Original erstellt von Agent Amik:
Ich glaube, die Leute hassen eigentlich gar nicht Graffiti an sich, sondern das Werkzeug...die Sprühdose.
Ich glaube es nicht,daß es daran liegt, sondern es liegt eher daran, daß medienwirksam durch die DB und durch die SOKO immer wieder Züge, die vollge"tagged" wurden gezeigt werden, meist noch im Zusammenhang mit aufgeschlitzten Sitzen und eingegretenen Scheiben, nie wirlich gut besprühte, wie z.B. von den Kings der Szene.
Damit wird den Lesern der Printmedien suggeriert, daß Sprayer die Vandalen sind, die Sitzpolster aufschlitzen, Scheiben eintreten und die Züge beschmieren. Zum anderen sorgen die Sprayer selbst für die Ablehnung, weil sie legale und illegale Graffiti als Graffiti bezeichnen und damit zur Verunsicherung der Leute beitragen. Schlüsseldienste inserieren auch nicht: EINBRECHER ÖFFNET IHNEN GÜNSTIG ALLE TÜREN ZUM SONDERPREIS TAG & NACHT!
Legales Türenöffnen wird von Schlüsseldiensten angeboten, unerlaubtes von Einbrechern gemacht. Ich denke nicht, daß man die Wurzeln der Aerosol- Art verleugnen soll oder darf, aber es ist einfach wichtig, daß man deutlich macht, das diese Kunst ihre Wurzeln aus der Graffiti- Szene der Hip Hop Bewegung hat, die aber weiterentwickelt und kultiviert wurde.
Selber glauben sie vermutlich Graffiti zu hassen...was wäre aber, wenn plötzlich mal ein Zug in den Bahnhof fährt, auf dem monalisamässig mit Pinsel ein Bild draufgemalt ist. Ich glaube nicht, dass die Leute sich darüber aufregen würden, da man ja erkennen würde, dass da mit Pinseln etc. gearbeitet wurde.
Die bessere Akzeptanz hängt in erster Linie damit zusammen, weil es sich um eine andere Technik handelt. Genauso könnte man einen Waggon tapezieren! Auch dann würde man "toll" sagen!!!
Es ist aber auch schon häufiger vorgekommen, daß Leute mich anriefen und den Künstler "buchen" wollten, der den Zug in Richtung xyz gestaltet hätten, weil der was richtig TOLLES
memacht hat, was sie selbst gern auf ihrer Garage haben wollten.
Auch von den Kunsthäusern werden praktisch alle Arbeiten, Bilder und Skulpturen anerkannt, die mit Pinsel, Hammer und Meisel, den blossen Händen, Airbrush, Bleistift, Kreide, Buntstifte etc. gefertigt wurden. Nur Bilder (z.B. Leinwände), die mit Sprühdosen gemacht wurden, haben es verdammt schwer (oder eigentlich unmöglich) in ein Kunsthaus oder Gallerie zu kommen, die gemischte Kunst ausstellt.
Das liegt eher an der Zuverlässigkeit der Sprayer und an deren Traumvorstellungen, was man für eine Leinwand bekommen kann. Klar macht es Arbeit, kostet Erfahrung, Zeit und Geld, bis man eine Leinwand zustande gebracht hat, die ihr Geld wert ist. Man darf aber nicht vergessen, daß Angebot und Nachfrage den Preis regeln. Wer meint, es paßt ihm besser 1 Leinwand zu 1000 DM zu verkaufen, statt 2 oder 3 für 1000 DM, der vergißt, daß es bei 3 unterschiedlichen Käufern eine stärkere Nachfrage geben kann als bei nur einer verkauften, weil es 3 Empfehlungen sind, statt einer und mehr Betrachter.
Jeder hat zu Beginn mit wenig Kohle angefangen. Wer gleich mit Superpreisforderungen kommt, blitzt auch superschnell ab.
Wer als kaugummikauender, schlagwortproduzierender GANGBANGER erscheint, dem traut man auch nicht so viel zu, weil auch jeder Auftraggeber mit seinen eigenen Vorurteilen zu kämpfen hat.
Graffiti ist höchstens mal in einer Gallerie zu sehen, wenn die Ausstellung auch extra wegen Graffiti gemacht wird.
Damit kann und sollte man beginnen. Aber wer hat von Euch denn Lust, seine Galerie zur Verfügung zu stellen, oder eine Ausstellung zu organisieren,wenn das Publikum sich vandalenmäßig verhält, die Galerieräume volltagged" und vielleicht sogar noch die Leinwände crossed, so daß anschließend erhebliche Schadenersatzansprüche gegen ihn gestellt werden und er haften muß???
Zum Flash 2000 wurde eine riesige Graffiti- Ausstellung veranstaltet, die aus meiner Sicht nur mäßig von der Szene besucht wurde. Es kostete 8 DM Eintritt, darüber wurde gejammert, aber 50 DM und mehr für das Konzert konnte man locker hinlegen!!!???
Doch wozu soll die Dose auch sonst dienen? Sie wurde gemacht, um grosse Flächen schnell und sauber zu decken, ohne sich dabei speziell einkleiden zu müssen, wie man das eigentlich beim farbauftragen von Dispersion mit Rollern machen muss. Eigentlich hätte es offensichtlich sein müssen, dass es mal so weit kommt.
Das ist nur ein Argument! Die Efekte, die Du mit dem Pinsel machst, kriegst Du nicht mit der Dose hin und umgekehrt gesehen kriegt man mit dem Pinsel die Effekte nicht hin, die man mit der Dose erreicht. Farbübergänge usw.
Bereits die Höhlenmenschen haben ihre Wände vollgekritzelt...nur mit dem Unterschied zu heute, dass nun Dosen benutzt werden und sich in der Steinzeit nicht irgendein Höhlenmenschenarschloch aufspielen musste und was von Sachbeschädigung rumgeschrien hat!
Wir wissen nicht, ob die Höhlenmenschen nicht auch Ärger bekamen. Es war halt eine Steinzeit- Zeitung, da war sicher auch nicht jede/r mit den Informationen einverstanden.
Die plakative Wandinformation gabe es in allen Kulturen mehr oder weniger und zu allen Generationen.
Im Römischen Reich haben die Unterdrückten ihre Parolen mit Kot an die Wände der Obrigkeit gebracht,um diese zu verunglimpfen.
Die Grünen würden sagen, es wäre wenigstens biologisch abbaubar, aber es hat der Obrigkeit auch "gestunken", und zwar im doppelten Sinne des Wortes.
Oder glaubst Du, daß die Obstbauern oder die Forstbesitzer glücklich darüber waren, als Oma & Opa ihre Initiale in die Bäume geschnitzt haben und ein herz rundherum, um allen zu zeigen, wie verliebt sie waren?
Auch in den 50iger Jahren gab es schon mit Hausbesitzern und mit Hausmeistern der Schule Streß, wenn wir die Schule eigenmächtig enteigneten und mit den Kreideresten draußen rumgeschiert hatten, wen wir alles als doof empfanden. Wir wurden vom Hausmeister gepackt und mußten schrubben. Da wurden Konflikte, die in der Schule entstanden, egal um welche es sich gehandelt hatte, in der Schule aufgearbeitet und beseitigt, nicht auf Revierwachen oder vor Gericht.
Streitereien der Kinder wurden von Eltern und lehrern gelöst, nicht von der Staatsanwaltschaft geregelt.
Früher kamen auch mal Übergriffe vor, wo einer dem anderen das Pausenbrot wegnahm, manchmal auch mit der Bemerkung: "Sonst nach der Schule Arschvoll!" was den Straftatbestand der räuberischen Erpressung auch damals erfüllte!!! Trotzdem haben sich Lehrer zuerst mit den Schülern auseinandergesetzt und dann mit deren Eltern.
Heute regelt das die Staatsanwaltschaft, weil
in unserer Zeit kaum noch ein Jugendlicher, der handfeste Probleme hat, einen verläßlichen Ansprechpartner findet, der die fehlgelaufenen Dinge mit ihm und seinem Gegner aufarbeitet.
So wie aus uns rechtschaffende Leute geworden sind, obwohl die meisten von uns (auch ich) beim Bauern Äpfel gestohlen hatten, glaube ich daran, daß auch in der heutigen Zeit aus Jugendlichen rechtschaffene Erwachsene werden. Entscheidend sind die Vorbilder, die für Jugendliche vorhanden sind, an denen sie sich orientieren können. Die meisten Vorbilder taugen nichts.
Am unglaubwürdigsten sind inzwischen die Politiker, die einerseits Gesetze verabschieden und für Jugendliche eine krassere Strafverfolgung wünschen, andererseits die von ihnen geschaffenen Gesetze brechen und freigesprochen werden wollen. Das geht durch alle Parteien!!![/B]
Udu
<FONT COLOR="#800080" SIZE="1" FACE="Tahoma, Verdana, Arial">[Diese Nachricht wurde von UDU an 21. November 2000 @ ]</font>