
Wertung: 5,0 / 10 Punkte
Nach dem Weggang von Selfmade Records dauerte es nicht lange, bis das nächste Soloalbum von Kollegah veröffentlicht wurde. Zuvor allerdings kam am 02.09.2016 noch der
Fler-Diss "
Fanpost 2", was im Nachhinein vielleicht schon als kleiner Teaser auf die Abnahme des Niveaus von Kollegah-Releases gesehen werden kann. Das von
Daniel Zlotin (u.A. für "Nuttöö", "Leben und Tod des Kenneth Glöckner", "Bleib in der Schule", "Mein Mantel" regieführend) produzierte 18Min.-Video bietet zwar jede Menge Punchlines, die aber allesamt nichts Neues berichten und zu uninspiriert und verkrampft gerappt werden. Im Endeffekt ist der Diss viel zu lang und bietet gefühlt 40 ausgelutschte Karotten-Lines, außerdem lies Fler den Diss innerhalb kürzester Zeit via einstweiliger Verfügung auf Youtube sperren, weshalb der Promomove ebenfalls gehörig schief ging. Hier ist der Diss noch zu sehen:
Das eigentliche Imperator-Album verfügt über
18 Tracks und hat eine
Spielzeit von 64:20 Min. Für die Produktionen sind auf dem Album Hookbeats & Phil Fanatic, David x Eli, Joshimixu, Juh-Dee, Beat Brothers, Sadikbeatz, Reflectionz, Toxik Tyson, Nikki 3k sowie Undercover Molotov zuständig, wobei
David x Eli (8) und
Hookbeats & Phil Fanatic (5) für den Großteil des Albums verantwortlich sind.
Auf dem Intro
Kaiseraura wird der Weg, den das Album einschlagen wird, bereits sehr deutlich: Während
King noch mit dem hungrigen
Alpha-Track ins Album startete, stolpert Kollegah in den ersten Sekunden durch einen nicht vorhandenen Takt. Wenn dann der Beat wirklich einsetzt, wird der Track zwar deutlich besser, auf der anderen Seite wird hier schon klar, dass der kommende Albumvortrag viel humorloser wird:
Kollegah kam erst mit Alphagene, hatte die Bossaura, wurde King und ist jetzt eben Imperator. Der Imperator-Kollegah macht im Grund das, was er immer macht, nur
bringt es deutlich ernsthafter und auch verkrampfter rüber. Der Hörer bekommt spätestens auf dem zweiten Track
Imperator den Eindruck,
dass Kunstfigur und reale Person hier mehr miteinander verschmelzen. Dabei sind die Hook und der Beat auch so nervtötend, dass bereits der zweite Track für mich den ersten
Totalausfall markiert. Überboten wird das nur noch durch das Video, welches man - und das ist noch nett formuliert - wohl als maximal cringe betiteln kann, selbst wenn man großzügig über die NS-Anspielung ("K"-Banner, die ähnlich gestaltet sind wie in der NS-Zeit)hinwegsieht:
Ich verstehe auch nicht, warum man ausgerechnet diesen Titel für eine Singleauskopplung gewählt hat.
Aventador bietet immerhin einen deutlich angenehmeren Beat und eine nette Reimekettenpassage, bleibt für mich aber auch nur durchschnittliche Kost. Es spricht Bände, dass der Kollabo-Track mit Farid Bang (
American Express) an vierter Stelle den bis dahin besten Track des Albums ausmacht: Waren das auf älteren Kollegah-Alben eher für mich die Skiptracks, wartet der Track zumindest mit einem guten Beat und einer nicht-nervigen Hook auf.
Ich hatte das Album bis zum Anfang dieser Rezensionen bis auf einzelne Tracks seit Release nicht mehr gehört. Während des Nebenbeihörens fiel mir der Beat von
Nero positiv auf und ich wunderte mich, warum der nie in einer meiner Playlisten gelandet ist. Dann habe ich mir die Singleauskopplungen angeschaut und wusste wieder warum: Die Ästhetik des Videos fand ich damals so peinlich und abstoßend, dass ich den Track vollkommen vergessen hatte:
Es ist ja nicht schlecht gemacht, aber diese Imperator-Ästhetik finde ich einfach nur befremdlich. Während viele Tracks ja mit Videos viel besser zünden, kann ich diesen Track einfach gut hören, aber nicht in Kombination mit dem Video. Weiterhin peinlich sind die Lines
"N steht für nicht zu F****n, E steht für Ehrgeiz, R steht für Rache O für ohne Gnade ich bin Nero" - ja haben wir denn wieder 2005 oder was?
Insgesamt beginnt dennoch nun der wesentlich bessere Teil des Albums, wenn man sich damit anfreunden kann, dass die Tracks eben ernster sind als auf vergangenen Releases: Der
Cold-Blooded-Beat gefällt mir gut, auf
24 Karat schimmert sogar ein bisschen Humor durch (wenn auch der Beat sehr gewöhnungsbedürftig ist) und die
Rap-Money-Kollabo mit
Summer Cem harmoniert unerwartet gut.
Auf
Assassine bröckelt das sonst so perfekte Imperatordasein, der unfickbare Boss wird langsam müde von dem ganzen Übermenschen-Life. Das steht zwar total im Gegensatz zum Intro-Gehabe ("stahlhart wie Bahngleise | ja ich würd´ auch gern mal voller Deepness über Probleme rappen, doch ich hab keine | gar keine ...."), bringt aber Abwechslung ins Album, ist super produziert und hat ein cooles Instrumental. Ich würde sogar sagen, dass der Track aus musikalischer Sicht einer der Vorzeigestücke des späten Kollegahs ist, unabhängig mal vom Inhalt. Inhaltlich musste ich an
Ich schlafe ein von
Bushido denken.
Deeper bleibt es auch auf
Zeit, wo der Name Programm ist: Zuviele Pläne und zu wenig Zeit, während vom Tour- und Musikerleben erzählt wird. Auch hier gilt: Wo man auf Track 1 noch keine Probleme hatte, wird hier von Verlustängsten gesprochen. Sei es drum, der Track ist schlechter als Assassine, aber auch kein Totalausfall und die Produktion passend zum Thema.
Pharao bietet ungewohnten Realtalk ("Ich hab das Pimpimage auf die Spitze getrieben | Geschichten geschrieben klar ist der Shit übertrieben | hatte nie Huren, die auf dem Strich für mich liefen | War kein Kartellchef, doch zahle vom Ticken die Miete") und ist definitiv
hörbar, auch wenn zumindest bezweifelt werden kann, wie Real denn der Realtalk wirklich ist. Die
KC-Rebell-Kollabo Pythonleder funktioniert ähnlich überraschend wie schon mit Summer Cem, ich hatte damals beim lesen der Tracklist deutlich schlechteres erwartet.
Rapkoryphäe ist maximal durchschnittlich,
Schwarze Rosen mit
Ali As - unserem Mzee-Twitter-Liebling - ein
Totalausfall, James Bond ist etwas besser, aber auch nervig.
Fokus macht mir deutlich mehr Spaß und hat inhaltlich mehr Tiefgang als die Tracks davor, wenn auch hier und da nicht ohne Bedenken ("CFR und Bilderberger schmieden radikale Pläne für die maximale Höhe ihrer Kapitalerträge").
Einer von Millionen mit
MoTrip macht mich richtig sauer: Ich habe nichts gegen Kopf-Hoch-Tracks und die Parts an sich sind - für das, was es eben sein soll - auch gar nicht so verkehrt, würde es nicht diese
unendlich dumme Menschen-Leben-Tanzen-Welt-Hook geben, bei der ich einfach nur Fremdscham empfinde. Diese Hook könnte auch von Max Mutzke oder den anderen austauschbaren Singer-Songwriter-Gestalten aus dem Deutsch-Pop stammen.
Beendet wird das Album mit
Siegerlächeln, bei dem ich mich frage: Warum denn nicht gleich so? Ein entspannter typischer Outro-Beat und ein selbstironischer Laid-Back-Kollegah erzeugen eine Atmosphäre, die man sich eigentlich schon viel früher auf dem Album gewünscht hätte. Hier stimmt einfach alles und deshalb ist das Outro auch gleichzeitig der
beste Track des Albums.
Fazit:
Dieses Album ist
kein Totalausfall wie einige Nachfolgeralben von Kollegah, dennoch ist es das
bis dato schlechteste Album-Release.
Die Produktionen haben
zum Teil ein hohes Niveau, sind aber auch
an vielen Stellen austauschbar. Nach einem desolaten Start ins Album kann ich persönlich gerade den mittleren Teil des Albums relativ gut hören, was aber nicht bedeutet, dass mir das Album richtig gut gefällt. Man kann es auch anders sagen: Kollegah bietet neben 2-3 deeperen Tracks eigentlich die
gleiche Kost wie immer, nur mit weniger Humor, mehr Größenwahn, zum Teil einem deutlichen Cringefaktor und einer (meist) hochwertigeren Produktion. Durchhören kann ich das Album auf gar keinen Fall, dafür gibt es zuviele
Totalausfälle (Hardcore, Schwarze Rosen, einer von Millionen) und 08/15-Tracks. Bis auf
Siegerlächeln ist für meine Belange auch kein wirklicher Top-Track vorhanden, auch wenn mir
Nero wegen des Beats persönlich wirklich gut gefällt. Das Album wirkt nicht hingerotzt und gerade die Banger-Musik-Features haben mich wirklich unerwartet positiv überrascht.
Mit dem Kollegah aus der Anfangszeit hat dieses Werk trotzdem nichts mehr gemeinsam, dazu kommt zum Teil diese wirklich fast psychosenhafte Ernsthaftigkeit. Wer auf härteren Rap mit weniger Humor steht und wie ich ein F*** auf die Realness von Leuten gibt, der kann mit dem Mittelteil des Albums durchaus etwas anfangen. Ich persönlich greife dann lieber zu den ersten 4 Zuhältertapes oder King, kann aber die Albumstrecke 4-12 zumindest ohne Skippen durchhören. Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Stimme zum Großteil noch nicht so gepresst ist wie auf späteren Alben.
Es wird Leute geben, für die das Album maximal eine 2-3/10 und das wäre auch vertretbar. Ich vergebe großzügig eine
Wertung von 5,0/10 (und beziehe die Musikvideos nicht mit ein).