Original geschrieben von LANSER
Auch wenn ich diese gestelzte Ausdrucksweise derartiger pädagogischer Jugendkulturbestandsaufnahmen immer etwas lustig finde, weil man sich immer so versuchskarninchenartig unter die Lupe genommen fühlt, was sich eben nicht mit dem Selbstbild deckt, kann ich es den Pädagogen gar nicht übel nehmen, dass sie dermaßen generalisieren, was im Graff passiert. Gerade diese „Szene“ gehört wohl zu den am wenigsten öffentlich ausgelebten, weil eben der Anteil des Illegalen so groß ist, und ist daher auch so schlecht zugänglich für Fremde. Das braucht eben viel Zeit und Engagement und Jugendarbeiter müssen eben für einen Haufen von sehr unterschiedlichen Jugend- bzw. Subkulturen zur Verfügung stehen (und nicht nur für Writer), die zusätzlich noch in unzählige Gruppen zersplittert sind, die innerhalb dieser jugendkulturellen Grenzen noch sehr heterogene Auslegungsweisen bevorzugen.
Manoman, da hast Du aber einen Satz hingehauen. Donnerwetter!
Ich weiß nicht, ob die Ausdrucksweise der Erwachsenen oder der Pädagogen "gestelzt" ist, oder ob sie einfach nur einen aneren Jargon haben, den Ihr nicht daruf habt. Es kommt sehr auf das Umfeld an, mit dem man überwiegend zu tun hat, weil man dessen Sprachgebrauch schnell übernimmt. Krankenschwestern benutzen auch privat bestimmte medininische begriffe und stutzen erst, wenn ihr gegenüber ratlos aus der Wäsche guckt.
Ich habe auch überwiedend in der freizeit mit Graffiti/Hip Hop zu zun, und merke erst dann, daß ich wieder einmal mit Szenebegriffe für Ratlosigkeit sorge, wenn entweder Jugendliche gackern oder mich einer fragt: „Buffen??? Was ist das denn???“
Es ist immer wieder lustig, wenn ich mich mit Leuten, die mich noch nie gesehen haben, am Hauptbahnhof treffe. Ich sagte denen immer:“Achtet auf eine Dicke Grauhaarige mit Brille!“
Antwort: „Ja, ja, alles klar!“
Nix war regelmäßig klar, weil man mir nicht geglaubt hatte. Ich habe die meist eher gefunden, als die mich. Lustig war es alle Male. Die hatten regelmäßig geglaubt, ich würde sie verar..en und eine Müsli- Tante von hochstens Mitte 30 würde vor ihnen stehen.
Ich stimme Dir zu. Wer sich in der Graff- Szene auskennen will, braucht nicht nur Zeit, sondern auch eine gewisse Bereitschaft, Fakten hinzunehmen, die er/sie ohnehin nicht verändern oder kontrollieren kann, braucht Ehrlichkeit, eigene Mängel hinzunehmen und die Stärke, manche Überlegenheit des/der jugendlichen zu akzeptieren und die Fantasie, sich in die hineindenken zu können.
Writer werden dann als vergleichsweise kleine Gruppierung eben zu Gunsten der zugänglicheren Gruppen unter den Jugendlichen hinten angestellt.
Ich glaube nicht, daß es an der kleinen Gruppierung der Writer liegt, wohl aber, daß Writer nicht so ohneweiteres sich anderen Menschen gegenüber öffnen.Wie denn auch??? Sollen Sie mit Blackbooks herumlaufen und anderen ihre Straftaten präsentieren?
Wenn Du Dir mal generell die Writer anschaust, ich meine nicht die Writer der Hip- Popper oder Saison- Writer, sondern die, die am Style arbeiten usw., die sind sehr zielstrebig, wollen in der Regel nichts zugewiesen oder vorgekaut kriegen, sondern sich den öffentlichen Raum erobern.Sie versuchen sich als Unikat zu präsentieren und beziehen eigentlich kaum Position zum eigenen Bild, wenn es um Ousider geht. Sie tarnen sich mit selbstgewählten Namen, der sie möglichst als Unikat ausweisen soll (was längst nicht mehr so ist) und versuchen ach durch eigenen Style einen hohen Wiedererkennungsgrad zu erreichen, was von Ousidern auch nicht immer wahrgenommen wird. Mit ihrem „tag“, ihrem Pseudonym, beiben sie für Outsider eine unbekannte Größe/Person, die höchstens durch die Anzahl von „Kringeln“ für Aufregung sorgt, oder durch aufwendige Bilder, mit denen viele, wenn es sich um Schriftzüge handelt, auch wenig anfangen können.
Pädagogen sind in der Regel Tagarbeiter, Sprayer sind nachtaktiv, arbeiten oft als Lackierer in der 3. Schicht. Wann sollen die sich begegnen und was soll der Pädagoge dann machen? Sagen, daß illegales Sprühen verboten ist? Wissen die Writer selber. Die Dosen schütteln oder grundieren? Dann wären sie Mittäter.
Geht also auch nicht.
Aber leider verhindert gerade das dann auch oftmals, dass wir überhaupt mal die Sache in die eigene Hand nehmen können, oder nicht? Wir haben (ob selbstverschuldet oder nicht) nun mal keine gemeinsame Lobby und keinen wirklichen Rückhalt, der uns davor schützt zur Zielscheibe zu werden, sobald jemand mal den Schritt in die Öffentlichkeit wagt, um etwas für die eigene Szene zu tun. (Noch mehr, seit Writing sich so sehr vom Hiphop abkapselt!)
Viele Jugendliche haben keine Lobby, besonders die Altersstufe, die in der Pubertät oder älter ist, findet kaum noch Treffpunkte, wo sie sich dann selbst verwirklichen können, wenn sie die meiste Zeit (Wochenende) haben.
Es gab schon öfter Möglichkeiten, Öffentlichkeit zu bekommen, meist haben sich aber Typen gemeldet, die den medien das gesagt haben, was die gern hören wollen oder man hat die Medien mit Müll vollgetextet, und damit der Sache großen Schaden zugefügt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man sich schnell mal in Egozentrismus zurückzieht, wenn man sich dann plötzlich ständig im Konfliktherd zwischen behörden-politischen Antigraffitiprogrammen und pädagogisch- jugendarbeiterischen Hilfsversuchen wiederfindet, bei denen außer nem Eintrag in irgendwelchen Akten der SOKO und gescheiterter Hoffnung, unterm Strich nix rumkommt.
Kann ich guuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuut nachvollziehen. Ich habe auch dauernd die Erfahrung gemacht. Teilweise will man mit Pädagogen, die Zugang zur Szene haben, ordnungspolitische Ziele durchsetzen, oder man benutzt Szenekenntnisse, um Täterschaften nachzuweisen.
Bisher war es dann immer so, dass die Behörden den längeren Arm hatten, der den Jugendarbeitern den Hahn abgedreht hat, bis es denen und allen städtischen Einrichtungen irgendwann absolut untersagt wurde etwas für Graffiti zu tun.
Stimmt.Aber ich bin der Ansicht, wenn ich von meiner Arbeit überzeugt bin und wenn mir Jugendliche etwas bedeuten, so kann ich mich trotzdem um die kümmern. Mich bremst das nicht aus.
Dann wurden in meiner Heimatstadt nach und nach alle Halls geschlossen, der Nachahmungstäter wegen..... Flatline......
In jüngster Zeit hatte ich dann sogar Jugendarbeiter vor mir (besonders die jüngeren) die Graff absolut scheiße und deshalb nicht unterstützenswert fanden.
Nicht nur das. Es gibt inzwischen auch Pädagogen, die in Antigraffiti- Projekten arbeiten. Mir ist z.B. scheierhaft, weshalb sich ein Verein, der sich schwerpunktmäßig mit der Grqaffitientfernung befaßt, „Graffitiverein Dortmund“ nennt.
Klar, die bieten auch legale Flächen an, aber ich finde die Kombination dubios.
„Ich muss sagen, da gehen mir als gebranntes Kind, dem auch das Vitamin B für Alleingänge fehlt, dann wirklich die Ideen aus, wie ich mit dem Feuer umzugehen habe.“
Das ist auch schwierig. Es gab schon Graffitivereine, wo es zur Hausdurchsuchung beim Vorstand kam, allerdings kenne ich die Arbeit des Vorstandes nicht, daher weiß ich nicht, ob die Verdachtsmomente eine Durchsuchung rechtfertigten.
@all
Wie könnte man denn da mal ansetzen?
Ich denke, das sollte man nicht öffentlich diskutieren, weil zum einen viel Schwallerkram von einigen Leuten dabei rum kommt und andererseits die, die Graffiti bekämpfen, sich daraus wieder Infos herausziehen können, um Ihre Konzepte daruaf auszurichten.
Ich wäre dafür, wenn sich vor allem volljährige Sprayer zusammensetzen, um Konzepte durchzusprechen und wie man die umsetzen kann.Zum Glück gibt es inzwischen auch Writer, die Pädagogik stuideren/studiert haben. Du kannst eh nicht verhindern, daß es Leute gibt, deren größtes Ziel ist, illegal zu malen. Du kannst aber Alternativangebote auf legalen Wänden vorhalten.
@UDU
Was meinst Du speziell mit „den Jüngeren Freiräume zubilligen“?