Der Polizei & Justiz Thread

Warum brauchen dann Staatsanwälte der untersten Ebene mehr Macht deiner Meinung nach? Damit die Klüngelei besser funktioniert ?
 
Sie brauchen nicht mehr Macht, sondern mehr Unabhängigkeit von der Politik. Die Befugnisse (die "Macht") können meinetwegen die gleichen bleiben, und ich sehe jetzt auch nicht wo der Richterbund was anderes fordert.
 
Aufgrund des Faktes, dass in einigen Bundesländern ein ständiger Laufbahnwechsel zwischen Staatsanwaltschaft und Richteramt vorgesehen ist und daher ein Schulterschluß gegen die Verteidigung wahrscheinlicher wird ( Begründung nachzulesen im Editorial der NStZ Heft 1 /2019 ), vermute ich dass diese Forderung mit einem Interessenkonflikt behaftet ist.
 
Gegenargumente sind übrigens auch in dem von dir geposteten Artikel zu finden, die meiner Meinung richtiger sind als deine Schlußfolgerung sind. Ich zitiere : ,,
Dabei sollte die Trennung von Staatsanwaltschaft und Richterschaft im 19. Jahrhundert gerade dem Schutz der Bürger dienen. In Deutschland gilt der Anklageprozess – die Staatsanwaltschaft klagt an, aber ein unabhängiger Richter entscheidet – und nicht der sogenannte Inquisitionsprozess, in dem der Ankläger auch Richter ist. Es war also eine bewusste Entscheidung, Staatsanwaltschaften und Gerichte nicht zu verschmelzen, mithin die Staatsanwälte auch nicht richterlichen Kontrollgremien zu unterstellen.

Darauf hob auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) ab, der die Forderung des Richterbundes ablehnt. DAV-Präsident Ulrich Schellenberg verwies darauf, dass die Staatsanwaltschaft gemäß der demokratischen Gewaltenteilung zur Exekutive zählt und nicht zur unabhängigen Judikative. Die Staatsanwälte müssten daher der Aufsicht und den Weisungen der Justizminister unterliegen, die dafür die parlamentarische Verantwortung tragen und ihrerseits „durch das Parlament kontrolliert“ werden, sagte Schellenberg. Würde diese Kontrolle wegfallen, drohe eine „nicht zu akzeptierende Demokratielücke“.

Du weißt das Parlament ist die Brücke zur Demokratischen Legitimation. (hoffe ich doch)
 
Der Richterbund fordert nicht die weitere Annäherung/Verschmelzung von Richteramt und dem Amt des Staatsanwalts, sondern größere Unabhängigkeit des Staatsanwalts von der Politik. Nicht das gleiche...

Der FAZ-Artikel ist da tatsächlich etwas tendentiös und hinterlistig formuliert, danke dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast.
 
lol . Das ist nicht hinterlistig formuliert, sondern hangelt sich an der im Grundgesetz verankerten Rechtslage und ihrer Begründung vorwärts.
 
Ist schon okay, wenn der Staatsanwalt offiziell Teil der Exekutive ist. Aber man muss unterscheiden: bestimmte Teile der Exekutive sind unabhängiger von der parlamentarischen und Regierungs-Politik als andere. Dieser Unterschied ist in Deutschland leider kaum (in UK dafür extrem) ausgeprägt: ein Staatsangestellter oder Beamter sollte in erster Linie seinen Job nach Vorschrift machen. Umso weniger direkter Einfluss durch die Politik (also nicht indirekt durch Gesetze und Verordnungen), umso besser.

Die Hauptaufgabe des Staatswanwaltes ist es, Anklage gegen mutmaßliche Verbrecher zu erheben. Das schafft er auch ohne dass der Justizminister reinpfuscht.
 
lol . Das ist nicht hinterlistig formuliert, sondern hangelt sich an der im Grundgesetz verankerten Rechtslage und ihrer Begründung vorwärts.

Doch. Er suggeriert, der Richterbund fordere eine engere Verknüpfung von Richterschaft und Staatsanwaltschaft. Das ist nicht der Fall.
Und es wäre wenn überhaupt auch nur sehr eingeschränkt die Folge.
 
Kurze Frage: wieso diskutieren wir das hier so ausführlich?

Der Justizminister pfuscht de facto fast NICHT/NIE/NUNCA hinein also bitte etwas mehr Relevanz hier im RDW ok?

Im übrigen sind deutsche Richter nicht sehr vertrauenserweckend ;)
 
Ist durchaus relevant. Ich erinnere:

Jeder Jurastudent weiß, dass die Strafverfolger in Wahrheit nicht unabhängig sind. Anders als die Richter, denen niemand in ihre Arbeit hineinreden darf, sind Staatsanwälte weisungsgebunden. Das steht im Gerichtsverfassungsgesetz, seit 1879: „Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen.“ Sie sind Teil der Exekutive, nachgeordnete Beamte, die parieren müssen. Eine Art verlängerter Arm der Politik. So weit die Rechtslage.

Und doch tun die Justizminister so, als gäbe es kein Weisungsrecht. Es wird allseits betont, dass auf staatsanwaltliche Ermittlungen kein politischer Einfluss genommen wird. Tatsächlich gibt es keine Statistiken über die Zahl der externen Weisungen. Offiziell kommen sie im Justizalltag nämlich nicht vor. Auch Heiko Maas betont stets, er halte nichts davon, die Bundesanwaltschaft anzuweisen. Das gehöre zu seinen Prinzipien.

Doch diese Beteuerungen sind scheinheilig. Wären sie ernst gemeint, könnte man das Weisungsrecht abschaffen. Die Vorschläge dafür liegen seit Langem auf dem Tisch. Aber sie werden nicht umgesetzt. Denn die Politik mag sich zwar nicht zum Weisungsrecht bekennen. Aber sie nimmt es wahr. Nicht schriftlich und damit transparent. Das würde bedeuten, Verantwortung zu übernehmen. Und der Einfluss der Politik würde offenbar. Also wird verdeckt angewiesen. Die Instrumente, den eigenen Willen heimlich durchzusetzen, heißen „Dienstbesprechung“, „Prüfbitte“, „Empfehlung“ oder „Vereinbarung“. So lief es auch zwischen Range und Maas.
 
wenn es das Weisungsrecht nicht gäbe, könnte die Staatsanwaltschaft jeden kleinen Kiffer verfolgen wenn sie wollte und ihr langweilig ist. Dem kann eine anders denkende Politik dazwischengrätschen und das ist auch gut so. Theoretisch könnten Staatsanwälte dann auch einen Krieg vom Zaun brechen indem sie z.B. einem Saudischen Prinzen wegen MEnschenrechtsverletzungen oder derartigem die Freiheit entziehen. Willst du das wirklich?

Ausserdem ist der Minister der Parlamentarischen Kontrolle und damit indirekt dem Volkswillen unterworfen und nur dadurch legitimiert sich indirekt auch die Strafverfolgung etc. Das nennt man Demokratie. Warum verstehst du das nicht? Das Volk muss die Strafverfolgung beeinflussen können. Damit es einen Wandel geben kann.
 
Findest du das realistisch, dass die Staatsanwaltschaft dann jedem kleinen Kiffer hinterherlaufen würde, und nichts besseres zu tun hätte?
Ganz abgesehen davon verfolgt die Staatsanwaltschaft erstmal jeden kleinen Kiffer, der ihr bekannt wird. Anschließend stellt sie aufgrund von§ 31a BtMG und der Verwaltungsvorschriften der Länder das Verfahren meist ein.

Inwiefern glaubst du würde sich das ändern?

Das Volk würde die Arbeit des Staatswaltes ja weiterhin indirekt, über das Parlament und die Regierung, durch Gesetze bestimmen.

Und was meinst du eigentlich wie leicht so ein Krieg ausbricht? So leicht wie du dir das vorstellst ist es glücklicherweise selten. Oder hat Saudi-Arabien neuerdings einen Krieg mit der Türkei angefangen?
 
Bin Salman ist ja auch nicht festgesetzt worden. Und ja ich finde das realistisch, dass es dann mehr unnötige und rechtsmissbräuchliche Strafverfahren gäbe.
 
Das Volk muss die Strafverfolgung beeinflussen können. Damit es einen Wandel geben kann.
Tut es doch über die Gesetzgebung und die Verwaltungsvorschriften. Ich sehe nicht, wo die Weisungsbefugnis ein Beispiel FÜR funktionierende Gewaltenteilung sein soll.
 
Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung gewählt -->Demokratische legitimation
Bundeskanzler wird vom Bundestag gewählt.--> Demokratische Legitimation durch Bundestagswahlen.
Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.
D.h. wenn Bundesminister weisungen erteilen sind diese über die eben genannte Kette demokratisch legitimiert.

Um das mit der Gewaltenteilung zu verstehen solltest du das Gegenargument aus Ulixes Artikel, was ich zitiert habe lesen.
 
Staatsanwälte sind Teil der Exekutive, schon klar. Aber dennoch sollte Strafverfolgung meiner Meinung nach nicht politisch bestimmt sein, weshalb das mit der Legitimation auch aus dieser Perspektive irrelevant ist.
 
täusche ich mich oder bedeutet das weisungsrecht nicht hauptsächlich dass der oberstaatsanwalt dem normalen staatsanwalt auch mal ein bisschen auf die finger hauen kann, was bei richtern ja eher nicht der fall ist?
 
also ein normaler staatsanwalt kann auch mal ne verfassungsklage machen und sich damit wehren. auch gegen die weisung von oben.
 
täusche ich mich oder bedeutet das weisungsrecht nicht hauptsächlich dass der oberstaatsanwalt dem normalen staatsanwalt auch mal ein bisschen auf die finger hauen kann, was bei richtern ja eher nicht der fall ist?

Da täuschst du dich. In der Realität, de facto, heißt es dass das Justizministerium in informellen, nicht schriftlich festgehaltenen Hinterzimmer-Meetings dem Staatsanwalt direkt Anweisungen gibt welche Verfahren aufzunehmen und einzustellen sind, und wie diese Verfahren zu führen sind.

Man kann sich vorstellen wie das läuft, wenn es politisch irgendwie relevante Verfahren, z.B. gegen Parteigenossen der Regierungskoationen sind.

Die Staatsanwälte selbst waren da verständlicherweise 2003 auch mal dagegen. Also die, die ebenfalls vom Richterbund vertreten werden, und dort organisiert sind.
 
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