Nein, da gibt es keine Korrelation für, das ist lediglich dein subjektiver Eindruck. Wenn diese Leute 200 mehr in Monat verdienen und das in deinem Szenario wirklich für eine Reinigungskraft ausgeben würden, wäre die Annehmlichkeit nach 6 Monaten selbstverständlich und es würde wieder für mehr Gehalt gejammert werden. Das ist der Kreislauf der Dinge.
Und ne Reinigungskraft Zuhause hilft dir bei den gesundheitlichen und seelischen Abgründen die man jeden Tag sieht auch nicht weiter - genauso wie es 300 Steine mehr im Monat auch nicht tun.
Wie gesagt, deine Haltung ist komplett eindimensional, auch ne 30 Stunden Woche ist nur ein Teil der Lösung. Wer soll das bezahlen? Glaubst du ernsthaft, dass dies von den Unternehmen finanziert werden kann? Und jetzt komm mir nicht mit irgendeinem polemischen "Ja dann halt den Großaktionären keine 1,54% Dividende zahlen!?!?!". Da hilft dir 8. Klasse Mathe um schnell zum Ergebnis zu kommen, dass dies nicht die Lösung ist.
Sorry, aber als jemand mit 8 Jahren Krankenhauserfahrung und einigen Stationen (incl. verschiedenen Berufsbilder) kann ich Dir sagen, dass es dafür sehr wohl eine Korrelation gibt. Ich weiß, worauf Du hinaus willst, aber aufgrund der Tatsache von einigen hier getätigten Aussagen auch von anderen, müsst ihr jetzt leider einen Schnaggero-TuRo ertragen, sorry schon mal dafür. Ich hole mal ganz weit aus und fange auf ner ganz anderen Ebene an:
Das wird die Situation in der Pflege bzw. auch in Krankenhäuser haben, liegt in seinem Ursprung neben der exponentiellen Steigerung für Gesundheitsausgaben seit Gründung der BRD auch an dem Wandel von staatlichen Krankenhäusern hin zur Privatisierung und der Etablierung des Fallpauschalensystems. Sprich: Früher hat das Krankenhaus Kohle gemacht PRO TAG in einem Krankenhaus und Papa Staat bzw. die Krankenkasse (weiß nicht genau wer da blechen musste) hat gezahlt. Das war natürlich auch nicht das gelbe vom Ei, heute wird ein Patient im Krankenhaus je nach Alter, Art der Erkrankung, Pflegeaufwand etc. nach Fallpauschale gezahlt. Fiktives Beispiel: Blinddarmentfernung, männlich und 28, durchschnittliche Verweildauer vllt. 2,7 Tage und dann kriegt das privat geführte Krankenhaus auch nur für 2,7 Tage Kohle. Ein Krankenhaus kann unter Umständen also auch minus bzw. kein Profit mit ner Behandlung machen. Früher war das auch nicht geil, wenn alle von Papa Staat angestellt wurden, ich kenne dutzende Geschichten über Leute, die das auch fleißig ausgenutzt haben. Das die Art der Bezahlung heute auch nicht gerade gesundheitsfördernd ist, brauche ich wohl nicht erläutern (es spielen noch unzählige andere Faktoren mit rein, das sprengt aber selbst hier noch den Roman).
Durch die Privatisierung herrscht ein gewisser Groll gegenüber den Firmen, die die Krankenhäuser betreiben, aber was erwartet man? Und da gebe ich Dir Recht: Die Mitarbeiter (incl. mir damals) sind oft angepisst gegenüber ihrem Arbeitgeber, aber Unternehmen betreiben nun mal nicht aus Nächstenliebe Krankenhäuser und wollen mindestens Profit, aber auf jeden Fall kein Minus machen. Dementsprechend baut man Dinge, die ordentlich Kohle machen aus, während andere Stationen outgesourced werden (oder werden möchten, die Pädiatrie ohne Spezialisierung z.B. ist so ein richtiger Dorn im Auge).
Der Ursprung hier liegt meines Erachtens nach schon in der unfähigen Führung der Politik, Volkentscheide wurden ignoriert (Hamburg: Danke Ole von Beust Du Hund) und ein Großteil der Krankenhäuser liegt in privater Hand. Trotzdem: Es hat einen faden Beigeschmack, in der jetzigen Zeit erst rumzujammern und dann Dividende auszuzahlen, das haben die Automobilfirmen in Deutschland ja auch hervorragend bewiesen, dass man ein ungeschickteres Händchen gegenüber der momentanen Stimmung des Volkes kaum haben kann. Es ist aus meiner Sicht dumm, nicht generell, aber zu dem Zeitpunkt kann sich da doch jeder Marketingexperte nur an den Kopf fassen.
Unsere Einstellung zur Gesundheit ist aber auch kulturell bedingt: Es gibt vergleichbare wohlhabende Staaten, die deutlich mehr für Gesundheit und Pflege ausgeben, aber uns Deutschen scheint Gesundheit nicht so sehr am Herzen zu liegen, wir messen Ihr zu wenig Wert bei. Wir haben beispielsweise prozentual vom Gehalt in Deutschland auch die fast niedrigsten Ausgaben für Nahrung und Getränke in ganz Europa, in anderen Ländern fressen sie nicht soviel Dreck wie wir, geiz ist auch bei der Ernährung geil und ich schließe mich selbst da überhaupt nicht aus, obwohl ich es besser wissen müsste.
Zurück zur Pflege: Die privat geführten Krankenhäuser / Seniorenheime / ambulanten Pflegedienste wollen allesamt Geld verdienen und gleichzeitig stieg aufgrund von steigenden rechtlichen Anforderungen auch der Arbeitsaufwand bei der Dokumentation, während Stellenschlüssel auf Station abgebaut wurden. An dieser Stelle kann man übrigens mal Jens Spahn n Lob aussprechen, der den verpflichtenden Mindeststellenschlüssel einführen wollte bzw. es schon hat (weiß ich gerade nicht). Trotz allem bringt so etwas nur wenig, weil jeder (und mindestens jeder Politiker) schon vor mehr als zehn Jahren von einem Mangel an Pflegekräften wusste. Die Arbeit im Verhältnis zum Gehalt wurde so unattraktiv und stressig - gerade in der Somatik - dass die Durchschnittliche Verweildauer einer Pflegetätigkeit im Durchschnitt irgendwo bei 5 Jahren liegt (und das sind alte Zahlen, ich glaube nicht dass die Tendenz steigend ist). Sagt einiges aus, aussagekräftiger wird es noch wenn Du Dir die Leute anguckst die seit 20-30 Jahren Vollzeit in der Pflege arbeiten: Viele sind innerlich und äußerlich verbraucht, charakterlich häufig pessismistisch und unzufrieden.
Mittlerweile ist der Mangel so hoch, dass ich als examinierter Krankenpfleger sofort in meinem alten Krankenhaus wieder arbeiten könnte. Und zwar morgen und nicht Ende Mai. Zitat von einem Freund, der dort noch arbeitet und mit mir die Ausbildung gemacht hat: "Die stellen derzeit alles ein". Von der Altenpflege brauchen wir gar nicht zu reden, die Gehälter dort sind für noch beschissenere Arbeit im Durchschnitt niedriger.
Es sind natürlich primär die desolaten Zustände von teils nicht mehr zu bewältigendem Arbeitsaufwand in Verbindung mit Privaten Unternehmen, die wegrationalisieren, wo immer sie gesetzlich können und einer - wie ich finde - in Krankenhaus durchschnittlichen, in Altenheimen/ambulanten Pflegediensten oft unterdurchschnittliche Bezahlung. Da ist schon viel passiert, aber mal ehrlich: Das Geld ist halt doch ein wesentlich entscheidener Faktor.
Pflege ist nicht nur Arschabwischen, für meine Ausbildung hab ich das 10-30fache vom Abitur gelernt und sogar durch ne Prüfung gefallen, die ich wiederholen musste. Die Ausbildung in Deutschland hat immer noch n relativ hohen Standard und ja, ich würde zurückgehen, wenn ich 3k Netto verdienen würde. Viele würden zurückkommen, Mütter vielleicht halbtags- oder dreiviertel arbeiten und sind dann nicht nach 10 Jahren völlig im Arsch. Würde selbst aber auch nur 3/4 arbeiten, mehr halte ich in dem Job einfach nicht aus bei den momentanen Bedingungen.
Wer das bezahlen soll? Wir natürlich! Wir bezahlen als Steuerzahler auch ne Milliarde, wenn der Holzkopf Scheuer sich mit seiner Pokerei bei der Maut vertut, die Steuerzahler retten die Banken, wenn sie sich verzocken (weil ja auch niemand mehr weiß wie das fucking Finanzsystem funktioniert). Die Grundproblematik liegt darin, dass sich anscheinend keiner damit beschäftigt, wieviel einem ein gut funktionierendes Gesundheitssystem wert ist. Es ist nicht zu spät und im Vergleich mit anderen Ländern können wir uns trotz den momentanen Verhältnissen nicht beschweren. Wird das in 20 Jahren auch noch so sein? Wird unser dementer Arsch am Ende von Pflegerobotern gewischt? Ich wage zu sagen, dass dieses System und allen voran diese Privatisierung der Krankenhäusern uns noch viel kosten wird, und das meine ich nicht monetär.
Ein weiterer Punkt ist auch die Verhältnismäßigkeit von Ärzten und Pflegekräften:
Ich gönne jedem Arzt nach 7 Jahre Studium einen ordentlichen Batzen Geld, aber auch die sind im Verhältnis in Krankenhäusern teilweise noch unterbezahlt. Je spezialisierter, desto mehr Kohle, der Radiologe mit eigener Praxis verdient sich dumm und dämlich, der wichtige Hausarzt macht im Verhältnis Nase.
Die Ärzte haben aber ne starke Lobby und diese Verhältnismäßigkeit sieht man jetzt im Impfzentrum.
MFA´s (also alle Examinierte mit 3jähriger Ausbildung) verdienen bei uns 26€, Ärzte zwischen 80-160(!!!)€ pro Stunde.
Dazu hat die Ärztekammer durchgedrückt, dass für Arbeiten im Impfzentrum die Ärzte keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen.
80-90% der Ärzte machen bei uns die Aufklärung, den Rest - also das Impfen und die extrem stressige Überwachung im sogenannten "Ruheraum"
(bei 7000 - 8000 Impfungen wäre Stressraum eher angebracht) machen wir.
Ich wiederhole: Ein Arzt verdient bei uns im Impfzentrum bei 100 Stunden Arbeit im Monat zwischen 8000-16000 Euro und zahlt keine Sozialversicherungsbeiträge FÜR AUFKLÄRUNGSGESPRÄCHE. Notfallärzte und medizinische Leitungspositionen nehme ich da natürlich raus (da natürlich berechtigt!), aber das ist ne Goldgrube finanziert vom Staat und am Ende wird gejammert, dass das Impfzentrum so teuer ist.
Das ist mindestens Oberarzt-, manchmal sogar Chefarztgehalt für EINHUNDERT Stunden Arbeit im Monat für Aufklärungsgespräche und selten mal n paar Impfungen machen. Als Argument wurde angeführt, dass es sich ja auch lohnen muss. Als würde kein Arzt für 70€/Stunde mal n paar Aufklärungsgespräche nebenbei machen, gebt Euch mal typische Krankenhauslöhne für Fachärzte, ganz zu schweigen von der wesentlich geringeren Verantwortung, die hier jeder übernehmen muss. Auch für Ärzte im Ruhestand wäre das immer noch mega attraktiv.
Will ich bei 26€/Stunde meckern? Nein! Ich verdiene mehr als im Krankenhaus und werde wertgeschätzt!
Trotzdem zeigt es immer noch eindrucksvoll, dass sich da dann von Seiten der Politik hingestellt wird und so getan wird, als würde man die Pflege so schätzen, im Verhältnis zu den Arztgehältern ist das n Schlag in die Fresse, und wir zahlen natürlich vollständig Sozialversicherungsbeiträge.
Von den teilweise nicht gezahlten Corona-Prämien brauchen wir gar nicht anzufangen.
Im Übrigen möchte ich noch sagen: Man kann sehr wohl Karriere in der Pflege machen. Je spezialisierter und flexibler, desto mehr Möglichkeiten.
Ich kenne einige sehr wohlhabende Leute, die z.B. Intensivpflege im ambulanten Pflegedienst betreiben und da wird gut gezahlt. Wenn Du Dich selbstständig machst und flexibel bist, rollt der Rubel aufgrund des Mangels, es gibt viele Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie besser bezahlte Studiengänge (Pflegemanagement, Gesundheitswissenschaften etc. pp). Und viele wissen auch, wie man Geld verdient und hören sich hier und da um. Die Zeit, wo man nur aus Nächstenliebe Menschen helfen wollte, ist längst um und das ist auch gut so. Trotzdem stimmt es natürlich, Leute in Sozialberufen sind zu einem größeren Anteil nicht so karrierefixiert.
Und an Sir Jackson: Ich habe jetzt deine Aussage hier rausgepickt, ich hätte auch n paar andere von Dir und anderen Usern nehmen können, weil ich glaube, dass hier teilweise schon ein falsches Bild von den Zuständen herrscht. Wollte auf auch andere Aussagen/Anmerkungen antworten, die du gemacht hast auf meine vorherigen Impfzentrumupdates etc. pp. aber in letzter Zeit fehlt ein wenig die Zeit
Es kann auch sein, dass sich einige Sachen hier wiederholen, ich hab vor ein paar Monaten schon mal zu einem ähnlichen Thema Stellung bezogen.
TuRo beendet, sorry dafür und denkt dran: Bald ist der Dreck vorbei.