Schöne Diskussionen hier, aber der Artikel triggert mich so hart.
Ich weiß nicht, wie es ist, gefühlt zwischen zwei kulturellen Welten zu pendeln. Aber die erste Frage, die ich mir immer stelle, wieso es eine vermeintliche Selbstverständlichkeit ist, in ein anderes Land einwandern zu können. Auch wenn es nach meiner Auffassung inhuman ist, aber andere Länder machen ihre Schotten dicht oder gar nicht erst auf, wenn Du nicht ausgebildet bist. Dass sie mit 6 Jahren irgendwo raufkacken musste, liegt wahrscheinlich daran, dass man ne Stuhlprobe zum Ausschluss von Krankheiten brauchte und ehrlich gesagt finde ich das sehr gut, damit sowohl ihre Familie als auch der Rest der Gesellschaft geschützt ist. Als ich als Kind mal ne Vorhautverengung hatte (Classic, Haut natürlich nicht mit dem Wachstum vom Rest hinterhergekommen, wir kennen es alle) und der Arzt das ohne Betäubung unter der Zuschauerschaft von 4 Krankenschwestern gelöst hat und ich geschrien habe wie am Spieß, fand ich das auch erniedrigend. Doch wo ist da das strukturelle Problem? Die Freundlichkeit, die sie erfuhr, ist ihrer Meinung nach selbstverständlich, nur wenn es Probleme gibt, ist es dann wiederum nicht selbstverständlich. Ich bin selbst mit Leuten aus dem Iran befreundet und die haben mir erzählt, wie sie sich am Anfang immer über das Deutsch lustig gemacht haben, weil es so eine für sie witzige Sprache ist. Es ist doch völlig natürlich, dass Andersartigkeit in einer Gesellschaft auffällt. Geschichtlich bedingt lebten hier vor 100 Jahren fast ausschließlich Weißbrote und da ist das "wo kommst Du her" doch eine völlig nachvollziehbare Aussage, das würden mich die Leute im Iran doch auch fragen. Dass sich weiße Frauen wegsetzen, das ist allerdings tragisch und wird hoffentlich in den nächsten Jahrzehnten verschwinden und davon bin ich fest überzeugt, weil die Generationen heute viel multikultureller aufwachsen. Ich will auch den teilweise existierenden latenten Rassismus in Deutschland nicht wegdiskutieren, aber manchmal denke ich auch, dass einige Menschen der Auffassung sind, dass Ihnen alles geschenkt werden muss und wenn dies nicht passiert, dann ist man unzufrieden. Den Höhepunkt trifft die Diskussion um das schwarze Pflaster, bei der ich mir nur denke: Produziert doch einfach Pflaster in 20 Farben, meine Güte nochmal, wie kann man sich darüber aufregen. Das Geilste aber an der gesamten Diskussion ist die Idealisierung des Irans bzw. das Weglassen einiger negativen Punkte, während Deutschland fast nur negativ dargestellt wird. Mich hätte ja mal interessiert, wie offen sie da ihr Nachtleben und ihre sexuelle Seite öffentlich hat ausleben können oder wie es da mit der Auslebung ihrer Meinungsfreiheit aussieht. Bei Sätzen wie "Ich genoss meine Pseudofreiheit in Zeiten des Konsums" könnte ich kotzen, wenn man aus einem Land flieht, in dem es z.T. keine Strafen gibt, wenn an Frauen Gewalt ausgeübt wird. Ich will nicht das Gefühl ihrer persönlichen Erfahrung mit Ablehnung wegdiskutieren und ich kann mir kein Urteil darüber erlauben wie es ist, auf wirklich rassistische Ablehnung zu stoßen, aber von die strukturelle Unterdrückung die dort beschrieben wird lese ich nur zum Teil raus und ist möglicherweise auch n Problem der Autorin selbst. Genauso geil finde ich immer, dass in solchen Artikeln immer nur eine Seite beleuchtet wird. Als ich zur Grundschule ging und mich die Türken damals verprügelt haben und als scheiß Kartoffel beschimpft haben, da hat das auch was mit mir gemacht, aber würde ich deshalb alle Türken oder Leute mit Migrationshintergrund über einen Kamm scheren? Natürlich nicht. Genauso geil ist der Kanackendankbarkeitstag: Sie tut so, als würde ihre verrichtete Arbeit ehrenamtlich von ihr gemacht worden sein, aber genau wie alle anderen Arbeitnehmer in Deutschland kassiert sie ihren Lohn dafür und der wird als Psychotherpeutin nicht beim Mindestlohn liegen. In einer Sache stimme ich aber absolut mit ihr überein: Wenn ich mich in anderen Ländern aufhalte, sind viele Kulturen deutlich lebendiger und extrovertierter und diese Stock-im-Arsch-ich-will-meine-Ruhe-Mentalität der Deutschen geht mir auch tierisch aufn Keks. Sorry für den TuRo, aber der Trigger war real.